Kapitel 49: Eskalation

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„Sprich doch weiter", sagte er und es war fast gruselig, wie ruhig seine Stimme dabei klang. „Es interessiert mich brennend, was du ihr zu sagen hast."
Rajan krallte seine Hand so fest um Demians Hemdkragen, dass seine Knöchel schon weiß schienen.
Demian hob abwehrend die Hände und strampelte sich etwas frei.
„Gar nichts, Mylord, ich hatte nur vor mich zu verabschieden."
Rajan lachte ein bitteres Lachen und riss ihn wieder zurück.
„Für wie dumm hältst du mich eigentlich, Kasgarth?!", fauchte er. „Glaubst du, ich weiß nicht was du vor hast?"
„Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr redet!"

„Du Bastard!" Er hob seine Faust schneller als irgendjemand hätte reagieren können. Demian entfuhr ein Schmerzensschrei, als sie mit voller Wucht in seinem Gesicht landete und seinen Kopf hart in den Nacken warf. Endlich ließ Rajan ihn los und er taumelte nach hinten, verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden.

Völlig paralysiert fasste er sich an die Nase und schaute dann schockiert auf das Blut, welches seine Finger hinab rann.
„Was ist", knurrte Rajan und machte langsam ein paar Schritte auf ihn zu. „Nicht gewohnt auf die Schnauze zu kriegen?"

Ich hatte meine Hand fest auf den Mund gepresst, alles Blut war mir aus dem Gesicht gewichen.
Nie hatte ich Rajan so erlebt, so aggressiv, so gewalttätig. Nur gegenüber Willard Sanners hatte ich seine unkontrollierte Seite einmal kennengelernt, aber das war gar nichts im Vergleich zu der Wut, die jetzt in seinen Augen schimmerte, als er sich zu mir umwandte.

„Ich hab dir gesagt, du sollst dich von ihm fernhalten!" Seine Stimme war ganz dunkel vor Zorn. „Was genau ist daran so schwer zu verstehen?!"
In dem Moment erschien er mir fremd, nahezu so wie vor einigen Monaten, als wir uns kennen lernten. Fast alles würde ich geben, um wieder in die Situation von damals zu schlüpfen, nur um dieser hier zu entkommen.
Meine Hand zitterte beinahe unkontrolliert, als ich sie einige Zentimeter von meinem Mund entfernte.

„Ich...ich...", stammelte ich.
Er atmete schwer, sein Brustkorb bebte.
„Rajan, das..."

Während ich verzweifelt nach Worten suchte und irgendwie keinen Satz hervorbringen konnte, veränderte sich etwas in seinem Blick. Etwas schien vom ihm abzufallen, der Zorn wich und wechselte zu Verwirrung. Er musterte mich, sah zu Demian, der immer noch auf dem Boden saß und versuchte, das Blut aufzufangen, und machte zwei Schritte rückwärts.

Dann murmelte er etwas, das ich aber nicht verstehen konnte, wandte sich auf dem Absatz um und stapfte davon, ließ uns einfach hier in dieser verworrenen Situation zurück.

~

„Es ist wohl kein Bruch. Aber dennoch wird es Euch eine Weile begleiten." Der Medicus wandte sich ruckartig ab, sodass seine schwarzen Gewänder wehten und griff zielstrebig nach einem Kästchen im Regal. „Diese Salbe unterstützt bei der Heilung. Sollten Eure Schmerzen zu groß werden, kommt noch einmal vorbei."
„Ich bin Ritter. Es sollte auszuhalten sein." Demian grinste etwas kümmerlich, zuckte aber sofort zusammen, als Meister Aureus das Fett auf seine Nase schmierte.

„Natürlich, Sire." Die Falten um seine Mundwinkel verstärkten sich etwas, als er die Lippen zu einem dünnen Strich verzog. „Doch ich sah schon gestandene Edelmänner, die wegen eines winzigen Insektenstiches in die Knie gingen. Ihr seid noch sehr jung. Überschätzt Euch nicht."
Fast sah Demian aus als würde er beleidigt die Unterlippe vorschieben, doch er schien sich noch zusammenreißen zu können und sprang ohne weiteren Kommentar dazu von der hölzernen Liege, auf der er während der Untersuchung gesessen hatte.

„Ich danke Euch, Meister", murmelte er.
Der hochgewachsene Mann verschränkte nur die Hände hinterm Rücken und verneigte sich leicht, sodass sich das Licht der Kerzen auf seiner Caladrius-Brosche spiegelte. „Ich tue nur meine Pflicht, Sire."
Demian sah zu mir und nickte leicht in Richtung Ausgang.
Kaum hatte er die Tür hinter uns geschlossen atmete er einmal tief durch und begann vorsichtig seine Nase abzutasten.

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