Kapitel 5

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In der Pause passiert nichts Besonderes. Ich bin bei meinen Freunden, Ramazan und Can bei ihrer Bande und des Weiteren wird mir immer wieder von Saliha mitgeteilt, dass Can zu mir guckt. Wieso er es tut, weiß ich nicht. Geredet habe ich nicht wirklich mit ihm. Dafür habe ich aber gegen ihn gewonnen. 3:0 steht es für mich. Überheblicher Trottel. Wieso ist man so? Kann man nicht einfach ruhig sein, statt sich so groß aufspielen zu wollen? Hat er schon mal jemanden gemobbt und trägt deshalb solche Züge mit sich? Na dann bin ich die richtige Partnerin, die ihn auf den Boden zieht. Gerade befinden wir uns auf dem Weg zur Sporthalle, die wir nur gefunden haben, weil Cathleen gefragt hat. Ich habe mich geschämt zu fragen. Ich mag es nicht, wenn ich jemanden etwas fragen muss. Lieber suche ich Stunden danach. Ich hätte auch einfach Ramazan fragen können, aber irgendwie wollte ich nicht. An der Sporthalle angekommen, warten wir bis Herr Markus kommt, um die Tür aufzuschließen. Solange setzen sich Cathleen und Saliha auf die Stufe vor der Tür, während Viyan und ich stehen. "Ich habe meine Box dabei. Shana, du verbindest dich dann und machst Musik an", sagt Cathleen. Immer, wenn jemand eine Box hat, soll ich die Musik anmachen. Anscheinend hat jeder einen guten Musikgeschmack. "Ey, hat einer von euch eine Zigarette?", fragt uns jemand. Ich erblicke den blauäugigen Jungen, der ebenfalls zu der Bande von Can gehört. Nach einer Sekunde richte ich meinen Blick zu Cathleen. "Nein", antworte ich kühl. "Ja, warte", kommt es von Cathleen, die ihm die Zigarette reicht. Sie ist die Einzige die raucht, aber gewöhnt es sich langsam ab. Jetzt raucht sie nur ein- bis zweimal in zwei Monaten. "Danke."

Der Typ hält es tatsächlich für nötig, uns mit seinem Qualm zu belästigen. Sein Scheißernst? Nimm dir doch keine Kippe und hau ab! Was steht der hier wie bestellt und nicht abgeholt? Will der mich verarschen? "Kannst ruhig zu deinen Freunden gehen, der Geruch stört", weise ich passiv-aggressiv hin. Vielleicht rafft er es ja jetzt. "Nein, danke. Mir gefällt es hier." Ist das sein Ernst? Für wen hält der Typ sich? Als ob irgendjemand hier auf Knien darum gefleht hat, seine dreckige Zigarette bei uns zu rauchen. "Mir gefällt es aber nicht, dass du hier bist!", fahre ich ihn an. Ist heute jeder geil auf einen Streit? "Vielleicht bin ich ja wegen deinen Freundinnen hier?" Will der Typ mich verarschen? Gehen nur Idioten auf diese Schule? Wie gerne ich ihn einfach nur überfahren will. "Dann rauch nicht drei gottverdammten Zentimeter von mir entfernt und geh zu einer meiner Freundinnen, in der Hoffnung, dass eine von ihnen auf dich steht!", rufe ich schon lautstark, sodass viele aufmerksam werden und zu uns gucken. Ich hasse diese unnötigen Diskussionen mit irgendwelchen Möchtegerns. "Was?", herrsche ich nun die anderen an. Was gucken die auch so? Sollen die sich um ihren eigenen Scheiß kümmern! "Ganz ruhig, Shana", höre ich Ramazan lachen. Seine Hände drücken von hinten meine Schultern. Von wo kommt er denn jetzt? "Malik, lass sie in Ruhe, sonst schlägt sie dich noch behindert", lacht er weiterhin und schafft es tatsächlich damit, die Stimmung zu lockern. Na ja, er lockert mich auf, denn dieser Malik war schon die ganze Zeit über entspannt, ganz zu meiner Überraschung. Ich habe eher damit gerechnet, dass er mich auf das Übelste beschimpft.

"Habe ich gemerkt." Wieso lacht dieser Malik jetzt? Lachen die mich aus oder was? "Shana, Malik ist ein ganz lieber Junge. Irgendwann wirst du ihn genauso mögen, wie du mich magst." Ich verdrehe meine Augen, unterdrücke mein kleines Schmunzeln. Ich will nicht zu schnell klein beigeben. "Bestimmt tue ich das." Ramazan nickt. "Ja. Jeder mag doch Afghanen, vor allem, wenn sexy Libanesen neben ihnen stehen." Während Ramazan das sagt, wackelt er mit seinen Augenbrauen. Ich mag ihn immer mehr. "Er ist Afghane? Du siehst gar nicht aus wie ein Afghane, mit deiner blassen Haut und blauen Augen", sagt Saliha etwas überrascht. Tatsache. Ich hätte niemals gedacht, dass er Malik heißt oder Afghane ist. Er sieht weder aus wie ein Malik, noch wie ein Afghane. Ich hätte eher auf einen Cengiz aus dem Schwarzmeer getippt, aber einen blassen Afghanen sehe ich zum ersten Mal. Auf ihre Aussage lacht er nur leicht. Hm, vielleicht ist er doch nicht so, wie ich anfangs dachte. Aber wer weiß? Alles kann sich noch ändern. Herr Markus kommt und schließt die Tür auf, dabei sagt er, dass wir in diesen zwei Stunden machen können, was wir wollen. Da eh keiner von meinen Freunden Sportsachen dabeihat, gehen wir direkt mit unseren Taschen in die Halle.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt