1st - Parkplatzrivalitäten

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ERIN

"Viel Spaß in der Schule", rief mir Nora, die Verlobte meines Bruders hinterher, als ich meine Umhängetasche von der Stuhllehne nahm und sie mir über die Schulter warf. Ugh. Da war es wieder. Dieses kleine Wort, das mich jedes noch so kleinen Lebenswillens beraubte. Schule. Ich nickte ironisch und zog die Wohnungstür auf. Im Gang stand meine Freundin Lucia, die im Apartment neben mir, mit ihrer Familie zusammen wohnte. Sie sah von ihrem Handy auf und grinste mich schadenfroh an. Sie freute sich schon seit Tagen auf heute. Es war nicht nur "endlich" wieder Zeit für all die armen Teenager, nach den Sommerferien in die Schule zurück zu kehren und sich mit dem alltäglichen Drama, das die High School so mit sich brachte, rum zu schlagen, sondern auch mein aller erster Schultag, mit ihr, an meiner neuen Schule in Seattle.

Wir sprangen die Treppenstufen herunter, während Lucia anfing mir die allgemeinen Regeln meiner neuen Schule zu erklären. Allerdings nicht die "Kein Rauchen, Keine Drogen, Kein Alkohol" Regeln, die man in der Hausordnung findet, sondern die inoffiziellen. Sie nannte es den "Easton High Code" oder so ähnlich. Ich fand dieses System jetzt schon dämlich und es erinnerte mich viel zu sehr an den Film "Mean Girls", weshalb ich sie auch nicht wirklich ernst nahm, als sie mir die Rangordnung nahe legte.

"Also an der Spitze sind die reichen, beliebten Schüler. Wir nennen sie die oberen 10%." Sie hatte gerade wieder Luft geholt, um weiter zu reden, als ich sie unterbrach.

"Wir? Welche Schicht bist du?" Der Satz hörte sich mehr als lächerlich an. Wieso Lucia so etwas überhaupt beachtete, leuchtete mir nicht im Geringsten ein.

"Drama Club." Ich wollte eben fragen, ob das hieß, dass sie unnötiges Drama anfing oder ganz einfach Teil der Theatergruppe war, als wir das Erdgeschoss erreichten und das Wohnhaus durch die gläserne Doppeltür verließen.

*****

Lucia bog in den Schulparkplatz ein und zog nochmal an ihrer Zigarette, bevor sie sie aus dem weit geöffneten Fenster ihres halbtoten, silbernen Jeeps warf. Ich war gerade damit beschäftigt uns einen freien Platz zu suchen. Als wir einen gefunden hatten, fuhr ein schwarzer Mustang direkt vor uns in die Lücke und verfehlte uns nur knapp an der Stoßstange. Wütend schüttelte Lucia den Kopf und schnallte sich ab. Da wir mitten im Weg standen, nahm ich an, dass sie nicht gerade beschlossen hatte, den perfekten Parkplatz gefunden zu haben. Schnell griff ich nach ihrem Handgelenk, bevor sie die Fahrertür öffnen konnte.

"Willst du wirklich-"

"Oh, ja." Meine Freundin sprang aus ihrem Auto und spazierte geradewegs auf den Mustang zu. Bis jetzt war noch keiner ausgestiegen, also wusste ich wirklich nicht, was ich von dieser Situation erwarten sollte. Trotzdem stieg ich schnell aus und folgte ihr. Gerade als ich sie eingeholt hatte, stellte sie sich vor das Auto und schlug einmal auf die Motorhaube. Ein großer gut aussehender Junge stieg aus und sah sie entsetzt an.

"Espinoza! Was zur Hölle!" Mein Blick fiel auf das Nummernschild. Das konnte doch nicht- Ich musste mich irren. Ich sah nochmal zu dem blonden Kerl, dem Lucia gerade eine Reihe an bunten Schimpfwörtern an den Kopf warf. Zumindest vermutete ich, dass es Schimpfwörter waren. Ich sprach nämlich leider nach wie vor kein Spanisch. Erleichtert atmete ich auf. Er war nicht der Typ aus den Club.

Amüsiert sah ich zu, wie der arme Kerl immer verwirrter wurde. Plötzlich wurde die Beifahrertür geöffnet und ein weiterer Junge stieg aus. Er stand zwar mit dem Rücken zu mir, aber ich erkannte ihn trotzdem. Er stützte sich mit dem linken Arm am Dach des Autos ab und kratzte sich mit der anderen Hand überfordert den Hinterkopf. Ich spielte gerade mit dem Gedanken, mich einfach wieder ins Auto zurück zu schleichen und mich unter dem Armaturenbrett zu verstecken, aber da drehte er sich auch schon zu mir um. Er stutzte, musterte mich von oben bis unten und zog dann die Augenbrauen zusammen. Ich sah bestimmt aus wie ein Reh im Scheinwerferlicht, mit meinen vor Schreck weit aufgerissen Augen und dem leicht geöffneten Mund. Schnell wandte ich den Blick ab und verschränkte die Arme vor der Brust. Dunkle Haare, die ihm ein bisschen ins Gesicht fielen, stechende graue Augen, volle Lippen und ein trainierter Oberkörper, den man unter dem schwarzen T-Shirt, das über seiner breiten Brust spannte, leicht erkennen konnte. Fuck. Sein rechter Mundwinkel wanderte nach oben und er grinste schief. Vermutlich hatte er mich auch gerade erkannt.

"Hey, Babe. Willst du nicht vielleicht mal deine kleine Freundin zurück pfeifen?" Er nickte in Lucias Richtung. Sie stockte mitten im Satz und zog eine Augenbraue hoch. Gleich würde sie auch auf ihn los gehen. Lucia war vielleicht klein, knappe 1,60, aber sie hatte Feuer und das ließ sie ihre Mitmenschen gerne spüren. Der Fahrer war zu einem kleinen Häufchen Elend in sich zusammen gefallen und sie war immer noch nicht fertig damit, ihm einen Vortrag über rücksichtsvolles Autofahren und Parkplatzvorrechte zu halten. Mein Problem sah mich immer noch erwartungsvoll an. Leise räusperte ich mich und ging auf Lucia zu. Ich drückte mich an dem blonden Kerl vorbei und unterdrückte ein Grinsen, als ich sein verstörtes Gesicht sah.

"Lucia, können wir gehen. Ich muss... mir noch die Stundenpläne holen." Meine Freundin sah mich überrascht an, nickte dann aber. Als wir am Mustang vorbei zu ihrem Jeep zurück gingen, trat sie mit voller Wucht an den linken Vorderreifen.

"Wie heißt du?" Seine Frage überraschte mich. Verwirrt sah ich ihn an und legte den Kopf schief. Wenn er mich tatsächlich erkannt hätte, wäre das nicht seine erste Frage an mich gewesen. Vielleicht hatte ich ja doch Glück gehabt. Wer weiß.

"Erin!", antwortete Lucia für mich.

"Und jetzt verpisst euch und freut euch über euren ergaunerten Parkplatz!" Sie knallte die Fahrertür zu und schüttelte energisch den Kopf. Ich schloss ebenfalls die Tür und schnallte mich wieder an. Mein Puls raste. Innerlich machte ich gerade 10 Kreuzzeichen und hoffte inständig, dass ich wenigstens dieses eine Mal Glück gehabt hatte.

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Please, feedback some feedback.

Wie findet ihrs sou? Ich hoff euch gefällts.

Ich sollt jetzt wirklich mal lernen, aber this is so much more fun.

Okayyyy, bye.

adorablemalia

PLAYING PRETENDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt