Kapitel Zwei

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Henry p.o.v

Seit Stunden sitze ich vor meinem Vater und König Eric. Nachdenklich schaue ich aus dem Fenster. "Henry!" sagt mein Vater und ich fahre erschrocken zusammen. "Wie bitte?"
"Er träumt sicher von seiner Braut." lacht Vater und zwinkert dem König zu. "Nein, ich habe mich nur gefragt, ob wir die Feier nicht vorschieben können?" skeptisch schauen die Beiden mich an. "Aber... Das bedeutet, das Schloss muss schneller fertig sein."
"Wir können es ja um drei Tage verschieben!" Mein Vater ist Feuer und Flamme für die Idee.
"Drei ist schon eine hohe Zahl an Tagen..." überlegt  König Eric und verzieht das Gesicht.
"So machen wir es." beschließt mein Vater und lacht.
"Aber Georg! Die Diener..." Ich merke, dass König Eric überfordert ist und will schon wieder meinen Vorschlag zurückziehen, aber dann fängt mein Vater wieder an zu reden.
"Ich habe genug dabei. Sie werden helfen." 
"Das heißt, dass meine Tochter früher gehen muss." König Eric nickt leicht und steht auf. "Dann werde ich es mal meiner Frau sagen." verabschiedet er sich. 

"Du liebst sie jetzt schon, nicht? Sie ist wirklich bildhübsch." mein Vater schaut mich erwartungsvoll an. "Vater..." murmele ich und er klopft mir auf die Schulter. "Sie hat ja auch das, was ein Weib besitzen sollte, um einen König wie dich zu verführen!" lacht er und steht auf. "Hoffentlich weißt du auch sie zu schätzen." Dann geht er durch die Tür und verschwindet im Garten.

"Dein Vater hat recht." Diese Stimme.
"Anne?" flüstere ich und drehe mich um. "Ja. Er ist recht unterhaltsam." lacht sie, kommt durch die Tür, welche in den Flur führt und berührt meine Schulter. "Du hast seine Frage nicht beantwortet." flüstert sie diesmal und setzt sich auf den Stuhl neben mir. Ich schaue ihr tief in die Augen.
"Nein." sage ich und stehe auf. Erschrocken mustert sie mich. "Wie bitte?"
Ich lächele sie an und antworte "Nein, einfach nein." Und somit verschwinde ich durch die Tür.

Annes p.o.v.

Langsam erhebe ich mich. Ich kann es nicht glauben. Er hat mir keine Antwort gegeben. Gestern hält er eine Rede, darüber, dass er mit mir glücklich sein will. Er schenkt mir einen Hengst und besucht mich nachts in meinem Gemach. Und jetzt sagt er 'Nein' und verschwindet einfach?
Das macht mir zu schaffen. Ich atme ruhig ein und aus. Immer und immer wieder. Langsam gehe ich hinaus in den Garten. Ein kleiner schmaler Weg führt zu einem großen Labyrinth. Für mich ist es längst kein Labyrinth mehr. Ich bin hier aufgewachsen.

Flashback - 11 Jahre zurück~

Ich laufe die Treppen hinunter. Mein Kleid ist leicht verdreckt und meine kleinen Locken verwuschelt. Antonio läuft mir hinterher und ruft die ganze Zeit meinen Namen. "Anne! Anne! Warte, nicht!" ruft er, doch ich höre nicht. Schnell laufe ich in das große Labyrinth. Mutter hat immer gesagt, ich soll mich von dort fern halten. Doch jetzt muss ich mich verstecken! Im Labyrinth laufe ich verschiedene Wege. Immer tiefer in die Verwirrung. Ich höre Antonios Stimme. Sie ist so nah, doch so fern. Meine kleinen Beinen springen ein wenig hoch, damit ich einen Blick erhasche, damit ich weiß, wo ich mich gerade befinde. Doch hoch komme ich nicht. Ich laufe weiter. Nach einigen Metern sehe ich die Mitte. Dieser Platz ist groß und es befindet sich eine Bank mit einem großen Brunnen dort. Es sieht majestätisch aus. Schluchzend setze ich mich auf die Bank. Was ist wenn Antonio mich niemals findet? Wenn er zurückkehrt und meiner Mutter beichtet, was ich getan habe? Würde sie weinen, wenn ich nicht mehr da wäre ? Viele Fragen sind in meinem Kopf. Nachdenklich schaue ich meine Hände an. "Anne!" die Stimme nähert sich und dann stürmt mir Antonio entgegen. "Ich habe dich gesucht! Komm wir gehen." Er nimmt meine Hand und zieht mich aus dem Labyrinth.

Flashback Ende

Mir kommen die Tränen. Diesen Ort muss ich verlassen. Es ist aufregend in ein neues Königreich zu gehen. Doch ohne meine geliebten Eltern oder gar meinen besten Freund? Werde ich sie je wiedersehen? Langsam gehe ich in das Labyrinth. Den Weg wissend, laufe ich in die Mitte. Dort setze ich mich, wie die Male zuvor, auf die Bank. Ich ziehe meine Beine an, und weine. Nach einiger Zeit spüre ich die Anwesenheit einer anderen Person. "Ich hoffe du kennst den Weg zurück." lächelt er und setzt sich neben mich. "Warte, weinst du?" fragt er geschockt und ich schüttele den Kopf. "Nein, es ist nichts."
Er rückt näher ran und versucht mir ins Gesicht zu schauen. "Wir sollten gehen." flüstere ich und stehe auf. "Der Ball beginnt in einigen Stunden." Wortlos gehen wir zurück. Er schaut mich manchmal an. Dann senkt er wieder den Blick. Ich ignoriere Antonios Blick, als Henry und ich an ihm vorbeigehen. Jeder kann sehen, dass ich geweint habe. Jedoch ist mir das im Moment egal. 
Kaum sind wir im Schloss, gehe ich schneller und schließe mich in mein Zimmer ein. Ich brauche nur ein paar Minuten.
"Anne! Macht bitte die Tür auf!" Stella ruft durch die Tür. Nach einigen Minuten öffne ich diese, und stelle mich vor den Spiegel. "Stella. Meinst du er wird mich mögen?" bringe ich heraus und eine Träne kullert herunter. "Prinzessin, die Fensianer sind dafür bekannt charmant und nett zu sein. Und glaubt mir, er wird Euch lieben."
So wirklich überzeugt bin ich nicht, jedoch bleibe ich leise und halte meine Tränen zurück. Ich schaffe das.

Einige Stunden später höre ich von unten lautes Gelächter und Musik. Der Ball ist in vollem Gange. Ich schaue mich im Spiegel an und betrachte meine Robe. Lange Seide fließt an meinem zierlich Körper herunter. Stella zupft an meinen langen, welligen Haaren. Diese fallen meinen Rücken entlang und enden an meiner Taille. "Ich glaube es wird Zeit." wiederholt Stella nervös und schaut zur Tür. Seit Stunden läuft sie aufgeregt durch mein Zimmer und bereitet alles vor. "Stella, sie werden uns ru... " doch da werde ich unterbrochen und ein schön gekleideter Antonio tritt ein. "Eure königliche Hoheit. Dürfte ich Euch den Weg zum Ballsaal geleiten?"
Er verbeugt sich und kommt mit einem dicken Grinsen auf uns zu. "Schönheit." flüstert er und streicht mir eine Strähne hinter das Ohr. "Na dann!" sagt Stella und geht zur Tür. Sie bleibt auf dem Flur stehen und Antonio zieht mich hinter sich her. "Es wird dir gefallen. Es sind ganze Massen unten. Natürlich. Sie wollen alle die zukünftige Königin von Fensia beglückwünschen." er zwinkert mir zu und geht die Treppen herunter. Dieser Ball dient dazu der königlichen Familie von Fensia und seinem Hof offiziell ein Willkommen entgegen zu bringen.
Kurz vor dem Ballsaal atme ich nochmal tief durch und schließe die Augen. "Du schaffst das." Antonio tritt an die Wand, klopft zweimal an die Tür und lässt mich alleine.
Als die Türen aufgehen, verstummen die Menschen und blicken zu mir hoch. Ich schaue hinunter und sehe Henrys Gesicht.
Nichts regt sich.
"Prinzessin Anne, zukünftige Königin von Fensia." sagt ein Mann, der an der Treppe steht, und verbeugt sich.
Ich gehe langsam die Treppen hinab und lächele leicht den Menschen zu. Die Musik setzt wieder ein und meine Mutter schaut angespannt zu mir. Alle reden wieder ab und zu und stehlen sie sich einen Blick von mir.
"Ihr seht bezaubernd aus." Die Stimme versetzt mir einen Stich und ich drehe mich um. Ich mache einen tiefen Knicks und er verbeugt sich. "Wollt Ihr mit mir tanzen?"

Ich nicke und muss augenblicklich lächeln. Also muss ich ihm etwas bedeuten, wenn er so nett ist. Etwas nervös folge ich ihm und er dreht mich in den großen Kreis. Schnell fügen wir uns der Menge und tauschen die Partner. Nach einiger Zeit, treffen wir uns wieder und schauen uns tief in die Augen. Betreten schaue ich auf den Boden. "Ist alles in Ordnung, Prinzessin?". Er zieht mich aus der Menge und führt mich zum Balkon. Dort schweigen wir einige Minuten, bis ich das Eis breche. "Versteht mich bitte nicht falsch." er unterbricht mich und sagt "Anne, wir hatten das Duzen ausgemacht. Ich war eben nur so förmlich, weil wir von allen Seiten beobachtet wurden." Ich nicke und beginne weiter zu erzählen. "Also. Versteh mich nicht falsch. Aber es ist so: Ich gehe meinen Pflichten nach. Ich heirate und werde diesem Land und Fensia unterwürfig sein, und eine gute und treue Königin. Doch ich vermisse jetzt schon diese Luft. Dieses Gefühl von meiner Kindheit. Hier bin ich aufgewachsen und ich habe hier alles gelernt. Es ist einfach schrecklich das alles hier hinter mir zu lassen, und zu gehen.". Ich schaue ihn an und versuche herauszufinden, was er gerade denkt. Seine Augen sind zusammengekniffen. "Aber Prinzessin. Wir können immer zurück kommen. Oder du. Keine Sorge. Du verlierst dein altes Leben nicht. Du führst deines weiter. Nur mit mir an deiner Seite." Leidenschaftlich schaut er mich an. Er kommt näher mit seinem Gesicht. Doch abrupt stoppt er. "Tut mir leid. Ich muss gehen." Er dreht sich um und verschwindet. Verwirrt bleibe ich hier stehen. Was sollte das gerade?



Liebe PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt