Kapitel 19

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»Lucy, jetzt warte doch mal!«, schreit er über den Parkplatz.
»Bitte. Ich bin doch eh schneller als du.«
Verdammt – da hat er wohl Recht, gestehe ich mir ein und bleibe mit dem Rücken zu ihm stehen.

»Lucy, warum läufst du weg?«, höre ich ihn sanft in mein Ohr flüstern und spüre dabei seinen Atem in meinem Nacken. Shit, mein ganzer Körper steht schon bei dieser minimalen Annäherung unter Flammen.

»Ich habe dich vermisst«, setzt er fort.

»Ach. Auf einmal? Erst schickst du mich weg, um mir dann betrunken irgendwelche Nachrichten zu schicken in der Hoffnung, dass ich darauf eingehe? Leo, das kann nicht dein Ernst sein«, platzt es aus mir heraus. Leo berührt mich an den Schultern und dreht mich sanft aber bestimmt zu sich um. Bei diesem Anblick ist schon wieder alles um mich geschehen. Er trägt heute eine dunkelblaue Baseballcap, die er in sein Gesicht gezogen hat. Darunter schauen seine dunklen Locken hervor. Ganz inseltypisch trägt er dazu ein schlichtes Poloshirt und eine Jeans mit Sneakers. Ich schlucke bei dem Anblick.

»Lucy, ich vermisse dich jeden Tag. Ich wollte dich nicht wegschicken. Ich meine nur, dass es besser für dich wäre...«, gibt er zögernd preis.

»Aha. Und warum gehst du dann wieder mit Lynn?« pfeffere ich weiterhin drauf los. Ich bin so sauer auf ihn, dass er mich so abserviert hat aber gleichzeitig bin ich auch unglaublich froh, ihn zu sehen. Dabei weiß ich ganz genau, dass es nicht gut enden kann, wenn ich mich auf jemanden wie ihn einlasse. Die Nummer mit den bösen Jungs endet nie gut.

»Lynn? Ich gehe nicht mit ihr. Woher hast du das?«, fragt er erstaunt und verzieht dabei seinen perfekten Mund zu einem leichten grinsen.

»Ja von wem wohl. Ich habe sie beim Shoppen getroffen und sie hat mir gesagt, dass ihr zusammen Immobilien anschaut und wieder ein Paar seid.«

»Ach...«, Leo knirscht mit seinen Zähnen. Ich kann ihm ansehen, dass ihm die Situation mit Lynn zu schaffen macht und auch mich nervt es, dass es ihr immer wieder gelingt mich zu sabotieren.

»Das ist nicht wahr. Ich habe ihr nur angeboten mitzukommen, weil sie Ärger mit ihren Eltern hat. Bitte Lucy, ich habe dich so sehr vermisst«, sagt er und streichelt mit seiner Hand meine Wange.

»Ich habe hier ein neues Immobilienbüro eröffnet, was heute Abend eingeweiht wird. Bitte komm doch mit Hannah zur Party.«

»Nein, lieber nicht. Ich hatte vor, mich von dir fernzuhalten«, gebe ich ehrlich zu und kann ihm ansehen wie ich ihm damit einen Knicks versetze.

»Lucy, bitte. Dann können wir ein wenig reden und ihr könnt einen tollen Abend genießen.«

»Alles klar. Aber schick gefälligst ein Taxi vorbei!«, ertönt eine freche Stimme von der Seite. Hannah hat anscheinend alles mitgehört und nun entschieden, dass wir zur Party gehen. Verärgert sehe ich Hannah an.

»Fall mir ruhig in den Rücken«, grummele ich.

»In Ordnung, Hannah. Wo soll ich das Taxi hinschicken? Auf 20 Uhr?«, fragt Leo fröhlich und lässt mich dabei nicht aus den Augen.

»Zur Jugendherberge in Westerland«, sagt Hannah. Auf einmal bricht jemand in schallendes Gelächter aus. Es war nicht schwer zu erkennen, von wem das kam.

»Eine Jugendherberge auf Westerland? Ihr seid ja arm dran.«, sagt Lynn belustig in die Runde.

»Halt den Mund, Lynn!« weist Leo sie zurecht und ich muss grinsen. Endlich ergreift er mal Partei für mich und nicht immer nur für Lynn. Das ist Balsam für meine Seele.

»Jaja, schon gut«, sagt Lynn und hebt unschuldig die Hände hoch.

»Ok, ich schicke euch dann das Taxi rum. Ich freue mich auf Euch.«, strahlt Leo uns an.

»Ich muss noch einiges vorbereiten. Wir sehen uns dann später. Komm Lynn, du kannst gefälligst helfen.«

Leo dreht sich mit Lynn im Schlepptau um und geht die Straße hinunter. Vermutlich ist das neue Büro direkt in dieser Straße. Noch ganz perplex drehe ich mich ebenfalls ab und gehe mit Hannah zum Auto.

»Der helle Wahnsinn. Eine richtige Party. Lucy, wie konntest du nur nein sagen?«

»Weil ich mich auf die Empfehlung einer gewissen Freundin hin von ihm fernhalten soll?«, frage ich leicht verärgert.

»Sollst du auch. Aber du kannst doch auch seine Partys mitnehmen und auskosten ohne ihn zu beachten, oder?«

»Ja klar, das wird ein Kinderspiel! Nicht, Hannah! Das ist eine scheiß Idee. In seiner Gegenwart bin ich nicht in der Lage eigenständig zu denken.«

»Na dafür bin ich ja auch da.«, kontert Hannah grinsend. »Außerdem war mein Kampen-Ausflug eh zu kurz. Du bist mir was schuldig.«

»Ja, schön.«, gebe ich mich genervt geschlagen, denn ich habe keine Lust einen Streit ausbrechen zu lassen. Meistens gebe ich vorher lieber nach.

Weiterhin drehen sich meine Gedanken um unsere Partyzusage. Das kann einfach nicht gut gehen. Wenn ich nur die Kraft hätte mich von ihm fernzuhalten oder auch mal nein zu sagen.

Kaum sind wir zurück in der Jugendherberge gibt es für Hannah natürlich nur noch ein Thema. Was soll ich heute Abend bloß anziehen – jault sie mir in einer Tour vor. Mir fällt es immer noch verdammt schwer mich auf diese bekloppte Idee einzulassen und finde weiterhin kein Gefallen daran. Eigentlich habe ich nur Hannah zu liebe ja gesagt. Sie hat nach den vielen Wochen Arbeit in der Uni und nach meinen Beziehungsproblemen eine Pause verdient, die ich ihr gerne gönnen möchte. Zudem hat auch nur sie uns diesen Kurztrip ermöglicht...

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt