Reden

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Jenny ging nah vorne ans Rednerpult. Sie war nervös und schaute die ganze Zeit auf ihre Notizen: "Ronnie. Wir vermissen dich. Deine Freunde vermisse dich. Deine Familie vermisst dich. Wir finden es nicht gut, dass du gegangen bist. Und dann auch noch so grausam." Die Rede war trocken. Heruntergerasselt. Das schien auch Jenny zu merken, stoppte und legte den Zettel beiseite. Sie schluckte: "Ich hatte mir eigentlich eine Rede vorbereitet, aber ich merke gerade wie trocken diese ist und das sie doch nicht den Verlust und den Schmerz ausdrücken kann, den wir erlitten haben. Ronnie ist nicht mehr da. Aber warum? Weil irgendein Scheiß-Obskuri ihm das Leben genommen hat. Weil dieser Scheiß-Obskuri sich für etwas besseres hält. Ich finde das einfach nur widerlich. Und ich weiß nun auch endlich, warum ich hier bin. Um dem ein Ende zu setzten. Ich will, dass dieser Scheiß-Obskuri dafür büßen muss. Und ich fordere ihn heraus. Denn wir werden ihn finden. Und dann wird es ihm leid tun." Jenny endete, kam hinunter vom Rednerpult und setzte sich wieder zu uns.

Alles war still. Kein einziger Ton. Dann fing Leon an zu klatschen. Und alle anderen stimmten mit ein. Auch ich. Ich fand es tapfer was Jenny da getan hatte. Aber auch unglaublich naiv. Sie hatte einen Mörder herausgefordert. Ob das gut war? Ich glaube nicht. Aber ich würde später noch einmal mit ihr darüber reden.

Inzwischen ging ein Junge auf die Bühne. Er hatte rote Haare und hatte blaue Augen. Er war groß gebaut und hatte eine verblüffende Ähnlichkeit mir Ronnie. Nun ja. im Gesicht. Nicht jedoch vom Aussehen her. Ronnie hatte braune Haare gehabt. Und schokoladenbraune Augen.

"Dieser Junge, wie heißt er?" fragte ich Jenny.

"Oh, dass ist Josh McGler. Der Bruder von Ronnie. Sie sehen sich nur von den Gesichtszügen her ähnlich, findest du nicht auch?" Ich nickte. Und betrachtete Josh noch eine Weile. Er hatte angefangen zu sprechen und es kam mir vor, als würde er seine Worte nicht ernst meinen. Aber er war sein Bruder. Er hätte nicht gewollt, dass Ronnie stirbt. Oder? Mir ging der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass er vielleicht seinen Bruder umgebracht hatte. Aber, nein! Das war zu absurd.

Plötzlich hob Josh seine Hand um seinen worten mehr Ausdruck zu verleihen. Es fiel mir zunächst nichts ungewöhnliches auf. Ja, er trug einen Verband. Hatte sich wahrscheinlich mit etwas scharfem geschnitten. Mit einem Messer oder...

Mir stockte der Atem.

Oder mit einer Vase.

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