{Prolog}

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Die Nacht hatte die Stadt verschluckt.
Vom Innern der Großstadt New York, ihrem Herz, Manhattan, drang Verkehrslärm in die ärmlichen Bezirke am Rande, die dunkel und nur mit einigen flackernden Laternen bestückt da lagen.
Die Häuser waren klein, zerbrechlich und die Meisten waren bereits ausgezogen, weil die den neuen Bauten der Firmen platz machen mussten, die das Land beansprucht hatten. Manhatten war schliesslich eines der bedeutendste Handels- und Kulturzentren der Welt.
In einem der Häuser brannte noch Licht, obwohl es schon spät in der Nacht war und der eisige Wind um die Hütte strich, als wolle er die Bewohner darin locken heraus zu kommen und in die Sternlose Nacht hinein zu treten.
Es war kein Mond am Himmel zu sehen, er erleuchtete ihn nicht mit seinem silbernen Licht, Niemand kämpfte gegen die Nacht die dunkel und unheilvoll über dem Haus lauerte.
In der Wohnung stand ein Mädchen.
Nicht sonderlich gross und erst dreizehn Jahre alt.
Sie stand vor der Badezimmer Tür und klopfe, in ihrem Gesicht war Angst zu sehen.
Verunsicherung.
Sie war aufgewacht als sie das Weinen ihrer Mutter gehört hatte.
Sofort war sie aus dem warmen Bett gestiegen und auf nackten Füssen über den Kalten Boden zu ihrer Mom gelaufen.
Doch was sie gesehen hatte, machte das kleine Mädchen traurig.
Ihr Seele war rein, sie war noch ein Kind und dennoch musste sie sehen wie sich ihre Mutter erneut einen Schuss verpasst hatte.
Wieder musste sie ihrer eigenen Mutter in die Augen sehen.
Leere Augen, die nichts mehr zeigten ausser eine andere Welt, in der sie schwebte.
Augen die sie, ihre Tochter vergessen hatte, schon wieder.
Traurig aber stark hatte sie ihrer Mutter die Spritze aus dem Arm gezogen und sie ordentlich auf den Tisch gelegt. Dann hatte sie ihre Mutter zurück ins Bett bringen wollen, doch diese Schlug ihren Arm weg, traf dabei ihre Wange.
Das kleine Mädchen zuckte zusammen, doch spürte den Schmerz kaum. Dafür war ihr Innerstes bereits zu betäubt von dem schrecklichen Leben, dass sie führte.
Viel grösser als dieser unwichtige, äusserliche Schmerz war doch der Innere, den sie ihr Jedes Mal zufügte wenn die Tochter zur Mutter wurde.
Das Mädchen weinte nicht, denn ihre Mutter weinte gerade, also musste sie jetzt stark sein.
Die Frau hatte ihre verfilzten und fettigen Haare im Nacken zu einem Knoten gebunden und weinte bitterlich, das Mädchen konnte ihre Angst spüren.
"Mama."
Hatte sie es versucht. "Bitte." Hatte sie gefleht.
Und dennoch hatte sie ihre Mutter weg gestossen und war ins Bad gerannt und hatte abgeschlossen.
Das Mädchen betete.
Schon so oft hatte sie es getan.
Zu Gott und den Engeln dass sie ihr helfen würden, dass sie ihrer Mutter helfen würden und dass sie glücklich sein konnten. Nie hatte sie sich irgendetwas zu ihrem Geburtstag oder Weihnachten gewünscht, weil sie nicht gewollt hatte, dass die Engel dachten, dass sie  gierig war. Sie hatte nur diesen einen Wunsch an die Engel im Himmel gerichtet.
Doch nie hatten sie geholfen.
In der Schule redete sie nie darüber, denn sie liebte ihre Mutter dennoch und würde niemals zulassen dass man schlecht über sie redete.
Die Liebe des Mädchens zu der Frau war unendlich gross, denn sie vergass nicht dass es ihre Mutter war.
Sie vergass nicht dass sie alles für sie aufgegeben hatte.
Sie vergass nicht die Momente in denen sie sich lachend herum geschwungen hatten, bevor ihre Probleme begonnen hatten.
Sie wollte ihrer Mutter das alles zurück geben, damit sie die Liebe spürte die im verletzten Herz des kleinen Mädchens pochte.
Aber ihre Mutter liess es nicht zu, sie stiess sie von sich weg und das verstand das Mädchen nicht.
Sie klopfte an die Türe, bis ihre Fäuste weh taten und die Angst ihr die Luft zum atmen nahm.
Sie hörte das Schluchzen ihrer Mutter, den Badezimmerschrank klirren und danach war es ruhig.
So ruhig dass sie nur noch das Blut in ihrem Kopf hörte und ihre Hand sinken liess.
Angst rauschte in dem kleinen Mädchen auf, ergriff sie und griff mit ihrer dunkeln Hand tief in ihr Herz hinein, das so hatte leiden müssen.
Das Kind bekam Panik, und hörte wie die Türen des kleinen Hauses krachten.
Autotüren, die zugeschlagen wurden und schwere Schritte.
Sie rüttelte am Türknauf und flehte ihre Mutter an dass sie sie rein lassen sollte.
Dass sie ihr helfen wollte.
Dann öffnete sich die Tür und schwang nach hinten auf, sodass das Mädchen einige Schritte in das kleine, schmutzige Bad machen konnte.
Dann blieb sie stehen und das kleine Herz brach.
Zersplitterte in tausend Stücke die sich in ihre Seele bohrte und das Bild für immer verewigten.
Ihre Mutter lag an die Toilette angelehnt da, die Füsse ausgestreckt und den Kopf auf die Seite gelegt.
Sie war blass und sie hatte die Ärmel hoch gekrempelt.
Langsam fuhren die traumatisierten Augen des Mädchens an ihr hinunter.
Ihre Handgelenke waren blutüberströmt, das tiefe Rot verteilte sich auf dem Badezimmer Boden und bildete einen Teppich, einen Teppich des Todes, den die Kleine schmecken konnte.
Das Blut floss um ihre nackten Füsse, das Blut ihrer eigenen Mutter, die sich selbst das Leben genommen hatte.
Die sie alleine zurück gelassen hatte in einer Welt in der sie nicht leben konnte.
Ihr Atem wurde lauter, ein Piepen ertönte in ihrem Kopf während ein lautloser Schluchzer aus dem geöffneten Mund drang.
Das warme Blut schwappte über ihre Füsse und sie sah in die Augen ihrer Mutter.
So leer, nichts war darin, nicht mehr die Frau die ihr Halt auf Erden gewesen war.
Sie krümmte sich, ihr wurde schlecht und alles drehte sich.
Das Weiss und das Rot verschwommen vor ihren Augen, die all diese Eindrücke aufsogen und für immer behalten würde.
Ihr Atem dröhnte laut im Raum und der Spiegel, der zersplitterte Spiegel passte zum Stück, das los in der Hand ihrer Mutter lag.
Ihrer tote Mutter.
Sie hatte sich getötet, sich selbst das Leben genommen.
Sie hatte sie einfach in diesem grausamen Lebeb zurück gelassen, ohne einen Ort wo sie hingehen konnte.
Sie war alleine, alleine in dieser Welt voller Schmerz und ohne Glück.
Ihr Licht in der Nacht war weg und sie hatte das Gefühl in die Dunkelheit zu fallen.
Sie lief zu ihrer Mutter, liess sich auf die Knie fallen, ungeachtet der Flüssigkeit die ihr das Essen hoch kommen liess.
"Mom."
Flüsterte se und spürte die heissen Tränen auf ihren Wangen, schmeckte das Salz auf ihren aufgesprungenen Lippen.
"Bitte du darfs mich nicht allein lassen.
Ich brauche dich doch."
Flüsterte sie mit erstickter stimme.
Aber ihre Mutter schlief. Für immer.
Sie würde nicht wieder aufwachen und sie in ihren Arm nehmen, sie trösten.
Sie war weg und das Mädchen alleine in der Mitte des Blutes.
Draussen hörte sie wie schwere Schritte den Boden zum erzittern brachten.
Jemand war im Haus.
Sie hob den Kopf und nahm alles nur halb wahr, kleine Lichtblitze liessen sie wanken, während des Badezimmerlicht flackerte.
Sie wollte sich an ihre Mutter kuscheln und einfach die Augen schliessen, um das nicht sehen zu müssen.
Das hatte sie immer getan, einfach die Augen geschlossen und wenn sie sie aufgemacht hatte war alles wieder gut gewesen.
Doch dieses Mal nicht. Dieses Mal konnte sie sich nicht davor verschliessen, denn ihre Mutter war kalt und leblos.
Und Männer stürmten in den Gang, während sich das Blut langsam auf den Weg zu ihnen machte, als wolle es sie begrüssen.
Das Mädchen fuhr herum, sie spürte nur die Trauer, doch diese Männer strahlten Gefahr aus, selbst durch den Schleier der sich über ihr kleine Welt gehängt hatte konnte sie das erkennen.
Sie fragte nicht wer sie waren oder was sie wollten:
Sie war intelligent, sie wusste dass es nichts daran ändern würde was sie sah.
Denn ihre Augen logen sie nicht an.
Die Männer hielten Waffen in den Händen.
Pistolen, schwer lagen sie in ihrem grossen Fäusten und sie hatten Uniformen an, schwarz waren sie gekleidet.
Allesamt, wie die Boten des Todes, nur ohne die Flügel der Todesbringer.
Ihre Lippe zitterte und ihr Körper zuckte, sie wollte nicht immer kämpfen.
Sie könnte einfach aufgeben und ihrer Mutter folgen, wo auch immer sie hingegangen war.
Dann wäre es auch vorbei.
Dann wäre sie nicht mehr alleine und voller Angst sondern würde wieder Ihre liebevolle Umarmung spüren.
Aber stattdessen nahm sie die Scherbe langsam aus der Hand ihrer Mutter und sah sie noch einmal an.
Sie konnte bei ihr bleiben und ihr folgen, oder gehen.
Noch nie hatte sie so eine Entscheidung fällen müssen, und das kleine Herz des Mädchens würde nie damit klar kommen, egal welche Möglichkeit sie wählte.
Doch dann schlossen sich die Finger fest darum und sie richtete den Blick auf die Männer, die auf sie zu kamen, im gleichen Schritt, einfach über das Blut rüber.
Sie zitterte, spürte wie sie einfach aufgeben wollte, doch es einfach nicht konnte.
Ihre Taschenlampen richteten sich auf sie und die Wände wurden von hellem Licht verschluckt, während sie die Scherbe hoch hielt, sodass diese das Licht zurück spiegelte.
Sofort hoben sich die Waffen.
Das Mädchen fragte sich wie es war zu sterben, ob sie bald mit Kugeln im
Körper neben ihrer Mutter liegen würde.
Die Umrisse der Männer flackerten, sie sah nur gestikulierte Handbewegungen, niemand Sprach.
Und sie sah ein Schwert, ein Schwert um das sich ein Drache schlang.
Auf jeder Jacke die sie trugen.
Angst stand in ihren Augen geschrieben, als das Mädchen stehen blieb, um nicht zurück zu weichen, vor diesen Riesen die auf sie hinunter sahen.
Ein Mann kniete sich vor das Mädchen, er hielt sanft eine Hand hin, die andere hatte er hinter dem Rücken versteckt.
Er winkte mit der Hand, als wollte er sagen, "komm her, ich tue dir nichts."
Sie glaubte ihm nicht, denn sie sah in seinen Augen keine Gefühle.
Sie sah eine Maschine vor sich die sie nicht als Mädchen sondern Zielobjekt sah.
Lansam machte sie einen Schritt vor um Zeit zu sparen.
Doch was konnte sie tun, sie war dreizehn und diese Männer schienen für sie wie Assasine aus den Filmen in der Schule.
Sie stand dicht vor dem Mann, hielt die Scherbe fest als würde sie die Hand ihrer Mutter halten.
Dann hörte sie neben der Stille und dem Klopfen ihres Herzens und dem leisen Schluchzen das von ihr Kam eine sanfte Stimme.
