„Nicht nötig, Mel. Außerdem bist du immer noch Gast", beharrte er und war dann längst um die Ecke verschwunden, wohin ich ihm eilig folgte. Was war bloß los mit ihm auf einmal? Er wirkte wie ausgetauscht.
„Dann lass mich dir wenigstens helfen", sagte ich und machte mich sofort daran, Geschirr und Besteck aus seinen Schränken zu kramen. Glücklicherweise wusste ich seit gestern, wo ich diese Sachen finden konnte. Bevor Benedict protestieren konnte, war ich bereits im Esszimmer verschwunden.
Während dem Frühstück verhielt sich Ben fast so wie vor diesem ganzen Chaos. Schlussendlich aß er sogar selbst etwas von dem angerichteten Essen, aber vielleicht auch nur, weil er mir weiter etwas vorspielen wollte. Er lächelte und lachte, als ich ihm von Jake und Nele erzählte, nach denen er mich gefragt hatte. Er hörte mir mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu, als ich ihm von einem Kunden erzählte, der mich gerade letzte Woche noch zur Weißglut gebracht hatte. Er war einfach so wie immer. Wie auf Knopfdruck. Das war einer dieser Momente, in denen ich es wirklich hasste, dass er Schauspieler war. Vermutlich dachte er, dass ich nicht merkte was er tat, aber er hätte wissen müssen, dass seine Taktik bei mir nicht funktionierte. Und auch wenn ich ihm immer mehr erzählte und er wiederum mir immer mehr Fragen stellte, war ich mir seiner Ablenkungstaktik absolut bewusst. Wir redeten nicht über Lauren, wir redeten auch nicht über Christian und auch über ihn redeten wir praktisch nicht, denn er blockte immer wieder ab, wenn ich ihn etwas fragte. Er wollte mir das Gefühl geben, dass es ihm gut ging. Es war ihm unangenehm, dass ich ihn gestern so am Boden erlebt hatte. Er spielte mir etwas vor und er schien zu glauben, dass ich ihm das abkaufte und nicht merkte, wie er unsere Gespräche lenkte. Es machte mich irgendwie traurig, dass er das Gefühl zu haben schien, ich hätte ein Problem damit, wenn er mir seine Gefühle offen zeigte. Besonders deutlich wurde das, als ich im Verlauf des Nachmittags vom Badezimmer zurückkam und Benedict in der Küche an seiner Kochinsel stand, die Hände darauf abstützte und mit vollends leerem Blick aus dem Fenster, welches in seinen kleinen Garten zeigte, starrte. Das war das erste Mal an diesem Tag nach dem gestrigen Abend, dass ich ihn ohne seine schauspielerische Fassade sah. Benedict hatte mich immer noch nicht bemerkt, darum war er ganz er selbst und ich konnte auf einen Blick sehen, wie schlecht es ihm ging. Er litt. Ich überlegte kurz, wollte ihn aber keinesfalls in Verlegenheit bringen, also ging ich auf Zehenspitzen noch einmal etwas weiter in den Flur hinaus und ging dann mit lauten Schritten wieder zurück in die Küche, damit er mich ja auch hörte. Als ich wieder eintrat, war Benedict wie ausgetauscht und verhielt sich wieder so, wie er es den ganzen bisherigen Tag auch schon getan hatte. Er lächelte freudig und hängte das Geschirrhandtuch auf, welches eben noch über seiner Schulter gehangen hatte. Elender Schauspieler.
„Wann geht eigentlich dein Flieger?", fragte er da plötzlich, als er mit dem Rücken zu mir gewandt zurück in Richtung Wohnzimmer ging. Er wollte es wie eine gänzlich beiläufige Frage klingen lassen, aber ich wusste es besser.
„Gar nicht", antwortete ich knapp, folgte ihm und ließ mich gerade wieder auf meinen neuen Stammplatz in Form seines kleineren Sofas fallen, als er sich abrupt zu mir umdrehte und skeptisch musterte.
„Was soll das heißen gar nicht?", wollte er wissen, schien sich dann aber bewusst zu werden, dass seine aufgesetzte Maskerade zu wankten drohte und brachte sich sogleich wieder unter Kontrolle.
„Ich bleibe hier, das heißt das", erklärte ich sachlich, obwohl das eine absolut spontane Entscheidung war, hinter der ich aber absolut stand.
„Mel, das ist nun wirklich nicht nötig. Du musst doch auch wieder auf die Arbeit, sonst bekommst du bloß noch Ärger mit deinem Chef. Das will ich nun wirklich nicht", beharrte er, sah mir aber an meiner festen Miene wohl an, dass das bei mir nicht ziehen würde. „Ehrlich, es geht mir gut. Du kannst ruhig fliegen. Ich komme klar", versuchte er es weiter und lachte dabei sogar beinahe überzeugend, allerdings sah ich, wie dieses Lachen seine Augen nicht erreichte. Genau genommen sprachen seine Augen sogar eine komplett andere Sprache, als seine tatsächlichen Worte. Er wollte nicht das ich ging, sondern dass ich blieb.
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Between The Lines // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen]
Фанфикшн🏆 Platin Award 2019 Gewinner 🏆 Melanie führt ein einfaches, ereignisloses Leben. Sie arbeitet in einem Reisebüro an einem kleinen regionalen Flughafen und beneidet die Leute, die die Welt erkunden. Ihr überschaubares Leben wird allerdings vollends...
16. Kapitel: Wann geht eigentlich dein Flieger?
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