Sehr geehrte Fluggäste, herzlich willkommen in London! Bitte denken Sie daran, Ihre Uhren um eine Stunde zurückzustellen. Wie für London üblich, ist es ein verregneter Tag bei etwa vier Grad. Wir hoffen, Sie hatten eine angenehme Reise und wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt!
London. Wer hätte gedacht, dass ich so bald bereits wieder hier sein würde. Auch die freundliche Ansage der Stewardess machte das Ganze nicht realer, während ich durch das runde Fenster nach draußen starrte und beobachtete, wie der Pilot das Flugzeug langsam zu einem freien Gate manövrierte.
Die ersten beiden Wochen des neuen Jahres waren geradezu an mir vorbeigerast und ich hatte die einzelnen Tage kaum richtig miterlebt. Seit Weihnachten und der Bekanntmachung von Benedict, dass er Lauren fragen wolle, ob sie seine Frau werden wollte, war ich ein einziges Nervenbündel. Meine Hoffnungen waren zwar absolut gegen Null gegangen, doch als Ben mir am nächsten Tag euphorisch berichtet hatte, dass sie selbstverständlich Ja gesagt hatte, überrollten mich diese Neuigkeiten dennoch wie ein Lastwagen. Die Tatsache, dass er wirklich heiraten würde, war bisher allerdings nur in einem kleinen Kreis von Menschen bekannt. Da er aber beim Erwerb des Ringes mehrfach gesehen und fotografiert worden war, waren die Medien natürlich voll davon. Spekulationen über den Ring, Laurens Antwort, die Zusammenhänge zwischen dem Streit und den Verlobungsgerüchten... Es war einfach überwältigend. Nele ließ es natürlich nicht aus, mich bis ins kleinste Detail darüber zu informieren, auch wenn ich das alles gar nicht wissen wollte.
Den ersten Tag, den ich wieder auf der Arbeit gewesen war, hatte Nele mich förmlich mit Fragen über Benedict und diese ganze Sache geradezu durchlöchert. Ich hatte extrem Mühe gehabt, die Menschen am Flughafen davor zu bewahren, dass ihr Trommelfell platzte, weil Nele sich nicht mehr unter Kontrolle hatte, als ich ihr bestätigte, dass Benedict heiraten und ich Mitte Januar zur Verlobungsfeier eingeladen war. Praktisch betrachtet nicht nur ich, sondern mit mir auch Christian. So war es auf der offiziellen Einladung, die nur wenige Tage nach Benedicts Antrag bei mir Zuhause eingetrudelt war, in goldenen Lettern vermerkt gewesen. Die Info, dass ich wieder mit Christian anbandelte, hatte Nele allerdings noch um ein Vielfaches mehr getroffen, als die Bestätigung von Benedicts Hochzeit. Nachdem ich mir mindestens eine halbe Stunde ihre Schimpftirade auf ihn, als auch auf meine Naivität hatte anhören müssen, hatte sie sich wieder einigermaßen unter Kontrolle, auch wenn sie bis heute immer noch ziemlich wütend auf mich war und mich als endgültig verrückt abgestempelt hatte. Sie hatte mir umgehend unterstellt, dass ich nur bei der erst besten Möglichkeit wieder in Christians Arme gerannt war, weil ich mir nicht eingestehen wollte, dass mich diese Sache mit Benedict sonst gänzlich um den Verstand bringen würde. Ich wollte und konnte mir nach wie vor jedoch einfach nicht eingestehen, dass sie recht hatte – auch wenn die verräterische Stimme tief in meinem Innern ihr zustimmte. Ich wusste schließlich nicht einmal, ob Chris mittlerweile überhaupt mit seinen alten Mustern abgeschlossen hatte. Aktionen wie die, dass er mich alleine zu dieser vermaledeiten Verlobungsfeier reisen ließ, weil er sonst angeblich einen zu wichtigen Geschäftstermin verpasste, machten mich nicht gerade weniger skeptisch. Zu meinem großen Schrecken musste ich mir aber eingestehen, dass das in diesem exakten Augenblick das war, worüber ich mir noch am allerwenigsten Gedanken machte. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit hätte das gänzlich anders ausgesehen. Es war nun einmal schon lange nicht mehr alles so, wie vor dem zufälligen Zusammentreffen von mir und Benedict. Wenigstens blieb mir so erspart, Christian doch noch von der Tatsache in Kenntnis zu setzen, wer ‚mein' Benedict wirklich war. Dennoch hatte ich so eine Vorahnung, dass er das möglicherweise längst wusste.
Ich ertappte mich dabei, wie ich mir plötzlich doch wieder wünschte, Christian hier an meiner Seite zu haben. Nicht wirklich um seinetwillen, sondern deshalb, weil ich durch ihn eventuell den nötigen Halt gefunden hätte, all das besser durchzustehen und mich davor zu bewahren, etwas Unüberlegtes zu tun. Der Gedanke an die Hochzeit zwischen Benedict und Lauren bereitete mir zugegebenermaßen heftige Bauchschmerzen. Ich stellte mir vor, wie Ben fein herausgeputzt mit Smoking und Fliege in einer alt-englischen Kirche mit dem Pfarrer vor dem Altar stand und in die Richtung lächelte, aus der Lauren langsam und zum von der Orgel vorgegebenen Takt in einem überwältigend schönen Kleid auf ihn zuschritt.
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Between The Lines // Benedict Cumberbatch FF [abgeschlossen]
Fanfiction🏆 Platin Award 2019 Gewinner 🏆 Melanie führt ein einfaches, ereignisloses Leben. Sie arbeitet in einem Reisebüro an einem kleinen regionalen Flughafen und beneidet die Leute, die die Welt erkunden. Ihr überschaubares Leben wird allerdings vollends...
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