Kapitel 1

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"Ist es wirklich so schlimm?" fragte ich und unterdrückte ein Lachen. "Du glaubst gar nicht wie schlimm es ist." hörte ich Spencer am anderen Ende der Leitung jammern. "Der Typ ist ein riesen Idiot." meckerte Morgan. "Ihr werdet es überleben Jungs." sagte ich lächelnd. "Da wäre ich mir nicht so sicher." antwortete Spencer und ich konnte sein trauriges Gesicht bereits vor mir sehen. "Es wird alles gut Spence. Ihr seid doch fast durch mit dem Fall." baute ich ihn und Morgan auf, der genervt auflachte. "Fast durch ist nicht genug." erwiderte er." "Ihr seid in Vegas. Also habt ein wenig Spaß." "Du bist nicht hier aufgewachsen." entgegnete Spencer. "Stimmt und ich war auch noch nie da, weshalb ich mich beeilen werde." sagte ich, woraufhin Morgan lachte. "Du willst doch nur nach Vegas, dass ist der einzige Grund, weshalb du dich beeilst." "Ich habe sogar drei gute Gründe um schnell hier weg zu kommen. Der erste ist, weil ich nach Vegas möchte, der zweite, weil ich den bösen Mann treffen möchte, der meinen beiden Babies wehtut." erwiderte ich und lachte. "Ach ja und um euch bei dem Fall zu helfen." fügte ich schnell hinzu. "Klar." hörte ich Spencer und Morgan synchron sagen. "Wir sehen uns spätesten in zwei Tagen." verabschiedete ich mich von den beiden.

Seit der Einführung waren knapp vier Monate vergangen. In dieser Zeit hatte ich versucht mich nicht zurückzuziehen, sondern zu leben, doch es war schwer. Von außen konnte man nur erahnen was mir zugestoßen war. Eine kleine Brandnarbe zierte die rechte Seite meines Hals, doch man sah diese kaum, da meine blonden Haare meistens über ihr lagen. Die anderen beiden Brandnarben waren durch meine Kleidung verdeckt. Äußerlich wirkte ich glücklich und unbeschwert. So als wäre nie etwas geschehen. Mein Inneres hingegen sah anders aus. Ich hatte Alpträume, unterdrückte die Angst von fremden Menschen berührt zu werden. Dieses Gefühl war stärker geworden, weshalb ich Orte mit vielen Menschen meidete, was eigentlich keine große Umstellung für mich war. Das Team war für mich da. Jeder versuchte mir auf seine Art zu helfen. Derek und ich trainierten regelmäßig miteinander, was nicht nur Spaß war, sondern nach und nach mein Selbstbewusstsein zurück brachte. Mit Hotch hatte ich viele Gespräche geführt, da ich es abgelehnt hatte mit jemanden zu sprechen, der keine Ahnung davon hatte wie es sich anfühlt, wenn man beinahe umgebracht wurde. Kein professioneller Therapeut oder Psychologe, hätte mich so verstanden wie Hotch. Er erzählte mir von George Foyet, der besser bekannt war als der Reaper. Ich hatte erfahren, dass dieser Kerl seine damalige Ex-Frau, Haley, umgebracht hatte und er seinen Sohn Jack, der damals gerade einmal vier Jahre alt war, nur knapp retten konnte. Bevor der Reaper jedoch auf seine Familie losgegangen war, hatte er unzählige Male auf Hotch eingestochen. Es war ein Wunder, dass er überlebt hatte. Die Beziehung zwischen Hotch und mir konnte man bloß schwer erklären, aber am besten mit einer Vater-Tochter-Beziehung zu vergleichen. Er war stets besorgt und streng, wenn es darum ging mich irgendwo einzusetzen. Zu groß war seine Angst, dass sich die Geschehnisse wiederholen konnten. Ich hatte es hingegen oft satt, dass Hotch mich behandelt als sei ich noch ein Kind. Mir war bewusst, dass er es gut meinte, doch manchmal ging es mir einfach auf die Nerven. Dafür hatte ich JJ. Bei ihr konnte ich mich über Hotch aufregen ohne Angst zu haben, dass sie zu ihm rennt und es ihm erzählt. Eine richtige Freundin eben, die jedoch im Moment andere Dinge um die Ohren hatte. JJ erzählte mir nur einige Tage nach der Entführung, dass sie zum zweiten Mal schwanger sei. Ich freute mich riesig für sie und Will, doch gleichzeitig hatte ich Angst. JJ würde für eine Weile ausfallen und ich wäre mit den anderen alleine. "Es wird komisch werden die einzige Frau im Team zu sein." dachte ich, während ich mich zu meiner Mum auf die Couch setzte. "Worüber denkst du nach?" fragte sie und nahm ihre Teetasse zur Hand. "Über nichts bestimmtes." log ich. "Wie geht es JJ?" fragte meine Mum und war froh, dass sie meine Lüge nicht durchschaut hatte. "Ganz gut." erwiderte ich mit einem leichten Lächeln und erhob mich vom Sofa. "Ich geh schlafen." teilte ich meiner Mum mit und ging ins Gästezimmer. Meine Mum hatte sich direkt nach ihrem Krankenhausaufenthalt um eine neue Wohnung gekümmert, genau wie ich. Ich fühlte mich nicht mehr sicher in meinen eigenen vier Wänden und hatte zwischendurch noch immer das Gefühl beobachtet zu werden. Dieses Gefühl ließ durch meine neue Wohnung ein wenig nach. Es hatte eigentlich bloß Vorteile, dass ich umgezogen war. Ein ziemlich großer war, dass der Weg zur BAU nun viel kürzer war. Kein bisschen müde und mit viel zu vielen Gedanken, legte ich mich ins Bett und schloss meine Augen.

The heart wants what it wants// criminal mindsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt