13. Ein Roadtrip

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Im Radio jagte ein Oldie den nächsten, die Musik verzerrte auf seltsame Weise alles, nahm die Beschleunigung aus der Welt, sodass nichts mehr an die Geschwindigkeit erinnerte, mit der wir uns bewegten. Wie in Zeitlupe glitten meine Augen über die gelben Laternen, die wie kleine Sonnen in einem gleichmäßigen Rhythmus vorbeirauschten. Die Lichter der Häuser malten Schatten auf den feuchten, rabenschwarzen Asphalt und ich stellte mir die Menschen hinter den winzigen Fenstern vor, die im Moment ihre Existenz nicht so intensiv wahrnahmen, wie ich es tat.

Die Straßen schlängelten sich menschenleer zwischen den Häuserriesen hindurch, die Ampeln waren ausgeschaltet, als ob sie schlafen würden, sodass wir niemals anhalten mussten. Vielleicht würden wir das ja wirklich nicht? Wir würden einfach immer weiter fahren, der Wind wahrnehmend, der durch das geöffnete Fenster wehte, die Nacht auf der Zunge schmeckend.

Meine Hand lag wie selbstverständlich auf seinem Unterarm, als hätte sie nie irgendwo anders hingehört und mit der Zeit legte sich meine Nervosität. Bens Katastrophaler Fahrstil riss mich immer wieder aus dem Halbschlaf zurück, bis wir auf einem kleinen Parkplatz hinter einer Apotheke hielten.

„Wir sollten ein bisschen schlafen", murmelte Ben und gähnte herzhaft. „Sehr gerne...", flüsterte ich und bevor ich darüber nachdenken konnte, ob es erlaubt war in einem Auto auf einem Parkplatz zu schlafen, tat ich es auch schon.

Die Sonnenstrahlen, die über mein Gesicht strichen, erinnerten mich daran, dass ich lebte. Als ich dann auch noch die Augen aufschlug und meine eingeschlafenen Beine streckte, erinnerte ich mich auch wieder an meine aktuelle Situation. In einem unbequemen Auto, aber neben einem wundervollen Mann, mit dem ich aus dem Krankenhaus ausgebrochen war. Ich musste mich kneifen, um sicher zu gehen, dass ich nicht immer noch träumte.

„Guten Morgen, Schlafmütze", erklang Bens Stimme, vom Schlafen so rau wie Schleifpapier. „Morgen", antwortete ich verschlafen. Er lachte mich munter an, saß im Schneidersitz, sodass ich fast unter sein Krankenhaushemd, das er immer noch trug, gucken hätte können, würden seine Hände nicht den Stoff herunterdrücken, auf dem Fahrersitz und beobachtete mich.

Ich musste wohl schrecklich aussehen. Verstrubbelte Haare, verlaufende Wimperntusche unten den Augen, stinkend... Außerdem musste ich auf Klo und dringend etwas essen und trinken.

Energisch drückte ich mich von dem weichen Sitz hoch und versuchte, die Autotür aufzudrücken. Vergeblich. Ich schaute ratlos zu Ben, doch der grinste mich nur an. Als ich mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen drückte, sagte Ben: „Die klemmt manchmal. Dann musst du wohl über meine Tür aussteigen."

Bitte, das konnte er haben. Er wollte nur bezwecken, dass ich mich schämte oder wieder rot wurde, aber nicht mit mir! Ich kletterte umständlich über den antiken Schaltknauf, bis ich mich auf seinem Knie abstützen musste, um nicht auf ihn zu fallen. Meine Hand begann zu kribbeln und mein Blut schneller zu fließen, ob von der plötzlichen Nähe zu ihm oder dem Frühsport wusste ich nicht.

„Hey", flüsterte Ben, sein Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt, sodass ich drei winzige Sommersprossen auf seiner Nase, die unregelmäßigen Sprenkel in seinen schläfrigen Augen und die kleine weiße Narbe über seiner Oberlippe wahrnahm.

Ich verharrte in meiner krüppligen Position bis sich seine schlanken Hände um meine Taille schoben und mich zusammenzucken ließen. Er hob mich über sich hinweg und drehte mich um, sodass ich jetzt irgendwie schief auf seinem Schoß hang.

Ohne mich zu bewegen, wartete ich einfach auf die nächste Verrücktheit die er anstellen würde. „Du riechst so gut...", murmelte er, „irgendwie nach frischer Luft und Waschmittel."

„Du riechst nach Kaffee und Krankenhaus. Und ein bisschen nach Pfefferminz", teilte ich ihm mit. Wenn er schon mal mit sowas anfing, konnte ich mich auch darauf einlassen, aus diesem Auto würde ich sowieso nicht entkommen, da seine Arme immer noch meine Taille umschlungen hielten. Ich musste auch zugeben, dass es mir gefiel, so nah bei ihm zu sein, auch wenn mich das immer wieder an den Rand eines Schlaganfalls führte.

Of Foxes and FailureWo Geschichten leben. Entdecke jetzt