Kapitel 28 - My reasons

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Leo Hollingworth


Sie. Da war immer nur sie. Das Mädchen, welches ich nun seit über zwei Jahren nicht mehr aus meinem Kopf bekam. Ihre grünen Augen, ihr Lachen und ihr schräger Sinn für Humor machten sie für mich zu diesem einen ganz besonderen Mädchen, welches man für immer lieben wird.

Ich hatte keine Ahnung, warum ich so unendlich bescheuert war, sie von mir zu stoßen und sie so sehr zu verletzen. Ich erinnerte mich an ihren Blick in unserem gemeinsamen Sommer und an Weihnachten. Da war nur Liebe, Wärme, Verständnis. Ich konnte mir nichts Besseres vorstellen, als sie in meiner Nähe zu haben. Es war bescheuert, so hatte ich noch die empfunden. Dieses Gerede über die Liebe und die Abhängigkeit, die man dadurch verspürt, hielt ich immer für völligen Schwachsinn. Doch dann kam Roxy und alles wurde anders.

Mein Job war stressig, sie holte mich aus meinem Alltagstrott, als sie an Weihnachten plötzlich vor meiner Tür stand. Doch wie das eben ist, holt der Alltag einen schneller wieder ein, als man sich vorstellen kann. Und irgendwann, ich hatte keine Ahnung wann oder wie es überhaupt so weit kommen konnte, resignierte ich. Der Job war zu viel, der Streit mit meinem Vater, die Tatsache, dass das Mädchen, das ich liebte, auf einem anderen Kontinent lebte... Ich entfernte mich ausgerechnet von ihr. Ich hätte den Job kündigen sollen, doch stattdessen war ich blöd genug sie aufzugeben. Ich meldete mich einfach nicht bei ihr, wurde ihr gegenüber gleichgültig. Stress verändert Menschen, und genau das war mir passiert. Als sie schließlich nach England kam, trafen mich die Gefühle, die ich erfolgreich unterdrückt hatte, wie ein Schlag in den Magen. Sie war wegen ihrer Karriere hier, sie stand zur Auswahl für die englische Nationalmannschaft. Ich hatte mir immer für sie gewünscht, dass ihr Traum in Erfüllung ging. Doch dass es gleichzeitig auch bedeutete, dass eine Zukunft zusammen nicht möglich war, hatte ich nicht bedacht. Dennoch hätte ich mir für sie das gewünscht, was sie wollte, sie sollte glücklich sein. Ich benahm mich ihr gegenüber wie ein Arsch, tat so, als wäre sie eine Angestellte meines Vaters und nicht das Mädchen, das ich so sehr geliebt hatte. Ich sah, wie sehr es sie verletzte. Ihre strahlenden Augen, die ich immer vor mir sah wenn ich meine Augen schloss, strahlten nicht mehr. Sie sah verwirrt, traurig und verletzt aus. Obwohl es mir leid tat, änderte ich mein Verhalten nicht. Sie war wunderschön, aber wenn sie mich ansah, erkannte ich die Enttäuschung in ihrem Gesicht.

Ich war mehr als überrascht, als mein Vater mich anrief.

„Leo, wir brauchen deine Hilfe. Kannst du kommen?", hatte er gesagt, eine Begrüßung hatte er als überflüssig angesehen.

„Um was geht es?", hatte ich gefragt.

„Roxy braucht dringend einen Rechtsanwalt.", war alles, was er sagte und da war mir klar gewesen, dass ich ihr helfen würde. Wenn ich ihr schon nicht mehr das geben konnte, oder wollte, was sie sich von mir gewünscht hatte, würde ich ihr wenigstens in dieser Sache helfen. Ich setzte mich sofort in meinen Wagen und fuhr auf das Gestüt. Als Roxy in das Arbeitszimmer meines Dads eintrat, zog sich alles in mir zusammen. Sie sah so unglaublich fertig aus, blass, traurig und dann war da auch noch ich, der sie so enttäuscht hatte. Ich hatte keine Ahnung wieso ich mich wieder wie ein Arsch aufführte und sie wegen ihres Dates mit Sam verspottete. Vermutlich irgendeine kranke Art des Selbstschutzes. Ich sah, wie sie bei diesen Worten immer geknickter wurde, konnte es aber einfach nicht lassen. Als ich sie an diesem einen Abend in London gesehen hatte, mit diesem Kerl, war ein Gefühl in mir aufgeflammt, das ich nicht kannte. Es war durch jede Faser meines Körpers geflossen: Eifersucht. Zoey war bei mir gewesen, doch sie redete die ganze Zeit nur über sich. Ich hatte gehofft, dass Zoey die nötige Ablenkung war, um Roxy irgendwann endgültig vergessen zu können. Ich ertrug es nicht, so weit weg von ihr zu sein. Wenn Roxy nicht in der Nähe war, war Zoey gut genug, doch kaum, dass das blonde Mädchen wieder auftauchte, wurde ich von meinen Gefühlen und meiner Sehnsucht beinahe erdrückt.

An diesem einen Abend im Büro meines Vaters war sie zusammen gebrochen. Sie hatte geweint und ich hatte ihr angesehen, dass es sie aufregte, sich nicht vor mir im Griff zu haben. Ich denke, an diesem Abend bin ich aufgewacht. Sie hatte sich mir anvertraut, hatte mir alles von sich erzählt, sogar vom Tod ihres Vaters und vom Unfall mit ihrer Stute, die ein Geschenk von ihrem Vater gewesen war. Ich hatte mich dadurch besonders gefühlt, hatte nicht glauben können, dass ein Mädchen welches so lieb und so ehrlich war, sich ausgerechnet mir anvertraute. Ich wollte nicht, dass sie sich selbst dafür hasste, dass sie vor mir weinen musste, ich wollte ihr Ansprechpartner sein in allem was ihr einfiel. Belanglose Dinge genauso wie die wichtigen Dinge im Leben. Doch da wurde mir bewusst, dass ich dieses Vertrauen verspielt hatte. Als sie in meinen Armen lag, geschüttelt wurde von ihren Schluchzern, wusste ich, dass ich sie nicht gehen lassen konnte. Sie war es. Meine Seelenverwandte.

Doch Roxy hatte mir klar gemacht, dass ich es verspielt hatte. Sie vertraute mir nicht mehr. Es sah so aus, als würde sie gut ohne mich zurechtkommen während ich vor Sehnsucht beinahe umkam. Nach dem Streit war ich so unglaublich wütend gewesen. Zuerst dachte ich, ich wäre wütend auf Roxy. Doch dann stand sie plötzlich vor meiner Wohnungstür und ausgerechnet Zoey hatte ihr aufgemacht. Sie, Roxy, war zu mir gekommen um mit mir über diesen Artikel in der Zeitung zu reden, weil er sie fertig gemacht hatte. Sie wollte mit mir reden und ich hatte es erneut versaut. Ich hatte an diesem Tag nicht mit Zoey geschlafen. Obwohl Roxy und ich nicht zusammen waren, hätte es sich falsch angefühlt. Doch für Roxy war die Situation klar. Sie war so unglaublich wütend gewesen, hatte Zoey sogar noch in Schutz genommen und sich für sie eingesetzt. Ich staunte, wie selbstlos sie war. So ein Mädchen hatte ich nicht verdient. Ich war ein Arschloch. Dennoch hatte ich mich dafür entschieden, um sie zu kämpfen. Ich hätte es mir selbst niemals verzeihen können, wenn ich es nicht versucht hätte.

Beim dritten und letzten Qualifikationsspringen wollte ich ihr einfach nur zeigen, dass ich für sie da war und sie unterstütze. Sie war wütend, als ich dort aufgetaucht war, doch ich war geblieben. Noch wütender wurde sie, als sie mich nach der Auseinandersetzung mit Samuel Miller, diesem Arschloch, gesehen hatte. Doch dieser widerwärtige Kerl hatte es nicht anders verdient.

„Bist du nicht der Ex von Roxy?", hatte er mich gefragt als er mich entdeckt hatte. Ich betrachtete ihn einen Moment ausdruckslos.

„Was willst du?"

„Deine Ex ist echt... mir fehlen die Worte. So etwas Scharfes hab ich selten gesehen!", hatte er gesagt und mich dabei hämisch angegrinst. Ich versuchte wirklich, meine Wut im Griff zu behalten. Er war es einfach nicht wert. Wenn ich ihn schlagen würde, was mit Sicherheit seine Absicht war, würde er mich anzeigen. Ich würde vor Roxy dastehen wie der größte Idiot und würde aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch meinen Job verlieren. Doch die folgenden Worte, sollte er nicht so schnell wieder vergessen.

„Im Bett ist sie eine Granate, ich denke, ich werde sie noch eine Weile behalten bevor ich sie wegwerfen werde!"

Er hatte nicht einmal zu Ende gesprochen, da hatte meine Faust ihn getroffen und er wurde vom Schlag nach hinten geschleudert.

Als Roxy danach vor mir stand und mich wütend ansah wusste ich noch nicht, dass dieser Tag noch schlimmer werden würde... Dass er zu einem der schlimmsten Tage in meinem Leben werden würde...



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