Eine Stimme die so friedlich und sanft klang, dass ihr Warm wurde und sie schauderte.
"Lauf mein Kind. Mir geht es gut, ich bleibe immer bei dir."
Tränen stiegen in ihre Augen, hörte sie nur ihre Sehnsucht sprechen? Sie war wie erstarrt während sie den Mann ansah, der langsam den Arm hoch hob, den Dolch darin in seiner Jacke versteckt.
"Lauf Amara."
Flüstere die Stimme erneut, dieses mal dringlicher.
Sie widerhallte im Kopf des Mädchens und sie begann zu beben, bevor sie herum fuhr und los rannte.
Keine Sekunde zu früh, die Klinge riss einen Teil ihres Pullis auf, während sie knapp den Händen der bewaffneten Crew entschlüpfte.
Der Gang kam ihr so schmal vor, so eng dass er sie zurück halten wollte, doch die Türe die durch den Garten und den Zaun führte war dicht vor ihr.
Ihre Augen verschütteten ihre Tränen die den Weg hinter ihr säumten, gemeinsam mit dem Blut ihrer Mutter an ihren Füssen.
Den Schmerz konnte sie jedoch nicht abschütteln indem sie weg rannte.
Und doch versuchte sie es, weg zu rennen von allem und jeden.
Die Männer nahmen die Verfolgung nicht auf, sie wussten dass sie so gut wie tot war.
Sie durchbrach die Türe und spürte das nasse Gras an ihren Füssen.
Der eisige Wind hängte sich an sie dran und liess sie nicht mehr los, lähmte ihr Inneres und machte sie langsamer, peitschte in ihren Augen als wolle er mehr von den Tränen sehen, die sie vergoss.
Ihre Füsse rannten blindlings, sie quetschte sich unter dem Zaun hindurch der ihre Kleider aufriss und ihre Haut aufschrammte.
Doch das alles spürte sie nicht, denn nun rannte sie die Strasse entlang, die dunkel und verlassen da lag, inmitten den grossen, hell erleuchteten Stadt vor ihr. Mit diesen hohen Bauten überall.
Sie rannte aus ihrem Leben, verliess es und beendete es offiziell, ihr altes Leben war nun vorbei.
Ihr Blick richtete sich auf die Dunkelheit über ihr.
Um sie herum.
Sie war überall, sog jedes Bisschen Wärme aus dem kleinen Körper und nur noch die Bilder ihrer Toten Mutter, ihres toten Lebens rasten vor ihrem Augen.
Ihre Füsse schrammten über den Boden während sie den harten Beton entlang lief.
Ohne etwas, keine Ahnung wohin sie gehen sollte.
Doch das war ihr egal.
Vielleicht würde am Ende dieser dunklen Strasse ein Licht auf sie warten.
Vielleicht würde ihre Mutter dort ihre Arme ausbreiten und sie mit sich nehmen.
Doch als sie an dem Ende der Strasse ankam war da kein Licht.
Nur noch mehr Dunkelheit.
Die Dunkelheit die ab nun ihr Leben sein würde.
Sie war nur noch ein kleines Mädchen in den Schatten einer riesigen Stadt, deren Geschichte ich nun erzähle.
Denn dieses Mädchen war ich.

Diese Geschichte wird anders sein als meine anderen, ihr werdet so eine vielleicht noch nie gelesen haben. Es soll in einer Welt spielen wo die Regeln zwischen Mann und Frau andere sind, und ich möchte dass ihr ein Mädchen auf die Reise begleitet, die sich darin ihren eigenen Platz erkämpft. Duch Intrigen, Macht, Leidenschaftlicher Hass und Liebe. Das alles mag neu sein, aber ganz sicher wird es spannend werden, wenn ihr auf Liebesdramen und gleichzeitig auf Gefahr steht.
Blättert einfach um und lasst zu dass das Buch euch zwischen seine Seiten zieht, und euch hinein in dieses Leben zieht.
'Es kann Spuren von Sexuellen Szenen und Gewalt enthalten'
Love
Angora77

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt