„Nö, denn ich gehe nicht mit ihr zum Ball." Was sollte das bedeuten?
Bevor ich mir darüber den Kopf zerbrechen konnte, kniete Ethan sich auf den Boden und holte wunderschöne Ansteckblumen, zwei weiße Rosen und eine Lilie im Farbverlauf von Blautönen, hinter seinem Rücken hervor. „Harper Nickelson, willst du mit mir zum Abschlussball gehen?"
Ich stürzte mich auf ihn. „Ja, ja, ja", schrie ich und gab ihm für jedes Ja einen Kuss auf die Lippen, „Jedoch sollte ich mich eventuell noch umziehen." Schweren Herzens löste ich mich von ihm. „Gib mir fünfzehn Minuten, dann verwandle ich mich von Schlabberlook-Aschenputtel zu einer Cinderella 2.0", zwinkerte ich ihm zu.
„Glaub mir, ich finde dich unwiderstehlich, egal was du trägst", rief er mir hinterher.
Das war keine Realität; ich befand mich in meinem persönlichen Märchen.
Behutsam strich ich mit meiner Hand über den samtweichen Stoff. Dieses bezaubernde Kleid, das Mom damals auf ihrem Abschlussball mit meinem Vater getragen hatte. Grinsend erinnerte ich mich an das Bild der beiden, auf dem man beim genauen Hingucken einen leicht gewölbten Bauch bei Mom entdeckte – gewissermaßen war ich damals ebenfalls dabei gewesen.
Ich bekam nun doch noch die Möglichkeit, es selber zu tragen. Warum musste Mom bloß immer Recht behalten?
Ehe ich die gesamte viertel Stunde in meiner Gedankenwelt verplemperte, streifte ich mir die azurblaue Garderobe über, ließ meine nicht vorhandenen visagisitischen Talente zaubern, steckte mir die Haare zu einer simplen, aber dennoch eleganten Hochsteckfrisur hoch, zwang mich in eine Strumpfhose und sieben Zentimeter hohe, anthrazitfarben-schimmernde Pumps. Den krönenden Abschluss bildeten Ethans Ansteckblumen, die perfekt zu dem Farbton meines Kleides passten. Zufall?
Den letzten Blick in den Spiegel ließ ich mir nicht nehmen. Während ich abwechselnd das Foto meiner Mom und mein Spiegelbild betrachtete, stellte ich immer mehr Gemeinsamkeiten fest. Selbst wenn ich eher meinem Vater ähnelte, schmeichelte der perlmuttfarbene Liedschatten mit blauem Highlight ebenso meinen braunen Augen, wie er es bei Mom getan hatte. Genauso wie bei ihr umrandeten einzelne Strähnen der Hochsteckfrisur mein Gesicht. Wie sie kam ich mir in diesem Kleid wie eine Märchenprinzessin vor. Wie albern, den Wunsch, Prinzessin zu sein, hatte ich, seit ich acht war, nicht mehr gehabt. Doch wollte sich nicht jedes Mädchen an ihrem Abschlussball wie eine Prinzessin fühlen und von ihrem Märchenprinzen abgeholt werden?
Übervorsichtig hievte ich die Treppen herunter; ich war nicht besonders trainiert darin, auf Hackenschuhen Parcours zu laufen.
„Wow", erstarrte Ethan bei meinem Anblick, „Ich muss mich zu vorhin korrigieren, ich finde dich unwiderstehlich, was auch immer du trägst, aber momentan habe ich bloß das dringende Bedürfnis, dir das Kleid schleunigst vom Körper zu reißen."
„Dann hätte ich es erst gar nicht anziehen brauchen", streckte ich ihm die Zunge heraus.
„Gehen wir lieber, bevor ich meinen Trieb nicht mehr zurückhalten kann", hielt er mir grinsend seine Hand entgegen.
Bevor wir in sein Auto einstiegen, genehmigte ich mir erneut eine gehörige Portion meiner Droge, ohne die ich eine Woche unter Höllenqualen im kalten Entzug überlebt hatte. So viel Zeit musste sein.
Der Pegel der Musik wurde immer intensiver, bis er letztendlich seine höchste Intensität erreicht hatte und der Wagen stehen blieb. Zum Glück war die Musik um einiges lauter als mein Herzschlag; Ethan sollte unter keinen Umständen mitbekommen, wie nervös ich war.
