{IX}~Unerwartet geküsst

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Als ich in den nächsten Korridor abbog konnte ich aggressive Stimmen wahrnehmen. Ich lief etwas weiter und entdeckte halb wie jemand auf Ceylon einschlug, der komischerweise schon am Boden lag?!

Normalerweise war doch immer Ceylon derjenige, der Schläge verteilte und nun lag er selbst in der Position seiner Opfer und kassierte ordentlich. Auch die vor das Gesicht gehaltenen Arme hielten nicht viel von den Hieben des anderen ab. Der beste Freund von Ceylon, Damian, war ebenso nirgends zu sehen. Der hat sich bestimmt irgendwo zusammengekauert, oder auch nicht.

Derjenige auf Ceylon knurrte irgendetwas herunter, was ich nur nicht verstand und schlug erneut auf den eigentlichen Peiniger ein. Ein Knurren kam von Ceylon, aber selbst das wurde von dem Dunkelhaarigen weitestgehend ignoriert. Es war weder zu laut im Flur, noch konnte ich nicht hören was sie sagten oder eher keiften. Der Obere nutze einfach nur eine mir völlig fremde Sprache und ich habe schon einige Sprachen gehört und auch selbst gesprochen. Allerdings hörte es sich nur fremd an.

Wie ein regungsloser Stock betrachtete ich das Spektakel einige Meter vor mir. Wenige Schüler hatten sich um die Ringenden gestellt und feuerten an oder traten desinteressiert von einem Fuß auf den anderen. Vorsichtig trat ich durch den Schatten näher und genau in diesem Moment senkte sich von oben derjenige weiter runter über den zappelnden Ceylon. Beide Gesichter waren nur noch Millimeter auseinander, Ceylon fluchte etwas auf der mir unbekannten Sprache. Es brauchte keine zwei Sekunden mehr, da presste der Schwarzhaarige von oben seine Lippen auf die von Ceylon. Der Peiniger wehrte sich, versuchte sich aufzurappeln und wurde erneut hart zu Boden gedrückt. Als der Dunkelhaarige sich weiter anspannte und sich schlussendlich fester gegen Ceylons Mund drückte drang aus den Lippen des Letztgenannten ein kurzes aber hörbares Winseln. Manche Schaulustigen kicherten mit vorgehaltenen Händen, klar. Der starke und sonst immer angeberische Kerl, lag winselnd unter einem anderen Dunkelhaarigen begraben und... oh Schreck lass nach!

"Ican?!", meine Augen waren bestimmt noch nie so weit aufgerissen wie nun. Das war doch nicht wirklich~
Der Angesprochene löste sich grinsend von Ceylons feuchten Mund, knurrte noch etwas und sah dann gelangweilt zu mir herüber. Seine Augen, dunkelrot durchtränkt und die Pupillen zu Schlitzen verzogen. Ein lautes Brummen erklang und schon war er in der Dunkelheit verschwunden. Allein der inzwischen blass gewordene Ceylon verweilte noch am Boden. Das war definitiv Ican gewesen. Ich starrte dort hin wo er einige Sekunden zuvor noch gehockt hatte.

Der Schwarzhaarige war inzwischen auf die Knie gekommen und hielt sich schwankend den Schädel. Einige Mädchen liefen sofort zu ihm und hockten sich vor Ceylon hin. Jeder andere Kerl hätte schmutzig grinsend in die tiefen Ausschnitte geguckt, doch Ceylons Blick schenkte er nur den kargen Fußboden.
"Wer war die Schwuchtel?!" Kam es sogleich von der Ersten und weitere schlossen sich ihrer an. "Betrügst du mich!?" und "Bist du etwa auch so eine Tunte?!" Besonders gesund sah der Ältere allerdings nicht mehr aus. Als hätte irgendwer Hades Höllenhunde auf ihn losgelassen hockte er dort. Von Kraft und Coolness war nichts mehr zu sehen. "Los sag jetzt?! Bist du so ein Missstück wie der Typ vorhin!? Der-"
"Lasst Ceylon doch erstmal auf die Beine kommen!", flüsterte ich und genau in diesem Moment rief auch die Stimme Damian's den selben Satz. Die Mädels schnaubten, einige blieben sitzen und während Ceylon von Boden aufgesammelt wurde, drehte ich mich um und ging davon. Mehr wollte ich sowieso nicht mehr hören und bevor ich noch von Ceylon entdeckt wurde, verließ ich lieber den Gang. Der Schock saß tief, um noch länger zu dem Schwarzhaarigen zu gucken. Doch irgendwie ging mir ein schmerzlicher Stich durch den Kopf und ich zuckte zusammen. Bekam ich nun auch wieder Kopfschmerzen?

~

Der Vorfall war inzwischen schon mehrere Stunden her, die Schule vorbei und ich bereit zu gehen.
Weiteres ist nicht mehr vorgefallen. Ican habe ich den ganzen restlichen Tag nicht erblicken können und auch Ceylon musste in der nächsten Unterrichtsstunde nach Hause gebracht werden. Gerüchte sprudelten von einem Mund zum Anderen und übertrug sich wie die Grippe in der Schule. Ob nun der Schläger der Schule schwul sei oder ob das nur ein ausversehen war, oder dass der andere schon ziemlich heiß aussah. Ja solche Themen gingen einmal durch die Klassen. Ob ich jetzt allerdings noch immer allein mit Ican reden wollte wusste ich nicht. Klar wollte ich wissen was nach Sport passierte, aber allein mit Ican in einem Zimmer? Nachdem ich diese aggressive Aktion von ihm gesehen habe?

Auf dem Weg nach Hause dachte ich weiterhin nach und kam schlussendlich zu dem Entschluss zu gehen. Dieses Ereignis war ein weiterer Grund mit ihm reden zu wollen und außerdem hatte ich nichts weiteres vor. Sexgottes Sohn Eros meinte, dass er nochmal in die Stadt gehen wolle, um Weiber 'zu klären', wie er sich ausdrückte. Und Feer musste noch etwas mit ihrer Mutter besprechen, da sie letztens in der Matheprüfung keine Luft bekam. Hat ja auch lange genug gebraucht, bis sie sich traute das ihrem Bruder zu erzählen. Wahrscheinlich wird sie morgen wieder zu mir kommen und berichten, dass das mit ihrem Wesen zusammenhängt - Wassernixe.

Somit hatte ich freien Weg zu Ican. Ich will das geklärt haben. Der schuldet es mir.

Mir genervt über die Schläfen streichelnd lief ich in mein Zimmer und zog mir schnell die Schuluniform aus. "Schatz? Gehst du noch schnell duschen? Meine Schwester kommt nachher zu Besuch", rief Mutter mir aus dem Wohnzimmer zu und las dann entspannt ihre Zeitung weiter.
"Aber Mama ich wollte noch zu einem..."
"Keine Ausreden! Du bleibst hier. Mein Schwesterherz hat explizit nach dir gefragt Engelchen, deshalb geh dich waschen."

Genervt und ergebend stapfte ich los. Innerlich kochte ich vor Wut und anderen Gefühlen über. Ich hab mir das spontane Treffen so schon fest in den Kopf gesetzt und wollte schon seit dem Rückweg so schnell wie möglich zu Ican, um endlich Antworten zu bekommen.
Sauer trat ich die Tür zum Bad auf und zog mir die frisch angezogenen Klamotten wieder vom Leib. Die Kontaktlinsen nahm ich auch raus, meine Augen sollten sich unter dem Wasserstrahl etwas entspannen.

Gerade als ich das Wasser ausschaltete und mir ein Handtuch um die Hüfte gewickelt hatte, klopfte Mutter an die Tür. "Knut, ich komme kurz rein", damit schob sich die Tür etwas auf und der Kopf meiner Mutter lugte hinein. Hastig schaute ich zur Seite. Sie durfte nicht die unterschiedlichen Augen entdecken! "Was willst du Mom?", fragte ich, meinen Kopf dabei Richtung Wand gedreht. Zögerlich antwortete sie "Ich hab nochmal nachgedacht. Du bleibst eine Stunde bitte hier und danach kannst du zu deinem Kumpel." Kurze Stille entstand im Badezimmer "Phoepe wollte dich so dringend wieder sehen. Nach fast 14 Jahren ist dies ja auch kein Wunder was?" Noch immer Stille. Mutter wollte definitiv eine Antwort so wie ich sie kannte, doch ich senkte meinen Kopf und trocknete mich ab. "Okay, gut. Du kommst dann runter wenn du fertig bist. Phoebe wollte ungefähr in einer Stunde kommen", und sie verschwand wieder nach unten. Als Außenstehender würde man bestimmt sagen, meine Mom sei nett, liebenswert und akzeptierte mich, doch Dad lehrte mich, nicht auf Mutters Spielchen reinzufallen. Natürlich vertraute ich meinem Vater mehr, er war schließlich auch derjenige, der mir die Kontaktlinsen besorgte und mich liebte, wie man seinen leiblichen Sohn lieben sollte.

So langsam hatte ich auch wieder alle meine Sachen angezogen und betrachte mich ein letztes Mal prüfend im Spiegel. Das grüne Auge stach mir entgegen und leuchtete stärker als das es das Blaue jemals schaffen würde. "Du dämlicher Fehler...", knurrend griff ich wieder nach den blauen Linsen und setzte sie mir ein, um endlich den Wunsch Mutters nachzukommen und auf meine Tante zu warten.

Danach bist du erledigt Ican...

Demons Game-Boyxboy !ABGEBROCHEN!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt