Kapitel 2

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„Was ist los, Mitchi?"

Ich betrachtete Fee dabei, wie sie rote Flüssigkeit aus dem Cocktailmixer in zwei Gläser füllte. Eine aufgespießte Sternfrucht kam dazu und beide Gläser wurden auf ein Tablett gestellt. Einen Herzschlag später kam eine Kellnerin und nahm sie mit.

„Hm?"

Blinzelnd sah ich zu ihr auf. Die schönsten blauen Augen der Welt sahen mich besorgt an. Ihre vollen Lippen waren verzogen und eine Strähne ihres schwarzen Haares fiel ihr ins Gesicht.

Ich hob meine Hand und klemmte die losen Haare hinter ihr Ohr. Sie lächelte weich und küsste die Innenseite meiner Hand.

„Nur wieder einen Scheißtag gehabt."

Sie verzog erneut das Gesicht. „Du hast in letzter Zeit viele Scheißtage."

Ich zuckte uninteressiert mit den Schultern. „Bin irgendwie nicht so fit. Vielleicht sollte ich mit dem Trinken aufhören." Um meinem Vorschlag Nachdruck zu verleihen, prostete ich ihr zu und nahm einen Schluck von dem Whiskey. Die Flüssigkeit brannte angenehm in meiner Kehle, unterdrückte den Hustenreiz, der sich erneut in meinem Hals festsetzte.

Fee schüttelte den Kopf, grinste jedoch dabei und machte sich an den nächsten Cocktail.

„Wann macht ihr heute dicht?"

„Schätzchen, wir machen dicht, wenn kein Gast mehr da ist."

Ich drehte mich auf dem Barhocker und sah mich in der modernen Bar um. Indirektes, blaues Licht ließ es hier kalt und ungemütlich wirken. Tische und Stühle waren so sauber, als hätte hier nie jemand gesessen. Und doch waren viele junge Leute da, die sich angeregt über Börsenentwicklung oder irgendeinen anderen Scheiß unterhielten.

Nie im Leben, hätte ich einen Fuß in diese Bar gesetzt, wenn nicht ausgerechtet hier der schönste schwarzhaarige Engel der Welt arbeiten würde.

„Was ist, wenn ich alle rausschmeiße?", fragte ich scherzhaft und wandte mich an Fee. Aber sie beachtete mich nicht, sondern schüttelte Konzentriert den Mixer.

Mein Blick fiel auf die Uhr hinter ihr. Zwei Sekundenzeiger standen still übereinander.

Verdammt!

Ich holte meine Taschenuhr hervor. Auch hier waren nur zwei Sekundenzeiger. Auf dem Glas, das das Ziffernblatt schütze, spiegelte sich immer deutlicher ein Bild.

Ein Junge. Vielleicht acht oder neun Jahre. Er lag in seinem Bett und krümmte sich unter einem heftigen Hustenanfall. Kurz darauf verschwamm das Bild und stattdessen formte sich ein Neues. Das Haus des Jungen.

Ich wusste sofort wo es lag.

Nach einem kurzen Blick auf die Sekundenzeiger, die sich immer noch nicht bewegten, stürmte ich aus der Bar. Nun begannen sie zu ticken.

Das Wettrennen um Leben oder Tod begann aufs Neue.

Das letzte RennenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt