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"Du!"

Mit anklagendem Finder zeigt Sara auf mich.

Verdattert starre ich zu ihr hoch und auch Cole scheint etwas überrumpelt zu sein.

Bis eben haben wir noch friedlich auf einer Bank gesessen und Eis gegessen, bis plötzlich Sara direkt vor uns aufgetaucht ist.

"Wie kannst du mir das antun?"

Eigentlich wollte ich erschrocken aufspringen, aber Cole will meine Hand nicht loslassen.

"Gib ihr nicht die Schuld dafür, dass Liv und ich Gefühle für einander haben! Das kannst du nicht verändern", erwidert Cole.

Mit großen Augen sieht sie ihn an. "Was?"

"Du hast dich nicht verhört. Liv und ich sind endlich ein Paar."

Mit einem sanften Lächeln sieht er zu mir.

Doch statt das Sara deswegen verletzt oder traurig aussieht, ist sie eher empört und wütend.

"Das kannst du nicht ernst meinen!?"

Jetzt steht Cole auf und zieht mich mit. "Doch das tue ich."

Sara Blick schießt wieder in meine Richtung. "Wenn du insgeheim immer in Cole verliebt warst, wieso hast du mir dann Hoffnungen gemacht?"

"Ich... ich wusste nicht, dass ich Cole liebe. Es war mir nie klar. Und es tut mir wirklich leid, dass ich dich dadurch verletzte, aber ich möchte Cole wirklich nicht verlieren...", erklärte ich zögerlich.

"Aber mich?" Sara sah mich mit einem entsetzten Gesichtsausdruck an. "Wir waren jahrelang beste Freundinnen!"

"Waren wir das wirklich? Glaubst du, ich habe noch nie mitgekriegt, wie du über mich lästerst? Für andere mag es vielleicht alltäglich und überhaupt nicht schlimm sein, wenn übereinander gelästert wird, aber für mich nicht."

Überrascht blinzelte Sara ein paar mal.

Doch ich komme gerade erst so richtig in Fahrt.

Endlich traue ich mich ihr die Dinge zu sagen, die ich immer zurück gehalten habe.

"Außerdem, denkst du, mich verletzten die Dinge, die du mir damals auf dem Schulflur an den Kopf geworfen hast, nicht?", sage ich schnaubend. "Das tun sie nämlich."

"Es hat mich auch verletzt, als du nicht mehr mit mir geredet hast", wirft sie mir an den Kopf.

Ich schnaube bloß. "Ach wirklich? Wirkte aber eher wie das Gegenteil."

"Ich wollte mich verteidigen!"

"Indem du mich beleidigst? Ja, ganz tolle Strategie", stoße ich sarkastisch aus.

Sara schnappt nach Luft.

"Du willst unsere fast zehn Jahre lange Freundschaft einfach hinter dir lassen?", fagt sie und klingt fast schon weinerlich.

Augenblicklich bekomme ich Mitleid.

Vielleicht tue ich ihr unrecht?

Doch als Cole kurz meine Hand drückt, komme ich wieder zur Besinnung.

Wenn ich ihr jetzt verzeihe, wird sie nur immer und immer wieder weh tun.

"Ja."

Saras Augen werden riesig. "Was?"

"Ich will nicht mehr mit dir befreundet sein. Aber das wird dein Leben ja nicht zerstören. Du wirst neue Freunde finden und mich nicht mehr brauchen. Wahrscheinlich benötigt es Zeit bis wir einander verzeihen können und vielleicht reden wir ja auch irgendwann wieder miteinander, aber für jetzt ist es besser so."

Ich schlucke.

Wieso muss es auch so verdammt schwer sein, nicht mehr mit jemandem befreundet zu sein, der einem so viele Jahre wichtig war.

Sara nickt bloß knapp und dreht sich auf dem Absatz herum und läuft davon.

Seufzend sehe ich ihr nach.

"Liv?", fragt Cole vorsichtig.

Mit Tränen in den Augen drehe ich mich zu meinem Freund. "Hm?"

Mit einem sanften Lächeln zieht er mich in seine Arme. "Du hast gerade etwas getan, was wichtig für dich ist. Du bist nicht egoistisch, nur weil du etwas getan hast, was dir gut tut."

Ich schluchze.

Woher weiß er, dass ich mich gerade schrecklich schuldig fühle?

Obwohl ich diese Freundschaft beendet habe, tut es trotzdem weh.

Aber Cole hat Recht.

Ich habe gerade etwas getan, was mir gut tut.

"Danke, Cole", nuschele ich an seine Brust.

Als ich mich wieder beruhigt habe, lässt Cole ein wenig locker, sodass ich in sein Gesicht sehen kann.

Lächelnd streicht er mir die restlichen Tränen aus dem Gesicht.

"Sollten wir nicht eigentlich mal deiner Schwester von uns erzählen?", fragt er plötzlich.

Sofort laufe ich rot an.

Lyle wird ausrasten, wenn sie das erfährt. Zwar vor Freude, aber trotzdem.

Und wenn ich ihr dann auch noch das von Sara erzähle, wird sie aber vermutlich nicht mehr freudig sein.

Ich nicke. "Das sollten wir wohl."

Cole grinst. "Ich kann jetzt schon sehen, wie sie freudenstrahlend durchs Haus hüpft."

Jetzt grinse ich ebenfalls.

Cole lässt mich los und schnappt sich stattdessen meine Hand.

Gemeinsam schlendern wir zurück zu mir nach hause.

Lächelnd betrachte ich ihn von der Seite.

Vor ein paar tagen hätte ich niemals gedacht, dass Cole tatsächlich Gefühle für mich haben würde.

Vor ein paar Tagen hätte ich auch nicht gedacht, dass ich mich von Sara losgesagt hatte.

Cole wendet mir den Kopf zu. "Worüber denkst du nach?"

"Darüber was passiert ist. Und über dich", meine ich immer noch lächelnd.

Er bleibt stehen und zieht mich an sich.

"Und was denkst du so über mich?", fragt er mit einem schelmischen Grinsen.

"Ich denke, dass ich wirklich glücklich bin dich als meinen Freund zu haben. Und ich denke, dass ich dich liebe."

"Du denkst es also nur?"

Ich schüttele den Kopf und sehe ihn verliebt an. "Nein, ich weiß es."

Cole schenkt mir den gleichen Blick. "Und weißt du was ich weiß?"

Wieder schüttele ich den Kopf.

Er beugt sich zu mir herunter. "Ich weiß, dass ich dich noch viel mehr liebe."

Mit diesen Worten legt er seine Lippen auf meine und vergesse alles, was ich sagen wollte.

Ende.

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