„Ist es Zufall, dass deine Ansteckblumen perfekt zu meinem Kleid passen?", lenkte ich von meiner Aufregung ab.
„Dein Zimmer ist in Blautönen gestrichen, dein Rucksack und Federmappe sind ebenfalls bunt in Blautönen gehalten und die häufigste Farbe die du trägst, ist zufälligerweise auch blau, da habe ich mal ganz vage darauf getippt, dass blau deine Lieblingsfarbe ist, und folglich habe ich geschlussfolgert, dass dein Kleid dann ebenfalls blau sein wird. Somit habe ich eine Blume genommen, die sämtliche Blautöne enthält, sodass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass deiner dabei ist."
„Du bist aber nicht zufällig ein Stalker von dem ich nichts weiß?" Erschreckend, was mir inzwischen schon voneinander wussten, obwohl wir uns doch erst seit etwa einem Monat wirklich kannten.
„Du bist ein wenig aufgeregt, nicht wahr?" Ich war eine schlechte Schauspielerin.
„Normalerweise dürfte ich nicht derartig kribbelig sein, schließlich weiß die Person, bei der ich am meisten Angst hatte, ihr das mit uns zu offenbaren, bereits Bescheid. – Cloe hat eine Methode gefunden, die Wahrheit aus mir herauszuquetschen: der gute alte Beichtstuhl", schmunzelte ich versunken in die Erinnerungen an diesen Abend. Erst vor zwei Tagen hatte ich mich an meinem persönlichen Tiefpunkt befunden, weil ich gedacht hatte, ich hatte Ethan für immer vergrault. Und jetzt, jetzt saß ich neben ihm, startbereit, um uns der ganzen Schule zu „präsentieren".
„Hä?", irritierte er sich. Naja, der Begriff „Beichtstuhl" war wohl nicht allen geläufig.
„Der Beichtstuhl ist ein beliebiges stuhlartiges Möbelstück, auf das meine Mom Cloe und mich früher gesetzt hat, um zum Beispiel herauszubekommen, wer die Süßigkeiten gegessen hat, warum wir uns anders als sonst verhielten oder um unsere wirkliche Meinung zu erhaschen, Cloe und ich haben diesen Trick irgendwann selbst untereinander verwendet. Kurz gesagt: ein Möbelstück, um die Wahrheit von jemanden zu erzwingen."
Kopfschüttelnd grinste er mich an. Wie sehr ich sein amüsiertes Lächeln vermisst hatte.
„Und hast du es Taylor gesagt?", stellte ich ihm die Gegenfrage. In dieser Sache waren wir uns gleich: Es war am wichtigsten, was unser bester Freund von all unseren Entscheidungen und uns selbst hielt und ihn unter keinen Umständen zu verlieren.
Nun war es Ethan, der schmunzelnd in Gedanken schwelgte. „Er hat es gewissermaßen selbst erraten. Entweder ich habe es nicht gut genug versteckt oder er kennt mich schlichtweg zu gut." Leider war kein Geheimnis von den BFFs sicher, wie auch immer sie es herausbekamen.
Wir blickten uns tief in die Auge und fragten darauf gleichzeitig: „Bereit?"
Lächelnd atmete ich tief ein und aus. Zu sagen, dass ich wegen des Gesprächs nicht mehr aufgeregt wäre, war eine glatte Lüge.
Synchron stiegen wir aus dem Auto. Ethan umschloss meine Hand mit einem Mut machenden Blick in meine Augen. So betraten wir den Blick zueinander gerichtet und händchenhaltend den Ball.
Denk nicht daran, wer dichgleich alles anstarren wird, sondern konzentriere dich auf den Traumprinzenneben dir, Cinderella.
Hi Leute, Das Kapitel kommt schon heute, da ich am Wochenende schon wieder weg bin
Frage (heute mal zur Geschichte): Findet ihr, dass es authentisch ist, dass und wie sich Harper und Ethan in einander verliebt haben? Wenn nein, warum und könntet ihr mir dann Tipps geben, so dass ich es überarbeiten kann? Danke im voraus.
Schönes Wochenende und genießt die Hitze :D
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Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten Blick
Teen FictionEine geekige Streberin und ein Fußball spielender Player. Normalerweise würden sich diese beiden Spezien nie in freier Wildbahn begegnen. Dumm nur, wenn das blöde Los entscheiden soll ... Das Streit vorprogrammierende Aufeinandertreffen zweier Welte...
31 Märchenstunde (Harper)
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