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Lucy

"Ich...ich hasse dich nicht...", hauche ich ganz leise und öffne meine Augen langsam.

Sein Dunkelbraun prallt sofort auf mein Waldgrün und er blickt mich fragend an.

"Aber warum hast du das dann gesagt?", will er sanft wissen und ich schlucke, ehe ich von ihm wegtrete und rot werdend auf meine Schuhe blicke.

"Der Grund ist total peinlich.", nuschele ich in meinen nicht vorhanden Bart und schlinge meine Arme um meinen Oberkörper.

Kurz runzelt der Asiate die Stirn, dann legt er mir seine Hände auf die Schultern, streichelt etwas auf und ab und sagt: "Bestimmt nicht. Für dich war es ja Grund genug. Jeder tut mal Dinge aus im Nachhinein dummen Gründen."

"Ja...du hast ja recht, aber-", beginne ich wieder, jedoch schneidet er mir das Wort ab.

"Nein, Lucy. Selbst wenn es zum Beispiel aus Eifersucht war oder so. Das kennt doch jeder. Und jetzt raus damit, wenn du mir schon so ne Lüge an den Kopf wirfst.", er lacht leise, aber etwas Trauer schwingt in seiner Stimme mit.

Und wie aufs Stichwort werde ich noch röter, als ich ohnehin schon bin. Er hat genau ins Schwarze getroffen. Mir auf die Lippe beißend schaue ich zu ihm auf, nur um gleich wieder den Blick abzuwenden.

Mist, Mist, Mist! Ich bin doch dumm! So dumm!

"Lucy? Also, uhm...du bist doch nicht eifersüchtig, oder?", scheinbar hat er alles bemerkt und ich zucke etwas zusammen.

Fuck.

"Lu?", hakt Ju nochmals nach und erst da schaffe ich es leicht zu nicken.

„So in etwa...?", antworte ich mit fragendem Unterton, da ich es selbst nicht wirklich verstehe, aber weiß, dass es so ist.

Ich merke wie er seine Hände wieder von mir entfernt und dann die Arme vor der Brust verschränkt.

"Das musst du mir jetzt erklären.", spricht er langsam aus und sieht mich fordernd an, hält mich dann jedoch wieder davon ab. "Ist es wegen meinem "Ruhm"?"

Der Schwarzhaarige macht Gänsefüßchen in die Luft und wartet auf meine Antwort.

"Nein...", ich schüttele den Kopf und seufze. "Es ist nicht, weil ich berühmt sein will oder so...es ist nur...", ich suche nach dem richtigen Worten. „Dein Leben scheint einfach perfekt zu sein.", ich halte wieder inne, doch dann platzt alles aus mir heraus. „Du bekommst so viel Aufmerksamkeit für deine Moves, Komplimente, hast einfach Leute die dir sagen, dass das ,was du machst, cool ist und dass sie es feiern. Deine Familie ist heil. Kein Vater, der seine Frau betrügt, geizig, rassistisch, streng und nie da ist. Deine Mutter ist keine Alkoholikerin, hat auch keine Depressionen...oder zumindest hatte...und du wurdest als Kind auch nicht wegen jedem Mist von deinem Vater geschimpft. Naja...meinen Vater werde ich wahrscheinlich sowieso nie wieder sehen und meine Mom bessert sich, aber das auch erst seit Kurzem. Ich will doch nur, dass alles endlich mal gut läuft. Ist das denn zu viel verlangt?"

Ich lache kurz sarkastisch, verstumme wieder und bin ziemlich den Tränen nahe, blinzele sie jedoch weg, da ich vor Julien nicht schwach sein will, vor mir selbst nicht schwach sein will.

"Wow.", der Größere blickt mich mit großen Augen an, räuspert sich aber dann. "Das tut mir echt leid.", er schluckt. „Aber...woher willst du wissen, dass mein Leben perfekt ist? Ja, ok. Mein Leben ist zwar nicht schlecht. Im Gegenteil, aber perfekt? Nein. Was ist schon perfekt? Ich habe auch meine Höhen und Tiefen, genauso wie jeder Andere auch und ich verstehe auch was du meinst. Mein Leben kommt dir vielleicht besser vor, aber warum achtest du nur auf all das Schlechte, anstatt auf die kleinen guten Dinge? Das macht das Leben doch eigentlich aus, oder? Hat dir noch nie jemand gesagt, wie fresh du tanzen kannst? Hat dir noch nie jemand gesagt wie wunderschön du bist? Hat dich noch nie jemand bewundernd angesehen oder hast du es einfach nie bemerkt?"

I Hate You | Julien BamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt