Kapitel 1: "Ich renne nicht davon..."

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Kapitel 1: „Ich renne nicht davon..."

Isabel

„Jungs, Bella, kommt jetzt sofort runter, sonst hole ich wieder die Wasserflasche!", brüllte Dad vom Treppenabsatz. Ich fuhr im Bett hoch und sah, wie sich auch ein verschlafener Luis aufrichtete. Ja, ich musste mir mit 17 Jahren ein Zimmer mit meinem Zwillingsbruder teilen, da wir nicht wirklich viel Geld haben und deswegen eine verdammt kleine Wohnung haben. „Das kann doch nicht wahr sein.", murmelte ich und ich stöhnte innerlich auf, als ich sah, dass wir schon wieder verschlafen hatten. Schnell standen Luis und ich auf und trennten uns auf dem Flur.

Meine Brüder und ich hatten für die Schule ausgemacht, wer wann unter die Dusche durfte und ich war dran, während sie frühstückten. Ich schnappte mir ein weißes T-Shirt, eine dunkelrote Weste und dazu eine schwarze Röhrenjeans. Noch etwas verschlafen tapste ich ins Bad und stellte das heiße Wasser an. Es gibt doch nichts Besseres als eine kochend heiße Dusche am Morgen! Ich summte zu „The Monsters" von Eminem feat. Rihanna. Danach stieg ich heraus, wickelte mich in ein riesiges weißes Handtuch und betrachtete mich im Spiegel.

Ich hasste es wie ich aussah. Meine langen pechschwarzen Haare strich ich nach hinten und sah ein viel zu blasses Mädchen für eine Latinobraut mit extrem hellblauen Augen vor mir, die zu meinen Haaren einen solchen Kontrast bildeten. Ihr Name war Isabel Àlvarez und sie kommt aus San Fernando, das in Andalusien, Süd-Spanien, liegt. Wisst ihr eigentlich wie man sich vorkommt, wenn man als einzige -abgesehen von Luis natürlich- in der Familie nach der Mutter kam? Normal wäre das kein Problem ich liebte meine Mom, aber sie war nun mal Amerikanerin und mein Aussehen hatte ich ihr zu verdanken. Keiner würde darauf kommen, dass ich einen waschechten Spanier als Vater hatte und selbst auch Spanierin war. Ich wurde nicht wirklich bräuner, meine Kurven waren zu kurvig und ich sah einfach meinem Dad nicht besonders ähnlich. Ich schüttelte leicht den Kopf, um meine Gedanken loszuwerden und zog mich an.

*

„Na, auch mal wach?", fragte Dad, während er uns ein Müsli herrichtete ohne sich umzudrehen. Ich murrte nur irgendetwas und konnte meine Müdigkeit nicht unterdrücken. Wie gesagt hatten wir nicht besonders viel Geld und Dad arbeitete für den Hungerlohn, den er verdiente, wie ein Verrückter, also unterstütze ich ihn wo ich nur konnte. Seit Mom vor zehn Jahren bei einem Autounfall gestorben ist, ist er nicht mehr der Selbe. Er hatte sie abgöttisch geliebt und jeden Tag zerbrach er ein bisschen mehr daran, dass sie nicht mehr da war.

Ich setzte mich neben Rico, den Jüngsten in unserer Familie. Er war erst zehn Jahre alt und kam voll und ganz nach Dad. Er hatte kurze blonde Haare und dazu dunkelbraune Augen. Zu ihm hatte ich irgendwie eine ganz besondere Beziehung, weil er sich eben an Mom nicht mehr erinnern kann und ich als einziges Mädchen in diesem Haus in die Mutterrolle schlüpfen darf. „Man, Rico, jetzt iss doch mal ein bisschen schneller. So kommen wir nie rechtzeitig zum Bus.", maulte nun auch mein anderer Bruder. Juan war 15 und von uns allen eigentlich der Schwierigste. Da Dad fast nie zu Hause war, durfte ich schauen, dass er nicht die schiefe Bahn einschlägt, weil er eben sehr gerne in Schwierigkeiten gerät. Im Großen und Ganzen sah er genauso aus wie Rico.

„Ich mach doch schon so gut ich kann.", murmelte er beleidigt und schaute zu mir herüber. Rico sah mich fragend an, als mir vor meiner Müslischüssel fast die Augen zufielen. Ich war gestern, oder besser gesagt heute, erst um vier Uhr in der Nacht nach Hause gekommen, weil ich bis heute das Auto fertig bekommen musste. Normalerweise gab ich ja Nachhilfestunden und arbeitete in dem Blumenladen meiner Tante, aber der Vater eines Kumpels hatte gesagt, er bräuchte Hilfe, also kam ich vorbei und versprach, den Wagen bis zum nächsten Tag auf Vordermann zu bringen, aber ich hatte keine Ahnung, das dass so lange dauern würde. Dafür habe ich ganze 80 Mäuse bekommen!

Ass meets another Girl  ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt