Prolog

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„Ich bin froh, dass wir uns sehen,Tim." Tim wusste, dass sein bester Freund lächelte, auch, wenn er nicht bei ihm war. Er konnte es in Stegis Stimme heraushören, er kannte ihn einfach zu gut. Die beiden kannten sich viel zu gut, und auch, wenn sie sich fast nie sahen, waren sie beste Freunde. Für Stegi war es wichtig, dass er immer Kontakt zu seinem braunhaarigen Freund hatte, deshalb konnte es auch schon einmal vorkommen, dass sie bis zu zwölf Stunden in ihrem Ts saßen und redeten. „Ich auch, es ist so unglaublich lange her, als ich dir das letzte Mal durch die Haare gewuschelt habe, Blondi." Angesprochener kicherte.

Es war wirklich lange her, als sich die beiden gesehen haben und in dieser Zeit - Stegi glaubte, dass es mindestens ein halbes Jahr gewesen sein musste – war so viel passiert. Stegi war sich nun wirklich nicht mehr so sicher, ob er voll und ganz hetero war, und eigentlich war er sich bei gar nichts mehr so sicher. Er mochte seine blonden Haare nicht mehr, seine grünen Augen waren auch langweilig, eigentlich war alles an ihm langweilig. Stegi war – trotz allem – glücklich und sein Leben lief gut, wirklich, er hatte einen gut bezahlten Nebenjob, einen besten Freund, eine glückliche Familie und sein Youtube Kanal lief, wenn er denn ein Video hochladen konnte, gut.

Dennoch war Stegi unzufrieden mit sich, eigentlich konnte er es nicht unzufrieden nennen, eigentlich konnte er es gar nicht benennen, wie er sich fühlte, aber das war auch egal.

„Wann kommst du denn, Timmi?" Stegi lachte aufgeregt und sah sich prüfend in seinem Zimmer um, er wollte, dass Tim genug Platz hatte, wenn er kam.

„In drei Woche, da hab ich frei."

„Ich freue mich verdammt. Oh Gott." Wieder kicherte er, Tim liebte Stegis Kichern.

„Sag mal, was ist eigentlich los mit dir? Du bist so komisch. Also nicht du, sondern dein Twitter, also schon du, irgendwie." Tim hatte genau das angesprochen, was Stegi vermeiden wollte, dass er ansprach.

„Eh.", unsicher blies Stegi die Luft aus seiner Lunge und stieß sich mit letzter Kraft vom Schreibtisch ab. Er war unsicher geworden, sein Freund wusste das natürlich, er kannte seinen blonden Freund.

„Ich muss auflegen. Uni und so." Ohne auf eine Antwort zu warten, ließ Stegi sein Headset auf den Boden fallen, mutete sich und schleppte sich in sein Bett.

Und schon lag der kleine blonde in seinem Bett. Er besaß immer noch sein altes Kinderbett, war aber zufrieden damit und hatte auch nicht vor, irgendwas zu ändern.

Sein Handy lag ebenfalls unzufrieden in seinen Händen und es schien, als würde es schlafen, ganz ruhig, als hätte es keine Probleme, dennoch war es unglücklich. Genau wie Stegi.

Wieder einmal durchsuchte er sein Handy nach irgendwelchen Heterogifs auf Twitter, likte sie. Für ihn war die Sache klar: Wenn er etwas wollte, musste er es nur so lange ansehen, bis er es bekam. Ähnlich, wie ein kleines Kind, dass am Schaufenster stand und seine fettigen Hände an die Scheibe drückte. Das Kind hatte ein Spielzeug gesehen und starrte solange darauf, ließ sich von nichts ablenken und hörte nicht auf seine Mutter, bis es dieses Spielzeug bekam. Und für Stegi war es eben so, dass er nicht schwul sein wollte, nicht auf seinen besten Freund stehen wollte und auch nicht wollte, dass es irgendjemand weiß. Niemand sollte es wissen und Stegi, so dachte er, könnte es einfach verdrängen. So machten es doch viele, oder? Warum konnte er es dann nicht auch so machen, wie die anderen? Vielleicht lag es an der Tatsache, dass er nicht war, wie die anderen und dass er auch gar nicht so denken wollte. Eigentlich war es egal, ob er schwul, hetero oder bisexuell war, es war sicherlich egal, natürlich war es egal, er war Stegi und Stegi konnte sein, wer er wollte. Okay, das konnte er nicht, er konnte nicht selbst entscheiden ob er schwul oder normal war, ob  in seinen besten Freund verliebt oder nicht, er konnte nur entscheiden ob er aß oder schlief (Eigentlich konnte er dies auch nicht, er war aufgeschmissen) Er hatte keine Kontrolle über sich, doch gerade war es egal, er likte nur weiter irgendwelche Gifs  und hoffte darauf, dass Tim dies sah und sich zufrieden zurücklehnte. Doch Tim saß nur unzufrieden vor seinem Bildschirm, runzelte die Stirn und wunderte sich über das Verhalten seines besten Freundes.

Die Nacht von Hetero auf Homo // Stexpert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt