Kapitel 7 - Zerstörte Träume

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» Am besten, wir b...beginnen gleich mit den Vorbereitungen!«, japste Till überglücklich, stürzte sich auf den Schutthaufen, nahm zwei Stoffetzen ins Maul und zog sie unter einem gewaltigen Berg von anderen Fetzen hervor.

»Was meinst du, wo wir Material für die Gondel finden können?«, schnaubte Faenja voller Begeisterung. Erren rollte mit den Augen, als das Pony vor ihnen einen Purzelbaum machte und etwas unsanft vom Stoffhaufen auf sein Hinterteil plumpste.

»Sobald der Morgen anbricht, könnt ihr beide die Häuser im Dorf auf den K...Kopf stellen.«

»Sobald der Morgen anbricht, genau«, schnaubte Erren widerwillig. 

Till begann unterdessen geschäftig an zwei weiteren zerrupften Stoffresten des Ballonsacks zu ziehen. Langsam breitete sich der große Ballonsack auf dem Boden aus. Doch die Maße des Sackes waren offenbar viel zu groß, als dass sie in diesem Raum genug Platz hatten. Schon bald war der gesamte Boden von löchrigem Stoff bedeckt und der Haufen in der Mitte war noch immer nicht merklich kleiner geworden. 

»So! Einen T...Teil kann ich flicken. Einen anderen Teil habe ich bereits geflickt. Aber die Löcher müssen g...gestopft werden. Sucht nach Laken oder Decken. Aber nichts, was sich zu stark bei Regen mit Wasser vollsaugen k...kann.«

Stolz trat Till von seinem Werk zurück, als die letzten Lichtstrahlen des Tages über den bunten Stoff seines Ballons glitten und ihn in nahezu goldenes Licht hüllten.

»Ich benötige noch ein paar Werkzeuge und B...Baupläne aus meiner Werkstatt. Ihr könnt gerne die Nacht bei mir verbringen. Eure Unterkunft war gewiss g...gewöhnungsbedürftig.«

»Sie war hervorragend!«, log Erren knurrend, als das Pony mit seiner kleinen Laterne an ihm vorbei tippelte. »Faenja und ich haben ein Jahr in Höhlen verbracht.«

»Ach herrje, ihr armen! Dann wird es Zeit, dass ihr mal wieder die Vorzüge der Z...Zivilisation zu spüren bekommt!«, lachte das Pony, rückte seine Brille auf der Nase zurecht und schlug dann den Weg zurück zum Eingang ein. Erren und Faenja folgten ihm in sicherer Entfernung. Hin und wieder hörten die Pferde eine Ratte in den Regalen rascheln, doch wenn der Lichtkegel von Tills Laterne sie erfasste, verschwanden sie blitzschnell mit leuchtend gelben oder roten Augen in den Löchern, aus denen sie gekommen waren.

Till beachtete sie nicht. Dennoch zuckten seine Ohren immer wieder in die Richtung, aus der Erren eine Ratte zu vernehmen meinte. Außerdem wirkten seine Bewegungen steif und angespannt, je näher das Fiepen einer Ratte zu hören war. Glaubte er wirklich, dass die kleinen Tierchen ihm etwas anhaben konnten?

Als sie am Tor zur Bibliothek angelangt waren, nahm Till den Türgriff ins Maul und öffnete zögernd die Tür. Draußen war es inzwischen stockfinster und es schüttete in Strömen.

»Bahhh....w...was ein Hundewetter!«, fluchte er leise vor sich hin, Erren und Faenja hinter sich aus dem Gebäude treten lassend. »Ein Glück, dass uns Z...Zuhause ein schönes Feuer erwartet.«

Till schloss schweigend das Tor hinter sich, drehte den Schlüssel um, dann schnupperte er, als seine feinen Nüstern den Geruch von Rauch vernahmen. Dichte Schwaden zogen sich durch die Gassen Sjørgrens, sodass die Pferde kaum noch ihre Hufe vor den Augen sehen konnten.

»In der Tat.«

Errens Tonfall ließ Till aufhorchen. Die Augen des Ponys weiteten sich entsetzt. Sie konnten nicht ihre Hufe sehen, doch eines, das sah man ganz genau. Flammen, so hoch, dass sie bereits vom Dorf aus nicht zu übersehen waren. Sie flackerten wie riesige Fahnen in den Nachthimmel, züngelnd und zischend spien sie Funken zu den Sternen empor. Blauer Rauch stieg auf, als der Regen auf das mürbe Holz der Hütte traf. Er war das Einzige, was das Feuer daran hinderte, sich auf den Rest des Dorfes auszubreiten.

Erren - Das verlorene Königreich (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt