14. Kapitel

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"Felicia, hast du es jetzt bald mal"?, ertönte eine Stimme durch die ganze Wohnung. Seit 10min wurde ich im Zwei-Minuten-Takt gefragt, ob ich nicht bald mal fertig sei und dass wir bald los mussten. Ich seufzte tief durch und blickte in den Spiegel an der Wand. Meine braunen Haare waren wieder leicht lockig und ich hatte eine Haarsträhne hinter meinem Ohr abgeklemmt. Meine Augen funkelten und kamen durch den dezenten Lidstrich, der mir heute mal ohne Komplikationen gelungen ist, perfekt zur Geltung.

Mein Outfit setzte sich aus einem blauen Sommerkleid mit weißen Pünktchen zusammen. Ich sah lieb aus. Das war genau das, was mir wichtig war. Ich wollte vor Thomas und Manuela lieb und höflich rüberkommen. Sie sollten erkennen, wer ich bin. Ich bin weder eine aufgebretzelte Tusse, noch eine Frau, die sich gar nicht zurecht machte.

Marco streckte seinen Kopf durch meine Zimmertür: "Feli, wenn wir nicht bald loskommen, kommen wir noch zu spät und meine Eltern hassen Unpünktlichkeit über alles". Ich wusste nicht, was mich mehr irritierte. Die Tatsache, dass er mich "Feli" nannte oder dass er mir Stress machte, mich gefälligst zu beeilen. Ich drehte mich entschlossen zu ihm um, setzte ein Lächeln auf und schnappte mir meine schwarze Tasche: "Wir können". Marco schaute mich nur lächelnd an und musterte mein Outfit wortlos. "Es gefällt dir nicht, habe ich Recht"?, sagte ich zerknirscht und bereitete mich bereits innerlich auf die erneute Suche nach dem "perfekten" Outfit für das erste Treffen mit den Eltern des Freundes vor. Marco hingegen musterte mich immer noch und lächelte dann leicht: "Nein, mir gefällt es. Sehr gut sogar. Du siehst wirklich perfekt darin aus und ich kann es kaum abwarten, dich jetzt endlich meinen Eltern vorzustellen". Mit diesen triumphierenden Worten, die mein Ego wieder einmal unterstützten, zog er mich sanft aus der Wohnung und steuerte sein Auto an. Ich trappte ihm mucksmäuschenstill hinterher.

Nach gefühlten Stunden mit Marcos Karaokekünsten erreichten wir anscheinend sein Elternhaus, denn er stoppte den Wagen, legte sanft seine rechte Hand auf meinen Oberschenkel und strich mir mit der linken sanft durch meine Haare: "Sei nicht so nervös, sie werden dich mögen". Ich nickte und Marco legte seine Lippen sanft auf meine. Nach dem äußerst zu kurzem Kuss lösten wir uns und stiegen aus dem Auto aus. Tief einatmen. Marco nahm meine Hand. Na dann mal ab in die Höhle des Löwen.

Wir liefen über einen Kiesweg zu der braunen Eingangstür. Marco klingelte und drückte noch einmal meine Hand. Ich zitterte. Marco wusste das. Okay, er spürte das auch, aber er wusste, wie nervös ich war. Eine Frau mit hellblonden Haaren öffnete uns die Tür und fiel Marco sofort um den Hals: "Marco, schön, dass du gekommen bist". Ich lächelte sie nett an und sie löste sich von Marco. "Ist sie das? Deine neue Freundin, Marco"?. Ich konnte sie hören. Sie konnte mich auch einfach selbst fragen(A/N Alles, was jetzt im folgenden über die Eltern Reus geschrieben wird, ist fiktiv und deshalb nicht wahr. Ich kenne die beiden natürlich nicht und ihre Charakterzüge und ihre Aktionen in der FF dienen der Unterhaltung und der Story). Marco bejahte lächelnd ihre Frage und sie musterte mit hochgezogenen Augenbrauen. Irgendwie fand ich sie symphatischer, als sie noch nicht den Mund aufgemacht hat. "Jünger als ich gedacht habe". Okay, abwertender ging es wohl kaum. Ich nahm all meinen Mut zusammen und streckte ihr höflich die Hand hin: "Hallo Frau Reus, ich bin Felicia. Ich freue mich, Sie kennenlernen zu dürfen. Marco hat schon viel von Ihnen erzählt"?. Sie musterte mich immer noch und schaute kurz auf meine Hand. Hatte ich die Pest oder warum gab sie mir nicht mal die Hand? Plötzlich zog sie mich an sich und verwickelte mich in eine Umarmung: "Herzlich Willkommen in der Familie, Felicitas". Fast. Ich war überwältigt von dieser Reaktion. Das konnte unmöglich echt sein. Sie war falsch. Mehr als falsch zu mir.

Wir lösten uns von der Umarmung und sie bat uns ins Haus. Thomas, Marcos Vater kam aus dem Wohnzimmer angelaufen und umarmte Marco ebenfalls. Anders als seine Frau lächelte er mich aber an, er strahlte förmlich. Daher hatte Marco also die guten Gene. Ich streckte ihm höflich die Hand entgegen: "Hallo Herr Reus, ich bin Felicia. Es freut mich, Sie kennenzulernen". Er schüttelte grinsend meine Hand: "Bitte nenn mich Thomas, Felicia. Und bitte dutz mich. Sonst komme ich mir so unglaublich alt vor". Ich fing an zu lachen und Marco legte sanft den Arm um mich. Thomas lächelte uns beide an und man erkannte die pure Freude in seinem Gesicht. Es wirkte so, als ob er sich wirklich für uns freuen würde.

Zusammen setzten wir uns alle an den großen Holztisch, der im Esszimmer stand. Marcos Mutter hatte einen Braten mit Klößen gekocht, da das Wetter zum Grillen, was ursprünglich geplant war, zu schlecht war. Ich saß neben Marco und Manuela schaufelte mir eifrig Klöße auf den Teller, während sie mich fast ununterbrochen musterte. Als jeder etwas zu essen hatte, begann sie mit ihrem Ausgefrage: "Wie alt bist du denn eigentlich, Felicitas"?. Ich lächelte sie sanft an, atmete innerlich eifrig ein und aus und antwortete: "Ich heiße Felicia und ich bin 20 Jahre alt". Klang wie in einer Selbsthilfegruppe oder in anderen Gruppen, wo man sich und sein Alter kurz vorstellen musste. "Und ihr seid wie lange zusammen"?, fragte Manuela weiter. " Fast 2 Monate", flötete Marco fröhlich und Manuela zog ihre Augenbrauen noch weiter nach oben: "Und was machst du so? Als Model arbeitest du ja nicht, habe ich Recht"?. Autsch. War ich die einzige, die diesen schnippischen Unterton erkannt hatte? "Manuela", rief Thomas nur und Marco sah sie entgeistert an. Ich hingegen probierte immer noch nett zu sein: "Nein, Sie haben Recht. Ich model nicht, denn dafür bin ich zu klein. Ich studiere Journalismus". "Aha, Journalismus", murmelte sie nur.

Eine kleine Weile schwiegen sich alle an und widmeten sich ihrem Essen. Plötzlich warf Marcos Mutter aber in die Stille: "Sag mal, Marco, bist du wirklich sicher, dass das hier richtig ist? Oder dass das zwischen euch hält? Ich meine, sie ist doch viel zu jung für dich". War das ihr Ernst?!


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Neues Kapitel, meine Lieben.

Sorry, aber Manuela muss am Anfang eine Giftspritze sein, sonst gibt es gar keine wirkliche Spannung und auch kein Drama in dieser Story.

Danke fürs Lesen und denkt bitte ans Voten und Kommentieren. Darüber würde ich mich wirklich freuen <3

Meine Nummer 11 (Fortsetzung von Die Nummer 11)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt