Das Geschäft 1

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„Laura? Kind? Was ist mit dir?" Ich konnte meine Tränen nicht länger zurück halten und schon gar nicht wenn meine Mama so mit mir sprach. Ich konnte ihr einfach nichts verheimlichen, zumindest nicht das ich weinte. Zum Glück waren wir nur am Telefonieren, sonst wäre mir das Lügen vielleicht etwas schwerer gefallen. „Oh Mama, heute ist einfach nur nicht mein Tag" stotterte ich zwischen meine Schluchzer und Seufzer. „Ja aber es muss doch etwas passiert sein oder nicht? Man weint doch nicht einfach so! Schatz magst du nicht nach Hause kommen und wir reden? Papa ist noch im Geschäft und wir wären auch alleine" ich nickte obwohl sie das doch überhaupt nicht sehen konnte und doch wäre es wirklich schön gewesen sich in den Armen von ihr auszuheulen. Carsten und ich hatten am Abend zuvor einen extremen Streit, der ganz schön ausuferte und alles weil ihm nicht schmeckte was ich gekocht hatte. Ich musste länger arbeiten, darum brachte ich nur eine Tiefkühl-Lasagne mit aus dem Laden in dem ich arbeitete. Er hatte dafür überhaupt kein Verständnis und warf erst den Teller an die Wand, dann klatschte sein Handrücken in mein Gesicht. Erst dachte ich es wäre mit Absicht gewesen, doch er beteuerte dies und entschuldigte sich immer und immer wieder. Er versuchte mir zu erklären, dass ich ungünstig stand und ich glaubte ihm diese Sicht der Dinge. Wieso hätte er dies auch mit Absicht machen sollen? Nur weil er mich kurz davor an meinem Pferdschwanz packte, erst daran zog und mir dann den Kopf vorn überdrückte und ich mit der Nase fast auf der heißen Lasagne gewesen wäre? An diese Art der Behandlung hatte ich mich schon längst gewöhnt, doch geschlagen hat er mich nie. Meine Mutter versuchte mich weiter davon zu überzeugen zu ihr zu kommen um einen Kaffee zu trinken zur Beruhigung, doch ich hing meinen Gedanken weiter nach. Ich dachte daran, wie das so alles mit Carsten anfing und musste sogar leicht anfangen dabei zu Lächeln, was den Strom der Tränen unterbrach. Carsten und ich lernten uns im Geschäft von meinem Vater kennen. Er war gerade mit seiner Maurerlehre fertig gewesen als mein Vater ihn einstellte und da mein Vater sich mehr vor Ort aufhalten wollte, kam ihm der junge Maurer ganz gelegen, dessen Zeugnisse nur für ihn sprachen. Mein Vater hielt große Stücke auf ihn und behandelte ihn bald wie seinen Sohn den er nie hatte und sich doch so sehr wünschte. Was natürlich die Beziehung zu mir nicht trübte. Ich war seine Prinzessen, der er jeden Wunsch erfüllte und doch machte es ihn ganz besonders stolz als ich ihm erklärte ich wolle Fußball spielen. Anfangs glaubte er, es wäre nur eine Phase. Doch als er merkte, dass mich diese Leidenschaft packte wie ein Feuer, stand er voll und ganz hinter mir und kaufte mir ständig alles neu was ich für dieses Hobby brauchte. Egal wieviel er im Geschäft zu tun hatte, er stand bei jedem Spiel am Spielfeldrand und feuerte mich an. Ich war das einzige Mädchen in der Mannschaft und ich glaube das war auch ein Grund mit, warum er immer zu gegen war. Er versuchte mich auch oft dazu zubewegen den Verein zu wechseln. Zu einem der auch eine Mädchenmannschaft hatte, doch ich liebte es mich zu beweisen gegen die Jungs und kurz darauf kam auch schon Denise in die Mannschaft. Es ging nicht lang und wir mischten die Jungs zusammen auf. Doch dann kam eben Carsten und ein paar Dinge änderten sich. Er war schon fast ein Jahr bei uns in der Firma, als die Sache zwischen uns beiden anfing. Es war mein letzter Sommer in Freiheit. Nach den Ferien fing meine Ausbildung im Einzelhandel an und somit das ernste Leben. Ich war gerade 16 geworden und kam vom Fußballtraining und da Ferien waren, half ich im Geschäft mit. Carsten stand plötzlich neben mir mit einer eiskalten Cola „na, hast du Durst?" Natürlich hatte ich den! Ich musste die Lagerräume wischen, was eine sehr staubige Angelegenheit war und ich schon eine Staublunge davon hatte. Schüchtern wie ich war, nahm ich sie dankend an und ehe ich mich versah, saßen wir schon bei einem Eisbecher in der Eisdiele um die Ecke. Der Rest vom Sommer verbrachten wir so gut wie jeden Tag zusammen und er war so ganz anders als all die Jungs in meiner Klasse oder die vom Fußball. Klar er war ja auch 3 Jahre älter als ich und ich schaute zu ihm auf. Er war der Held, direkt nach meinem Vater und ich verstand immer mehr warum er an Carsten solch einen Narren gefressen hatte. Anfangs wollte ich diese Beziehung geheim halten. Wollte damit nicht unnötig Ärger in der Firma heraufbeschwören. Doch am Geburtstag von meinem Vater kam es dann raus und alles nur, weil meine Mutter uns erwischte wie wir im Garten, hinter dem Schuppen, knutschten. Mein Vater überschlug sich fast vor Freude, weil er ja in Carsten den perfekten Mann für mich sah und so würde er ja doch noch zur Familie gehören. Mir war das eigentlich alles gar nicht so recht, dennoch machte ich irgendwie das Beste daraus, warum auch nicht? Carsten war süß, lieb und hatte immer für alles Verständnis. Ja, wir liebten uns einfach oder wie war es zu erklären das er volle zwei Jahre wartete bis wir das erste Mal Sex hatten? Er schenkte mir mein erstes Mal zu meinem 18. Geburtstag und ich fand es so süß von ihm. Natürlich hatte ich es mir schon längst gewünscht, doch meine Mutter hatte mich so ins Gebet genommen, das ich damit warten sollte bis ich mich wirklich bereit dafür fühlte. Dann war es wirklich soweit. Carsten hatte in seiner kleinen Bude alles total romantisch eingerichtet, mit Kerzen und leichter Musik. Ein bisschen Wein und Linguine vom Italiener. Klar hatte er nicht selbst gekocht, aber zumindest hatte er die Nudeln auf einem normalen Teller angerichtet. Nach dem Essen tanzten wir ein bisschen und landeten im Bett. Ich konnte überhaupt nichts Schlechtes daran finden. Ganz im Gegenteil, ab dieser Nacht, verging erst mal keinen Moment mehr in dem wir es nicht trieben. Hätte ich jedoch gewusst was nur wenige Jahr später auf mich zukommt, hätte ich wohl viel früher das Ruder rum gerissen und wäre so schnell wie möglich in die andere Richtung davon gelaufen. Irgendwann hängt man einfach in der Scheiße und lebt damit und dies Tag für Tag. Wir zogen zusammen, ein Jahr nach dem ich meine Lehrer beendet hatte und anfangs war auch alles immer noch super. Es sah nach Ewigkeit aus, doch irgendwie änderte es sich. Nicht gleich, mehr schleichend und Stück für Stück kam die Veränderung und es war meist nur Streit aber eben nie ernsthaft. Als ich das erste Mal davon meiner Mutter durch die Blume was sagte, war ihre Meinung, ich sollte mich nicht so anstellen, es würde dazu gehören. Eine Frau hat dem Mann zu gehorchen und sollte immer für ihn da sein. Wenn wir mal streiten, wäre das nur auf den Stress zurück zuführen den Carsten hatte durch die Arbeit. Meinem Vater ging es altersbedingt immer schlechter und Carsten wurde immer mehr einbezogen. Sie hatte damit ja Recht und ich war nicht blind. Also glaubte ich ihr die Sache mit dem Stress, der an diesen Ausbrüchen schuld sein sollte. Dennoch fühlte ich mich nicht wohl in dieser Rolle. Ich legte den Hörer auf und ging ins Bad. Ich wusch mir mein Gesicht und überdeckte das blaue Auge so gut es ging mit Schminke. Danach fuhr ich zum Arzt, denn Krankmelden ohne Schein, ging einfach nicht und Urlaub hatte ich keinen mehr übrig. Ich wollte keine unangenehmen Fragen beantworten müssen und ich wusste genau dass diese kommen würden. Immerhin war eine meiner besten Freundinnen auch meine Arbeitskollegin. Sie würde gleich das Schlimmste annehmen, denn Kerstin mochte Carsten so wieso nicht. Es hieß also in den sauren Apfel beißen und dem Arzt ein nettes Märchen erzählen.

Und wenn es Liebe wird?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt