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Manchmal, wenn Louis und ich uns lachend durch Hotelzimmer jagen, den anderen Streiche spielen oder uns gegenseitig Geschichten erzählen, ist alles okay. In solchen Momenten habe ich das Gefühl, dass ich nichts im Leben brauchen könnte, als das, was ich habe. Er und ich. Freunde für immer.

Aber manchmal liegen wir im Bett und Louis' Hand streicht sanft über meinen nackten Bauch. Ich schließe die Augen, als er näher rutscht und seine Nase meinen Hals berührt, sein Atem über meine Haut streicht. Wenn er in Kuschelstimmung ist, kommt er immer viel näher. Mir wird warm und ich glaube, er weiß, was er in mir auslöst.

Als seine Hand über meine Brust streicht, murmelt er „dein Herz rast". Es ist nicht abfällig oder aufziehend, einfach nur eine Feststellung.

„Deine Schuld", flüstere ich. Daraufhin sagt er nichts. Er legt sein Bein über meins, hält mich fest, bis er irgendwann einschläft und ich noch ewig mit Herzrasen daliege und mich dafür verfluche, mehr zu wollen. 

Am Morgen holt mich der Alltag wieder ein. Lange Telefonate mit Eleanor, die er versucht zu verheimlichen, Fans, die auf Twitter schreiben, wie süß die beiden zusammen sind. Und dann wächst jedes Mal dieser Drang in mir, es allen zu zeigen. Allen zu zeigen, dass ich nicht abhängig bin. Dass ich Louis nicht brauche.

Das erste Mal, als ich es ein bisschen übertreibe, fragt Liam mich, ob alles okay ist. Eleanor ist zu Besuch in Amerika und ich musste in der Nacht irgendwann die Orientierung verloren haben. Ich bin immer noch betrunken, aber mittlerweile wieder bei Sinnen. Ich weiß nicht mehr was passiert ist, aber Liam sitzt neben mir in einem Taxi.

„Wenn du kotzen musst, bitte nicht auf mich." Er sagt das mit einem Lachen, aber ich erkenne Sorge in seinem Blick.

Ich nicke nur, mein Kopf ist voll und mir tut alles weh. Ich muss unwillkürlich an Louis denken, daran, dass er gerade mit ihr zusammen ist.

„Ist alles okay bei dir?", fragt Liam, so wie wenn man die Antwort wirklich wissen will und kein einfaches ja erwartet.

Ich grinse, weil ich seinen sorgevollen Blick nicht länger ertrage. „Alles cool. Ich genieße nur meine Jugend. Kein Grund zur Sorge."

„Okay." Er scheint das zu akzeptieren. „Übertreib's aber nicht, ja?" Er streicht mir durch die Haare. Ich schließe die Augen und lehne mich gegen seine Schulter. „Wehe du musst kotzen", fügt er dann hinzu und wir lachen beide.

~~

Als Eleanor wieder abreist, ist es wieder einfacher, zu verdrängen. Aber trotzdem bleibt dieses leere Gefühl, dass mich immer wieder nach draußen treibt.

Der Typ ist bestimmt 10 Jahre älter als ich und trägt schrille Klamotten, eine neongrüne Sonnenbrille obwohl es Nacht ist und bunte Schnürsenkel. Ich weiß nicht so ganz, wieso ich mir ausgerechnet ihn ausgesucht habe. Vielleicht weil er mich so zielstrebig angetanzt hat. Vielleicht war es mir auch einfach egal.

Er stößt sich immer wieder in mich, gegen die Wand. Wir sind beide betrunken, er vielleicht ein bisschen zu viel, oder vielleicht steht er auch einfach darauf, auf jeden Fall ist er grob  und seine Finger bohren sich in meine Oberschenkel, sodass sie Abdrücke in meiner Haut hinterlassen. 

Es stört mich nicht sonderlich. Im Gegenteil - ich mag es, weil ich so an nichts anderes denken muss. Ich bin weder schwach noch zerbrechlich. Trotzdem tut mein Körper weh, als ich später unter die Bettdecke krieche.

Louis blinzelt mich müde an. Manchmal frage ich mich, ob er nachts wach liegt und auf mich wartet. Ich stelle mir vor, wie er nachdenkt, darüber wo ich gerade bin und was ich mache. Ich wünschte es wäre so. „Hey", murmelt er. „Wie war's?"

„Hi." Ich lege mich auf den Rücken. „Wenn du mich das jedes Mal fragst, werde ich irgendwann anfangen, dir jedes schmutzige Detail zu erzählen."

Er lacht. „Vielleicht will ich das ja auch."

Ich hebe die Augenbrauen. Auf dem Rücken liegen tut weh, also drehe ich mich auf die Seite, ihm zugewandt. „Okay. Wenn du es genau wissen willst ... Mein Hintern tut verdammt weh."

Louis lacht. Dann zieht er mich an sich. „Danke für die Info."

Ich grinse gegen seinen Hals und lege noch einen drauf. „Ernsthaft, ich glaube ich hab morgen blaue Flecken überall, weil er mich ständig gegen die Wand gestoßen hat."

Louis muss wieder lachen, gibt ein gequältes Geräusch von sich. Ich lache auch und kuschele mich dichter an ihn. „Sah er wenigstens gut aus?"

Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich hab nicht in sein Gesicht gesehen." Ich überlege kurz, und beschließe dann, Louis doch noch ein bisschen zu ärgern. „Aber er war ziemlich ... groß, wenn du weißt was ich meine."

„Oh mein Gott, Harry." Ich höre ihn gegen meinen Hals lachen. „Wenn du nicht so süß wärst, würde ich dich rausschmeißen."

Ich grinse. „Dann habe ich ja Glück gehabt, dass ich so süß bin", sage ich und spüre, wie er nickt.

Wir schweigen für einen Moment. Ich bin schon halb eingeschlafen, als Louis schließlich fragt: „Tut es sehr weh?"

„Es geht."

Er räuspert sich und ich werde aufmerksam, merke, dass er irgendetwas loswerden will. Ich sehe auf und blinzele zu ihm hoch. Unsere Gesichter sind so nah, dass ich jedes kleinste Detail erkennen kann. Sein Blick liegt gedankenverloren irgendwo auf der Wand. „Ich kann mir das gar nicht vorstellen, mit einem Mann", sagt er schließlich. Mein Bauch zieht sich zusammen. Ich lege meinen Kopf zurück an seinen Hals und atme langsam ein und aus.

„Es ist gar nicht so anders", sage ich. Wir kennen uns lange genug, um über solche Dinge zu reden und es ist auch nicht das erste Mal, dass wir auf das Thema Sex kommen. Bloß ging es sonst immer um Sex mit Frauen.

„Bist du immer ... unten?", will er schließlich wissen.

„Meistens ..."

„Ich glaube ich könnte das nicht", erwidert Louis. „Mich von jemandem so ... öffnen zu lassen."

Das musst du auch nicht, will ich sagen. Ich liege gerne unten. Plötzlich stelle ich mir vor, wie wir es ausprobieren, hier und jetzt, Louis und ich, und mir wird sofort wärmer.

„Es ist gar nicht so schlecht, wenn man sich daran gewöhnt hat."

Er lacht. „Das glaube ich dir aufs Wort. So oft wie du nachts weggehst."

Ich weiß, dass Louis das nicht abfällig meint, aber muss trotzdem lange darüber nachdenken. Ich antworte nicht. Irgendwann höre ich sein leises Schnarchen und denke an all die Dinge, die ich sagen könnte.

Dass ich nicht wegen dem Sex, sondern wegen dem Drang zu Vergessen nachts um die Häuser ziehe. Dass ich jedem beweisen will, dass ich Louis nicht brauche. Dass ich nach Wärme zu suchen, die ich nie finde, dass ich mit allen intim sein will, die ich haben kann, weil der eine, den ich will, mich nicht will .... Aber ich sage nichts. Louis muss das nicht wissen. Vielleicht weiß er es auch. Es macht keinen Unterschied.

I want all that is not mineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt