Kapitel 35

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Elly erwachte mit einem pochenden Schädel, alles drehte sich und ihr war schlecht. Beinah hätte sie ihren Mageninhalt geleert, auch wenn sie bezweifelte, dass dort überhaupt noch etwas drin war. Ihr Körper schmerzte und sie fühlte sich, als wäre sie einmal durchgekaut und wieder ausgespuckt worden.

Noch immer ein wenig benommen, versuchte sie ihre bruchstückhaften Erinnerungen zu einem ganzen zusammenzufügen, was sich als schwieriger rausstellte als gedacht. Sobald sie versuchte, nach einzelnen Bildern zu greifen die in ihrem Gedächtnis aufblitzten, verschwanden sie wieder.

Frustriert rieb Elly über ihre Stirn. Was war nur geschehen und wie war sie an einen solch düsteren Ort gelangt? Unbehagen breitete sich in ihr aus, als sie eine Pelzdecke zur Seite schob und aus einem riesigen Himmelbett stieg. Elly klapperte mit den Zähnen und legte die Hände um ihren Körper, es war kühl und sie hatte rein garnichts an. Unsicher nahm sie ihre Umgebung in Augenschein. Die Inneneinrichtung bestand aus einem Bücherregal, einem kunstvollen Spiegel und mehreren Stühlen die ordentlich an einen Tisch geschoben wurden. Inmitten des Raumes lag ein teuer wirkender schwarzer Teppich. Zwei Kerzen sorgten dafür, dass Elly genug sehen konnte doch die Atmosphäre an diesem Ort war unheimlich.

Mondlicht fiel durch ein offenes Fenster in ihrer Nähe und die dunklen Vorhänge wehten leicht im Wind. Elly schloss das Fenster und runzelte die Stirn, als sie ein wunderschönes rotes Kleid erspähte, dass über einem der Stühle lag. War das etwa für sie? Sie fackelte nicht lange und zog sich an. Alles war besser, als irgendwelchen Fremden nackt gegenüber zu treten. Die Tatsache, dass wer auch immer sie hierher gebracht hatte, Wert darauf legte, dass sie gut gekleidet war beruhigte sie. Das bedeutete zumindest, dass ihren Entführern etwas an ihr lag und sie vermutlich nicht als Leiche in einem Keller landen würde. Falls sie überhaupt entführt wurde. Ein leichter Schwindelanfall packte Elly, als sie versuchte ihre Erinnerungen erneut hervorzurufen. Mit Mühe stützte sie sich an der Tischkante ab und drängte ihre Verzweiflung zurück, als sie wie schon zuvor, rein garnichts herausfinden konnte. Was war bloß los mit ihr, war sie vielleicht krank?

Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr keine Auffälligkeiten, die auf eine ihr bekannte Krankheit zurückzuführen wären. Das Einzige was sie feststellte war, dass sie schrecklich aussah und einige kleinere Verletzungen und Schürfwunden hatte. Ihre Haare waren zerzaust und dunkle Schatten hatten sich unter ihren Augen gebildet. Der einzige Lichtblick war ihr Kleid, das im völligen Kontrast zum Rest ihres Äußeren stand.

Ein kaum erkennbares Tattoo an ihrem linken Handgelenk zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Verwirrt fuhr sie die blassen Linien mit den Fingerspitzen entlang.

Schritte näherten sich von draußen und ihr Herz pochte laut. Hektisch sah sie sich nach einem Gegenstand um, mit dem sie sich im Notfall verteidigen konnte. Ihre Augen blieben an einer leeren Blumenvase hängen, die auf dem Tisch stand. Ohne zu zögern schnappte sie sich das kleine Gefäß und versuchte, ihren Puls zu beruhigen. Die Tür öffnete sich leise und ein Mann mit blonden Haaren betrat das Zimmer. Er musterte Elly mit einem Glitzern in den Augen, dass ihr Angst einjagte. "Du bist wach" sagte er schließlich und Elly zuckte vor Schreck zusammen, als sie seine Stimme erkannte. Mit lautem Krach landete die Vase auf dem Holzboden und zersprang in mehrere Einzelteile.

Sie riss die Augen weit auf und mit einem mal kehrten alle Erinnerungen daran, was er ihr angetan und zu was er sie getrieben hatte, in ihr Gedächtnis zurück. Sie keuchte auf und wäre beinah von ihren eigenen Schuldgefühlen entzwei gerissen worden. Schmerzhaft wurde ihr bewusst, dass sie dank Silas Manipulation nicht nur Edan auf dem Gewissen hatte, sondern auch für den Tot vieler unschuldiger Elfen verantwortlich war. Sie sah die Dinge nun klar vor sich, als hätte sich Silas Einfluss auf sie in Luft aufgelöst.

"Alles in Ordnung mein Engel?" fragte er besorgt und ließ seinen Blick über ihre schuppenfreie Haut gleiten. Dieser Mann war falsch, hatte sie benutzt, mit ihr gespielt. Ellys Gefühle veränderten sich und mit jeder Sekunde die verging, stieg ihre Wut auf ihn weiter an. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte sie niemals ein Leben genommen. Elly knirschte mit den Zähnen und ballte die Hände zu Fäusten. Nun war es zu spät und sie musste für immer mit dieser Schuld leben.

Gefährtin des Schwarzdrachen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt