13. Kapitel: Können wir kurz reden?

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Ich hatte es ihm immer noch nicht gesagt. Nele hatte mich mehrfach und in aller Ausführlichkeit versucht zu überreden, ihm von dem Telefonat zwischen Lauren und James zu erzählen, doch ich hatte es nicht über mich gebracht. Ich war feige, das war das ganze Problem. Nele verstand nicht, wieso ich mich so schwer damit tat, doch so Schwarz und Weiß wie sie das alles darstellte, war es eben nicht. Sie hatte nicht gespürt, wie sehr Benedict diese Frau liebte und in wie viele tausend Teile es ihn zerbrechen würde, wenn er erfahren würde, dass Lauren ihn möglicherweise doch betrog. Ganz davon zu schweigen, dass er mich dafür hassen würde, dass ich es ihm nicht eher gebeichtet hatte. Ich haderte seit ich von Benedicts besiegelten Plänen wusste pausenlos mit mir, ob ich es ihm nun doch noch sagen oder einfach verschweigen sollte. Es brachte mich beinahe um den Verstand.

Auch als der Abend schließlich angebrochen und ich von einem Taxifahrer zum Veranstaltungsort der geschlossenen und kleinen Gesellschaft, die Benedict und Lauren zu ihrer Verlobungsfeier geladen hatte, gebracht worden war, hatte ich immer noch keine Entscheidung darüber gefällt, was ich tun oder sagen wollte, wenn ich ihm wieder gegenübertrat. Obwohl meine größte Angst wohl die war, dass Ben einen Fehler machte und Lauren nur deswegen heiraten wollte, weil er seine angeschlagene Beziehung zu ihr doch noch irgendwie zu retten versuchte. Was war ich bloß für ein Mensch, dass ich immer noch zu große Angst vor seiner Reaktion hatte, wenn ich ihm davon erzählte? Egal ob ich es ihm erzählte oder nicht: So oder so würde er nicht glücklich mit seiner Entscheidung werden, da war ich mir sicher und die Ehe war noch einmal etwas gänzlich anderes, als eine einfache Beziehung. Ich fühlte mich Hundeelend. Ich musste es ihm sagen und über meinen eigenen Schatten springen. Ich wusste nicht wie er darauf reagieren würde, aber ich könnte mir das sonst nie verzeihen. Wie er mit dieser Information umging, musste er dann selbst entscheiden, aber mich weiterhin mehr oder minder egoistisch zu verhalten war definitiv keine Option mehr. Nele hatte mal wieder erreicht was sie wollte und das war auch gut so.

Als ich wenige Augenblicke später einen ersten Blick auf ihn erhaschen konnte, wie er gerade an der Bar des extra angemieteten Restaurants lehnte und auf seine Bestellung zu warten schien, rutschte mir mein Herz bereits wieder in die Hose und mein Vorsatz begann erneut zu wanken. Ich hatte beinahe so viel Angst davor ihm davon zu erzählen, als ob ich es selbst wäre, die ihn möglicherweise betrog. Als ich wie ferngesteuert langsam auf ihn zuging und er mich noch nicht gesehen hatte, zupfte er beiläufig an seinem blütenweißen Hemd den Kragen zurecht und lockerte parallel dazu seine Krawatte etwas. War er etwa ebenso nervös wie ich? Anhand seiner doch ziemlich förmlichen Aufmachung fühlte ich mich automatisch underdressed in meinem doch recht gewöhnlichen Auftreten, allerdings stellte ich glücklicherweise zügig fest, dass die meisten Leute hier im Raum so gekleidet waren. Benedict hatte schließlich auch nichts erwähnt. Er wollte wohl einfach nur gut für Lauren aussehen. Mir lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinab. In diesem Moment bekam er sein Bier, nippte einmal kurz daran und sah plötzlich auf, als ich fast schon bei ihm angekommen war. Er lächelte freudig, sprang von seinem Barhocker auf und nahm mich dann ohne zu zögern fest in die Arme. So fest, dass mir beinahe jegliche Luft aus den Lungen entwichen wäre, doch dieser scheinbar intime Moment war in Windeseile wieder vorbei und ließ mich kurz wanken, sobald er mich losließ.

„Ich bin so froh, dass du da bist", sagte er dann mit seiner tiefen Baritonstimme und seinem unverkennbar britischen Akzent, dass ich erst einmal trotz der Situation gar nicht anders konnte, als ihn breit anzugrinsen. Ich hatte ihn zwar erst vor wenigen Tagen das letzte Mal gesehen, aber dennoch tat es so unglaublich gut ihn zu sehen. Er war einfach ein unglaublich liebenswerter, charismatischer Mensch, den man einfach nur vermissen konnte, wenn man nicht bei ihm sein konnte. Seine Umarmung von gerade eben zeugte davon, dass es ihm ähnlich gehen musste.

„Ich auch. Einen schicken Laden habt ihr euch ausgesucht", meinte ich, ließ dabei aber nur kurz meinen Blick durch den bereits gut gefüllten Raum mit steigendem Geräuschpegel schweifen, ehe ich wieder an Benedict hängenblieb. Es fühlte sich seltsam an, ihn wieder hier direkt vor mir zu sehen. So nah und doch so fern.

Between The Lines // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen]Where stories live. Discover now