Chapter 37

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Memento mori

***

"Wie geht es dir Kathy?" Meine Mum lächelt mich an.

"Wie man's nimmt. Und dir Mama?" Der Gedanke tut weh, dass eine Mutter die eigene Tochter jeden Tag im Krankenhaus besuchen kommt.

"Mir geht es gut Schatz." Sie lächelte, doch es war das falscheste Lächeln, was ich seit langem nicht mehr bei ihr gesehen habe.

Ich weiß, dass es ihr nicht gut geht, doch meist versteckt sie dies hinter einem recht gut gefaketen Lächeln. Doch heute ist es anders.

Heute sieht man den Aufwand, den sie ins Lächeln steckt. Die ganze Kraft, die sie nehmen muss, damit dieses Lächeln zustande kommt.

"Was ist los?"

"Was soll los sein? Hast du schon gegessen?", ich hasse es, wenn meine Mutter das Thema wechselt, um etwas zu verbergen.

"Sprich mit mir. Was ist los?"

"Na gut. Ich war gerade beim Arzt. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll." Ich merkte, wie sie zitterte.

Sie setzt sich auf den Stuhl, der neben meinem Krankenbett steht und ich stehe vor ihr und schaue sie erwartungsvoll an.

Soll ich mit dem schlimmsten rechnen?

"Mum. Was ist los?"

Die erste Träne lief ihr runter und meine Frage von eben war beantwortet.

Würde ich schlechte Nachrichten verkraften?

Ich bin so geschwächt von der  Chemo, würde ich das verkraften?

"Die Ärzte haben gesagt.." Sie stockte und das Buch, was ich in der  Hand hielt fühlte sich aufeinmal ganz schwer an. Meine Kraft war wie vom Erdboden verschluckt.

"Die Chemo schlägt nicht an."

Mein Buch fiel hin. Es fiel auf den Boden und wäre mein Buch aus Glas gewesen, dann wäre es in tausend Teilchen zerbrochen.

"Das heißt was?" presste ich hervor. Zum Atmen musste ich mich konzentrieren, ansonsten würde ich hyperventilieren.

"Sie wissen nicht wie lange, aber du hast noch..."

"Wovon sprichst du?" Meine Füße fühlten sich an wie Wackelpudding und mein Bett gab mir Halt. Ich saß auf meiner Matratze und meine Hände ballte ich zu Fäusten.

"Wie viel Zeit du noch hast."

Und ein weiteres 'Es tut mir leid' konnte ich in mein Buch schreiben.

Weil ich es nicht geschafft habe.

Weil mein Körper versagt hat.

Weil, wer auch immer da oben auf uns hinunter schaut, mir nicht ein richtiges Leben geschenkt hat.

Weil ich einfach nicht zum leben gemacht wurde.

KrebsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt