Kapitel 11

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P.O.V Cheng

Es macht mich so unglaublich glücklich, dass Ju und ich heute Abend feiern gehen. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass er zustimmt. Wahrscheinlich werde ich es erst richtig glauben können, wenn ich nachher mit Ju im Club stehe und die Musik uns das Hirn wegdröhnt. Ich hoffe wirklich, dass er seine Meinung nicht mehr ändert. Plötzlich kommt mir eine Idee. Ich könnte vielleicht noch ein paar Freunde fragen, ob sie mit uns feiern gehen. Je mehr Leute helfen, desto einfacher ist es Ju von seinen schlechten Gedanken abzulenken. Kurzerhand verfasse ich eine Whatsapp-Nachricht in der steht, dass wir um zehn zum Club fahren und das jeder der Bock hat, gern dort hin kommen kann. Ich verschicke sie an die Apes, Stephan, Viktor, Rob, Jimmy, Melina und Kelly. Hoffentlich haben sie alle Zeit.

Inzwischen ist es schon halb zehn und ich sitze gerade noch in Vince's Zimmer, um mit ihm über den Song zu sprechen, den er für mein Video schreiben soll. Irgendwie kann ich mich jedoch nicht so recht konzentrieren, was Vince natürlich sofort merkt. Ich erzähle ihm, dass ich mit Ju feiern gehe, aber nicht weiß, ob er im Moment so viel Trouble aushält. Anscheinend ist Vince jedoch total begeistert und glücklich darüber, dass Ju die Wohnung mal wieder verlässt. Ich hoffe wirklich, dass es etwas bringt. Nach weiteren fünf Minuten, in denen wir über den Song geredet haben, kommen wir zu dem Schluss, dass es keinen Sinn mehr macht. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren und Vince hat gedanklich sowieso schon den kompletten Song umgesetzt, also lasse ich ihn in seinem Zimmer allein, damit er mit der Aufnahme beginnen kann.

Als ich Ju's Zimmer betrete, ist er gerade dabei sich die Haare nochmal etwas zu stylen. Als er mich sieht, dreht er sich zu mir um und lächelt mich an. Ich kann Unsicherheit und Angst in seinem Gesichtsausdruck erkennen aber Ju der "Starke" überspielt es natürlich mit seinem Lächeln. Wann wird er endlich verstehen, dass er nichts vor mir verstecken muss. Ich habe ihn schon in ganz anderen Situationen gesehen. Schweigend begutachte ich ihn. Er sieht gut aus, dafür dass er sich in den letzten Wochen so gehen lassen hat. Seine Kleidung ist heute ziemlich dunkel und ich kann mir gut vorstellen, dass das sein Inneres widerspiegelt. Er trägt ein enges schwarzes Shirt, eine dunkelblaue Jeansjacke mit Ärmeln und Kapuze aus schwarzem Sweat-Stoff und eine dunkelgraue Jeans. Seine neuen roten Nikes passen ziemlich gut dazu und allgemein muss ich sagen, dass er sich schon echt schick gemacht hat. Das Einzige was mich stört, ist wieder mal wie dünn er geworden ist. Durch sein enges Shirt kann man nicht nur sein Sixpack sondern auch deutlich seine Knochen sehen. Ich beschließe aber, ihn jetzt nicht darauf anzusprechen, da er sich jetzt wegen jeder Kleinigkeit noch um entscheiden und zuhause bleiben könnte. Und das will ich keinesfalls riskieren. "Können wir los?", frage ich. "Klar," erwidert Ju, "ich hol nur noch schnell die Kippen." Ich seufze. Das Letzte was ich will ist, dass Ju wieder anfängt regelmäßig zu rauchen. Er hat damals schon geraucht, aber da hat es wohl eher zu seinem Bad Boy Image gepasst, als ihm irgendwas zu bringen. Ein kleiner Bad Boy ist er heute noch, aber er hat eingesehen, dass das Rauchen seiner Gesundheit schadet und die Kondition die er beim Tanzen braucht, verschlechtert. Deshalb hat er auch aufgehört, dachte ich jedenfalls. Mit Geldbeutel und Zigaretten ausgestattet, steht er nun an der Tür und wartet auf mich. Schnell verabschieden wir uns noch von Joon und Vince, die uns beide viel Spaß wünschen und begeben uns dann auf den Weg nach unten. Wenig später sitzen wir in einem Taxi und fahren zum Club. Ich schreibe schnell den anderen, die glücklicherweise alle, bis auf Jan, der noch arbeiten muss, zugesagt haben, dass sie Ju bitte weder auf seine YouTube-Pause, noch auf sein vielleicht etwas komisches Verhalten ansprechen sollen. Ich habe das Gefühl, ihn beschützen zu müssen, denn wie er so neben mir sitzt, sieht er schon sehr zerbrechlich und etwas ängstlich aus. Die Taxifahrt verläuft ruhig. Ju und ich sind wohl beide zu angespannt, um zu reden und der Fahrer ist zum Glück auch nicht sehr gesprächig. Nach etwa zehn Minuten kommen wir am Club an und ich drücke ihm die Bezahlung in die Hand. Etwas mürrisch bedankt er sich und wünscht uns noch einen schönen Abend. Irgendwie tut er mir ja schon etwas Leid. Den ganzen Tag Leute herum zu kutschieren, die meistens auch noch schlecht gelaunt sind und kein Trinkgeld geben, wäre nichts für mich. Er hat auf jeden Fall Respekt verdient und ich hätte ihm auch noch mehr Trinkgeld gegeben aber ich muss mir ja auch noch ein paar Drinks leisten können. Ju und ich steigen aus dem Wagen aus und gehen Richtung Club. Viel scheint nicht los zu sein, weshalb wir die anderen auch schneller finden als gedacht. Zur Begrüßung umarme ich alle kurz und Ju tut es mir gleich. Als ich Viktor umarme, flüstere ich ihm ins Ohr "Es ist fast so schlimm wie damals", was auf Ju's Depression bezogen ist. Vik schaut mich traurig an, jedoch haben wir keine Zeit, weiter darüber zu reden, da die anderen schon voraus gegangen sind.

Angekommen im Club, begeben sich die meisten von uns erst mal zur Bar. So auch Ju und ich. Ich setze mich neben ihn auf einen Barhocker und frage ihn was er trinken will. Es ist wirklich schwer, seine Antwort zu verstehen, da die Musik verdammt laut ist aber ich meine, ein "Vodka Bull" von seinen Lippen ablesen zu können. Also bestelle ich uns zwei Drinks und bezahle. Ju sieht mich fragend an und ich beuge mich zu ihm, sodass er mich verstehen kann und sage "Ich lad dich ein!". Er lächelt mich dankend an und nimmt seinen Drink.

Wir verbringen einige Zeit an der Bar und beobachten die tanzende Masse. Irgendwann gesellt sich Cengiz, der wohl keine Lust mehr auf tanzen hat, zu uns. "Heeey Justus Bumm ist am Start!", ruft er laut. Er hat wohl schon ein bisschen was getrunken aber wir sind auch nicht mehr ganz nüchtern, weshalb uns seine undeutliche Aussprache nicht wirklich stört. Ju lacht und klopft Cengiz auf die Schulter. Da ist es wieder, dieses Lachen. Es macht mich glücklich, Ju lachen zu sehen und zu wissen, dass es ein echtes Lachen ist. Plötzlich schnipst jemand vor meinem Gesicht herum und ich kehre in die Realität zurück. Anscheinend habe ich ein bisschen zu intensiv über Ju's Lachen nachgedacht. Ups. Cengiz wedelt mit der Hand vor meinem Gesicht herum und schlägt mir dabei fast auf die Nase. Ich halte seine Hand fest, um ihm zu zeigen, dass ich ihn bemerkt habe. Er zeigt auf die Theke, wo drei Shotgläser stehen, die wohl für uns bestimmt sind. Anscheinend gibt er ne Runde aus. Ju und ich lassen uns nicht zweimal bitten und greifen uns je einen Shot. Innerhalb kürzester Zeit haben wir sie geleert und eine angenehme Wärme breitet sich in meinem Brustkorb aus. Ich habe schon ein bisschen was getrunken und langsam spüre ich, wie der Alkohol zu wirken beginnt. Als ich Ju ansehe, wird mir jedoch bewusst, dass seine Grenze wohl schon erreicht ist, denn er ist aufgestanden und tanzt jetzt zu irgendeinem dieser komischen Deep House Songs, wenn man das überhaupt noch Tanzen nennen kann. Er scheint total betrunken zu sein und ich beschließe, dass es das beste ist, mit ihm mal an die frische Luft zu gehen. Es erweist sich jedoch als ziemlich schwierig, ihn aus dem Club zu befördern, denn er kann kaum noch gerade laufen. Doch irgendwann schaffe ich es dann doch noch.

Broken (Ju x Cheng ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt