46. Kapitel

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Isabell Lanes Sicht:

Ein warmer Schleier legt sich über meinen Körper, als ich sehe, wie sich Amelias zarten Mundwinkel heben und ihr Gesicht magisch strahlen lassen. Es ist ein Segen, nicht mehr mit ansehen zu müssen, wie die salzigen Tränen über ihre weichen Wangen rinnen, sich tief in ihre Seele fressen. Der seichte Glanz in Amelias dunkeln Augen, noch eben von Kummer und Leid gezeichnet, unterstreicht jetzt ihr herzhaftes Lächeln, und lässt mich stumm wissen, dass sie die Sorgen und Gedanken bezüglich ihres Vaters in der tiefste Kammer ihres Herzens verschlossen hält. Und auch wenn dieser Gedanke schrecklich klingen mag, bin ich froh darüber. Amelia leidet unter dem Verhältnis zu ihrem Vater, wünscht sich nichts sehnlicher, als wieder seine kleine Prinzessin sein zu können, und doch ist sie momentan mit all den Gefühlen und Geschehnissen überfordert, dass sehe ich ihr an. Und es zerreißt mich innerlich, zu wissen, dass Amelia nicht glücklich ist, es nicht sein kann. Ich will ihr helfen, sie halten, ihr all meine Wärme und Zuneigung spenden. Und genau das ist der Grund, weshalb ihre Hand jetzt in meiner liegt, und wir stumm zu meinem roten Cabrio gehen. Vor diesem angekommen, halte ich Amelia mit einem liebevollem Augenzwinkern die Autotür auf, woraufhin diese mir ihr schönstes Lächeln schenkt. Als ich wenig später auf der Fahrer-Seite platz nehme, greifen zarte Hände nach meinen Wangen, und ziehen mich bestimmend zu sich. Amelias heißer Atem prickelt auf meiner kalten Haut, doch mir wird augenblicklich heiß, als ich auf ihre dunkel schimmernden Augen treffe, und mich die Intensität ihres Blickes bis ins Mark erschüttern lässt. Der plötzliche Mut, die Aufforderung in ihrem Tun, überrascht mich und lässt mich kurz jede Kontrolle über meinen Körper verlieren, weshalb ich erst später realisiere, dass Amelias samt weichen Lippen bereits auf meinen liegen und diese mit einem fordernden Druck verwöhnen. Ihre Zunge streicht immer wieder neckend über meine Unterlippe, liebkost sie, und erst, als Amelia ohne zu zögern in meinen Mund eindringt, breitet sich die Hitze wie ein Lauffeuer in meinem ganzen Körper aus, und ich schließe endlich seufzend die Augen, erwidere den leidenschaftlichen Kuss. Unsere Zungen umspielen einander, scheinen miteinander zu verschmelzen, und mir bewusst, was genau Amelia mit diesem Kuss eigentlich bewirken will.

Er ist wie Balsam für ihre Seele, eine Art Ablenkung von dem Schmerz in ihrem Körper. Und genau diese Erkenntnis bringt mich dazu, in diesen Kuss all meine Gefühle, meine Versprechungen und Hoffnungen zu legen, ihr die Tiefe meiner Zuneigung spüren zu lassen. Mit einem Kribbeln im Körper, und geschlossen Augen, lösen wir nach endlos verstrichenen Minuten sanft die Lippen voneinander und lehnen nach Luft keuchend unsere Stirnen aneinander.

>>Und, wohin entführst du
mich jetzt?<<,wispert sie schließlich, und lässt ihre Fingerkuppen liebevoll über meine Wange gleiten.

Ich muss lächeln. >>Lass dich überraschen!<<, erwidere ich und zwinker ihr zu, ehe ich mich in meinem Sitz zurück lehne und das Auto starte.

>>Spann mich bloß nicht zu lange auf die Folter, sonst muss ich die Antworten wohl auf anderen Wegen aus dir ausquetschen.<<

Ich spüre, wie sich Amelias triumphierender Bick tief in meine Haut brennt, und ich hab große Mühe, ihre Drohung nicht zu sehr in meinem Kopf auszureifen. Gott, diese Frau!

Die Autofahrt dauert mindestens eine halbe Stunde, was ich hauptsächlich dem Weihnachts-Verkehr zu verdanken habe. So kurz vor den Feiertagen stürmen noch so einige in die Geschäfte, um letzte Besorgungen zu erledigen, und dementsprechend voll sind natürlich auch die Straßen. Dennoch stört mich dies seltsamerweise nicht. Amelias Gesellschaft zu spüren, ihre zärtlichen Blicke auf meiner Haut, ihren Duft so intensiv wahr zu nehmen. All das lässt den Trubel auf den Straßen, und auch den der letzten Tage und Stunden, in Vergessenheit geraten.

Captured- Im Netz der GefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt