2. Die Schlinge der Piraten

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Das Schmugglerschiff brannte. Hoch schlugen die Flammen in den diesigen Morgenhimmel, warfen tanzende Schatten auf die schweigende See und und spiegelten sich in den Augen des zähneknirschenden Kapitäns.

Über mir und den anderen Gefangenen ragten die Masten der Galeone auf wie Bäume, umwogt von dunkelgrünen Segeln. An der Spitze des Großmastes regte sich eine schwarze Flagge mit dem Zeichen eines gehörnten Schädels mit überkreuzten Säbeln in sanften Wind. Grimmige Männer und Frauen aller Rassen blickten aus der Takelage zu uns hinab.

Ich senkte nervös den Blick zu meinen gefesselten Händen und schlurfte unauffällig näher zu Farraday, doch kaltes Metall in meinem Rücken und eine geknurrte Warnung ließen mich innehalten. Ihm traute ich am ehesten zu, uns aus dieser Misere wieder herauszubringen. Der vor Zorn kochende Schmuggler und seine abgerissene Crew schienen nicht, als wäre sie zu etwas anderem imstande, außer vor Angst zittern und verstohlene beunruhigte Blicke um sich zu werfen. Farraday dagegen stand gerade an der Reling zwischen den Kanonen, als gehöre das Schiff ihm. Regungslos blickte er dem schlanken, blonden Elfen entgegen, der mit wehendem Mantel aus der Kapitänskajüte schritt.

Der Elf baute sich eindrucksvoll vor uns auf, Schmuck glitzerte an seinen langen Fingern, den spitzen Ohren und seinen Handgelenken. Weiteres Gold und Edelsteine schmückten seinen dunkelvioletten Mantel. „Ihr seid merkwürdige Individuen", sinnierte er, mit dem überheblichen Tonfall eines Adeligen. „Ihr wagt euch in die See der Stürme, in die Gewässer der Wyrdail, mit nichts an Bord, was einen Überfall wert sein könnte. Ihr seid lächerlich bewaffnet, fünf Kanonen auf einer Brigg, deren Zustand sich bestenfalls mit beklagenswert bezeichnen lassen könnte. Ich finde all dies ein wenig, nun, verdächtig. Noch dazu jemand wie du", er wies mit seinem Degen auf mich, und ich versuchte, mit dem Mast hinter mir zu verschmelzen, „und ein Mann in der Uniform eines Noxischen. Doch deine Rangabzeichen sind fort." Die Spitze des Degens tippte auf Farradays Schulter, dort, wo einige ausgefranste Fäden zitterten.

„Marius Farraday. Ehemaliger Captain der Veralis", stellte Farraday sich furchtlos vor.

„Nach deinem Namen habe ich nicht gefragt. Nur danach, was ihr in unseren Gewässern tut", erwiderte der Elf herablassend.

Ein Katzenblut mit schiefen, abgebrochenen Zähnen lachte rau. „Captain. Es ist Farraday. Jeder weiß, was er hier verloren hat."

Erkennen flammte in den Augen des Elfen auf, und ein unheimliches Lächeln breitete sich auf seinen edlen Zügen auf. „Ich fragte nach, da ich nicht glauben konnte, dass er immer noch nicht aufgegeben hat. Doch nun, da er sich mit diesem Karr und einem augenscheinlich unauffälligen Schiff erneut in unsere Gewässer wagt, scheint es durchaus glaubhaft."

„Du hättest ruhig erwähnen können, dass du weithin bekannt bist", raunte ich Farraday zu. Doch der ehemalige Offizier würdigte mich keines Blickes. Mit zusammengebissenen Zähnen beobachtete er den Elfen.

Mit wehenden Haaren wandte der Kapitän sich um. „Sperrt Farraday und den Karr ein. Erschießt die anderen." Die Schmuggler brachen in panisches Geschrei aus. Der Elf nickte seiner Crew unbewegt zu, die ersten zogen die Waffen. „Kurs auf Hogarth. Wir bringen sie zu Marre."

Bewegung kam in die Männer, das Katzenblut kreischte Befehle, die ich selbst dann noch hörte, als wir in den feuchten, stickigen Zellen saßen, mehrere Decks unter ihnen, benommen vor Erleichterung. Fahrig kratzte ich mir die Handgelenke mit den Fesseln, dort, wo meine Waffen fehlten, der Handschuh mit dem Hex-Core und den Metallklauen und die Armschiene mit der Armbrust. Sie hatten all meine Waffen genommen, meine beiden sündhaft teuren Schwerter, meine Tränke, meine Bomben und meine Donnerbüchse. Nur ein Dolch war mir geblieben, sorgfältig verborgen. Langsam fuhr ich mit dem Daumen über die schartige Klinge.

Das Schwert des CaligárWo Geschichten leben. Entdecke jetzt