Kapitel 99

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Ich strich über das Buchcover. Antonia Michaelis stand in roter Farbe, der Name der Schriftstellerin nicht ganz in der Mitte. Das Kind auf dem Cover, trug eine blaue Wollmütze und ich musste lächeln. Ich drehte das Buch um und las den kurzen Text.

Seine Lippen waren kalt wie Schnee, aber jenseits der Lippen lag die Wärme von samtenem roten Stoff, Stoff auf dem nächtlichen Deck eines Schiffes. Sie spürte seine Zunge und dachte an den Wolf. Und wenn es wahr ist, dachte sie, wenn das Märchen wahr ist? Ein Genickschuss und ein tödlicher Biss in den Nacken. Alles Stimmt. Und wenn ich einen Mörder küsse?

Anna und Abel, eine Liebe, die über alle Zweifel siegt und in der das Unmögliche möglich ist.

Ich klappte die erste Seite auf und guckte sogleich wie viele Seiten, das erste Kapitel besass. Kilins ging zurück zu seinem Schreibtisch und setzte sich auf den Stuhl.  "30 Minuten sollten reichen." Meinte er und tippte auf seinem Handy weiter, währenddessen fing ich an die erste Seite zu lesen. Ich wusste schon seit dem ich das Cover des Buches gesehen hatte, das es Spannend sein musste und ich hatte Recht. Ich verlor mich, las und las immer weiter vergass dabei total, die kurze Zusammenfassung zu schreiben doch das war mir egal. Ich blätterte zur Nächsten Seite und las.

>>Sie stirb doch nicht? << fragte sie. >>Sie erreicht doch das Festland? Rechtseitig?<< Anna wartete auf eine Antwort von Abel, doch es kam keine. >>Sag doch mal! << verlang Micha mit ängstlicher Ungeduld. >>Was glaubst du? Du hast doch auch zugehört!<<

Erst da begriff Anna, dass Micha nicht Abel gefragt hatte. Sondern sie.

Ich wurde mitten im Satz unterbrochen als mir das Buch aus den Händen gerissen wurde. Ich zuckte zusammen und schaute direkt in die Augen meines Lehrers der auf das leere Papier vor mir starrte. "Schreiben und zwar jetzt!" Ich verdrehte meine Augen und nickte. Schaute kurz nach vorne um Kilins dabei zu zusehen, wie er mein Buch auf seinen Schreibtisch schmiss und sich mit verschränkten Armen wieder setzte. Ich fing an den Titel des Buches zu schreiben "Der Märchen Erzähler" und dann die gewünschte Zusammenfassung des ersten Kapitels zu schreiben. Es fiel mir sehr leicht, weswegen ich auch schnell fertig war und zufrieden den Kugelschreibern auf den Tisch legte. Ich nahm das Blatt und hielt es Kilins vor die Nase, der überrascht auf seine Armbanduhr schaute. "Nicht mal zehn Minuten hast du gebraucht. Nicht schlecht." Er lobte mich zwar aber mir war das sichtlich egal. "Kann ich jetzt endlich gehen?" fragte ich. Er überlegte einen Moment bis er nickte und mein Blatt entgegen nahm. Ich griff nach dem Buch und verliess erleichtert das Zimmer. "Morgen ist wieder normal Schule. Vergiss das nicht ah und Stella. Die Überraschung verschieben wir auf ein anderes Mal."  "Nein Danke. Ich verzichte." gab ich trocken von mir und schloss die Tür.  Endlich hatte ich mein Ruhe und vergrub diesen scheiss Tag in die hinterste Ecke meines Hirnes. Das Kilins mich heute nicht in Ruhe lassen konnte, hatte ich geahnt aber das er gleich zu solchen Mitteln griff? Wie krank muss ein Mensch wirklich sein? Ich schaute aus dem Fenster an dem ich vorbei lief und runzelte die Stirn. Der sonst so strahlend blaue Himmel, wurde durch die dicken grauen, fast schwarzen Wolken überdeckt. Es ging nicht mehr lange und es würde anfangen zu Regnen. Ich setzte meinen Weg fort, schaute kurz auf die Uhr und flüchtete dann in die Cafeteria. 15:15 Uhr und er liess mich gehen? Ich setzte mich nicht wie gewohnt an meinen Platz, sondern an die lange Fensterfront ganz hinten und lehnte mich an den Getränkeautomaten der neben der langen Bank stand und leise vor sich her summte. Ich war alleine und ich genoss es. Das Buch auf meinem Schoss, öffnete ich sogleich und gleichzeitig fing der Regen an, gegen das Fenster zu klopfen.

Ich war in der Mitte des Buches angekommen als ich auf einmal erschrocken auf schaute. Blitzschnell setzte ich mich gerade hin und schaute in der Cafeteria um doch nichts war zu sehen, geschweige zu hören. Hab ich mir das nur eingebildet? Ich stand und klemmte den Kugelschreiber in die Spalte des Buches, damit ich später noch wusste, wo ich stehen geblieben war. Mit einem unguten Gefühl, schlich ich zur Tür, die in die Küche führte und schluckte als ich davor stehen blieb. Langsam öffnete ich sie und spähte durch den Schlitz hindurch und was ich zusehe bekam, liess mich für einen Moment stutzen. Wirklich sehr schöne Küchentheken haben die hier doch der Gedanke verflog schnell wieder als ich Schritte in meiner hörte. Ich drehte mich geschockt um als eine Männliche Stimme hinter mir meinen Namen sage.

«Mr. Fillers? Scheisse haben sie mir einen Schrecken eingejagt.» Ich presste meine Hand auf mein schnell schlagendes Herz und trat von der Tür weg. «Tut mir leid.» lächelte er und auf einmal wurde sein Gesicht ernst. «Darf ich dich was fragen?» Stirnrunzelnd nickte ich. «Das kommt jetzt vielleicht unangepasst aber was läuft da zwischen dir und Mr. Killins?» fragte er und verschränkt seine Arme ineinander. «Mir ist schon seit ein paar Wochen aufgefallen, dass sich Mr. Killins komisch benimmt, wenn es um dich geht, allerdings auch wenn er alleine mit dir zu sein scheint.» Ich schluckte und strich mir nervös meine Haare nach hinten. Was ist denn los mit dir Stella. Jetzt hast du die Chance den Alptraum zu beenden und was machst du? Du stehst da blöd rum und starrst Löcher in die Luft. Naja eigentlich hatte ich eher Angs was danach passieren würde. Nein nicht mit Killins sondern mit mir selber schliesslich war das nicht normal, was da schon seit Monaten lief. « Ich kann auch falsch liegen und mich irren aber dieses Verhalten vorher, als ich mit den neuen Schülern an kam... Du kannst jederzeit mit mir reden, wenn etwas ist das weisst du hoffentlich.» Ich wachte aus meiner schockstarre auf und schaute Mr. Fillers in die Augen. Ich versteckte meine Zitternden Hände in meinem Hoodie und nickte schliesslich lächelnd. «Danke ich werde auf Ihr Angebot zurück kommen. Denke ich.» fügte ich am Schluss noch dazu und der Mann vor mir akzeptierte meine Antwort nach ein paar Minuten. «Ich hoffe du machst das Richtige Stella.» meinte er und liess mich an Ort und Stelle stehen. Sein Besorgter Gesichtsausdruck entfiel mir jedoch nicht und da schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Wie viel wusste er?

Ein undefinierbares Gefühl durchdrang meinen Körper als ich mich zurück an die Fensterfront setzte und nach draussen schaute. Ich hätte mich schon längst an einen Lehrer wenden sollen das war mir klar aber wer hätte mir schon geglaubt? Kilins hätte alles abgespielt und dann, wäre ich der Sündenbock gewesen doch Fillers, er schien bemerkt zu haben das etwas nicht stimmte und das war meine Chance doch was hinderte mich daran? Ich kapierte mich selber nicht einmal. Ein gelblicher Schulbus, der vor dem Internat angehalten hatte, schaffte es mich aus meinen Gedanken zu reissen und sprang auf. Mit schnellen Schritten verliess ich die Kantine und rannte schon förmlich auf den Ausgang zu als ich eine motzende Kati zu hören bekam. Ich sprang ihr ohne Vorwarnung in die Arme was sie mit einem überraschtem «Ouch» kommentierte. «Ich bin auch froh wieder hier zu sein aber mich fast um zu reissen?» Als ich jedoch nichts erwiderte, was ich sonst immer tat, liess ihr lachen verklingen. «Was ist passiert?» fragte sie sogleich besorgt doch ich brachte kein einziges Wort raus. Sie drückte mich leicht von sich weg und ich guckte ihr lächelnd ins Gesicht doch die Tränen in meinen Augen, konnte ich nicht überspielen.

«Warum machst du dir den unötig Gedanken darüber?» schrie mich Kati schon fast an als ich ihr alles erzählt hatte. Von Anfang an mit Killins bis zum Schluss mit Fillers. Lars der nachdem ich Kati losgelassen hatte, dazu gestossen war, sass nun mit zusammengezogenen Augenbrauen neben mir und strich beruhigend mit seinem Daumen über meine Hand. Er war durchgedreht als er mich mit Tränen in den Augen gesehen hatte da er genau wusste, wessen schuld es war. «Ich habe Angst. Was wenn er mir nicht glaubt und mich für Verrückt erklärt» Sie überlegte kurz und schüttelte dann ihren Kopf. «Nein das wird er nicht. Wenn er schon auf dich zu gekommen ist, muss er einen Verdacht haben. Ich meine, ein Lehrer fragt nicht einfach aus dem nichts, ob du was mit Killins hast oder?» «Sie hat recht.» meldete sich Lars zu Wort und nun war ich die, die geschlagen nickte. «Ich werde dabei sein wenn du willst.» lächelte Kati und legte ihre Hand auf meine Schulter. «Nein. Am besten ist es wenn ich mit ihr gehe. Schliesslich weiss ich wie er tickte als wir zusammen mit ihm in Paris wohnten.» Lars sah uns abwechselnd ernst an. «Am besten wir besprechen das noch heute!» Lars nahm meine Hand, zog mich auf meine Beine und lief zielstrebig zur Tür.


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