Kapitel 65

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KAPITEL 65

~ May's Sicht ~

Nie wieder Tintenfisch. Wirklich nie wieder. Dieser bescheuerte Tintenfisch hat mir gestern den ganzen Abend versaut.
Marco und mir besser gesagt. Das es auch immer uns passieren musste.
Irgendwas kam ja immer.
Und in diesem Fall war es dieser verblödete Tintenfisch, wegen welchen ich die ganze Nacht aufs Klo rennen musste, um zu kotzen.
Solange es aber nur eben das war, war ich glücklich darüber. Mehr oder weniger.
Ich riss die Decke von mir weg und hielt mir den Bauch, der am Grummeln und Murren war.
"Bloß nicht", sagte ich und hatte keine Lust wieder aufs Klo zu laufen. Aber Gott sei Dank, hielt es sich drinnen. Ich stand auf und verließ das Zimmer, ehe ich nach unten ging.
Marco lag immer noch schlafend auf der Couch.
Was hatte er denn? Hat er vergessen das er ein Bett besitzt?
Da es schon acht Uhr war und nicht wusste, wann Marco wieder zum Training oder eine Besprechung musste, beschloss ich ihn wach zu machen.
"Hey du", sagte ich und fuhr Marco durchs Haar, der auf dem Bauch auf der Couch lag und am schlafen war.
Kein Kissen, keine Decke. Mensch, der hat's sich ja gemütlich gemacht.
Ich hob seine Hose vom Boden auf und legte diese über die Armlehne der Couch.
"Marco", sagte ich und wuschelte ihn wieder durch die Haare.
"Was denn?", murmelte er müde und blickte zu mir.
"Es ist kurz nach acht", meinte ich. "Wenn du Training oder so hast-"
"Um fünfzehn Uhr", sagte er und ließ seinen Kopf wieder auf die Couch sinken.
"Wieso schläfst du nicht oben?"
"Bin hier eingeschlafen."
"Schon wieder?"
"Hm", machte er nur. "Geht's dir wieder besser."
"Du, ich hab die ganze Nacht über dem Klo gehangen."
"Oh Mist", meinte er.
"Aber geht schon wieder. Ich hab mich noch nie so leer gefühlt, wie eh und je."
Marco lachte leise. "Dann nie wieder Tintenfisch für dich."
"Ist mir auch klar, Marco", murmelte ich.
"Du kannst dich ruhig schon mal hinlegen", sagte er und stand auf.
"Ach geht schon, ich kann eh nicht mehr schlafen", winkte ich ab.
"Du bist noch grün um die Nase und siehst so aus, als ob jede Sekunde wieder was aus dir heraus geschossen kommt", meinte er.
"Geht schon."
"Nein."
Plötzlich hatte er sich einen Arm um meinen Rücken und ein Arm an meine Kniekehlen gelegt, ehe er mich mit einem Ruck hoch hob.
"Woah!", rief ich erschrocken.
"Du haust dich noch mal aufs Ohr und dann mach ich dir einen Tee, und den wirst du auch trinken, wenn nicht hol ich Schlauch und Trichter und flöße es dir auf eine harte Art und Weise ein, dass du dir wünschst, du hättest den Tee freiwillig getrunken."
Verdutzt blickte ich Marco an, als er mich die Treppen hoch brachte.
"Okay", meinte ich nur und runzelte Stirn.
Als er mich im Bett ablegte, klingelte es unten an der Tür.
"Das müssen wohl Melli und Kane sein", meinte Marco und zog mir die Decke bis über den Kopf, ehe er aus dem Zimmer flitzte. Ich zog die Decke von meinem Kopf und runzelte die Stirn.
"Manchmal bist du wirklich komisch", flüsterte ich und ließ mich nach hinten ins Kissen fallen.
Es klingelte wieder an der Tür.
"Ja, ruhig Blut!", schrie Marco, der sich vermutlich erstmal anziehen musste. Aus dem Schlafzimmer hörte ich gepolter und einen fluchenden Marco. Ich stand vom Bett auf und eilte schnell nach unten, wo ich die Tür aufriss.
"Boah, siehst du beschissen aus!", bemerkte Marcel als erster.
Keine Melli und kein Kane.
Aber dafür Marcel, der aussah, als hätte er ein Boxkampf gegen Klitschko verloren.
Oder einfach nur gegen meine Faust.
"Boah, siehst du beschissen aus", gab ich ebenfalls zurück.
"Marco meinte, dass du am kotzen bist wie ein Drache Feuer speiht?"
"Ja, meinte ich. Was willst du hier", hörte ich Marco sagen, der angezogen die Treppen runter gepoltert kam.
Er zog sich das T-Shirt zu recht und stellte sich neben mir "Und du gehst wieder ins Bett."
"Ja, gleich", meinte ich und wandte mich zu Marcel, mit dem Pflaster auf der Nase und den blau unterlaufenen Augen. "Was machst du jetzt hier?"
"Gucken wie es dir geht, aber da du gerade wieder am meckern wie eine Eins bist, denke ich dir geht es wieder besser."
"Geht mir auch schon wieder besser. Die große Kotzerei ist vorbei."
"Na hoffentlich", meinte Marcel nur.
"Sonst hätte ich dir ja schon vor die Füße gekotzt."
"Du legst dich jetzt hin, ich mache dir ein Tee und dann geht's schon wieder", sagte Marco und schob mich zu den Treppen.
"Aber sie hasst Tee", meinte Marcel.
"Eben", nickte ich.
"Ich trage dich gleich wieder nach oben", drohte Marco wieder.
"Ich bitte darum", sagte ich und sprang Marco einfach in die Arme.
Was war ich froh, dass er mich auffing.
"Kann ich reinkommen?", fragte Marcel.
"Nein", sagte Marco und knallte seinen Kumpel die Tür vor der Nase zu.
"Hey, das ist jetzt aber nicht nett", bemerkte ich.
"Ich kümmere mich eben lieber um dich, als um andere", grinste er mich an.
"Aber mir geht's doch schon wieder besser."
"Nee, dein blasses Gesicht sagt was anderes", meinte er und drückte mir einen Kuss auf die Nasenspitze.
Und dann ging er mit mir auf den Armen nach oben.
Gerade als Marco mich ins Bett legen wollte, klingelte es wieder an der Tür.
"Bestimmt wieder Marcel", grummelte Marco. "Marcel ist bestimmt ein heimlicher Zeuge Jehovas."
"Ach, er nimmt doch wieder den Weg durch den Keller. Kennst denn doch."
"Sehe ich genauso", schmunzelte Marco und zog mir eigentlich wie immer eigentlich die Decke über mich und natürlich auch über meinen Kopf.
"Wie liebevoll du bist", nuschelte ich.
"Zu dir immer", lachte Marco.
Es klingelte Sturm. "Zum Teufel! Ist ja gut!", rief er genervt und verließ das Zimmer.
Ich hatte ehrlich keinen Bock im Bett liegen zu bleiben. Ich fühlte mich doch so langsam wieder fit.
Deshalb stand ich wieder vom Bett auf und ging nach unten.
"War er denn nett?", hörte ich Marco fragen.
"Er war ruhig, wenn er was zu essen hatte. Aber sonst, unruhig, weil er immer zur Mama wollte", antwortete Melli darauf.
"Deshalb sieht er so aus, als hätte er die ganze Nacht durch geweint-"
"Er hat, Marco. Er ist ziemlich abhängig von May. Die Nacht hat er kaum geschlafen."
"Oh, man", meinte Marco.
"Mama", hörte ich Kane nur müde sagen.
"Mama ist krank, Kane. Sie braucht ihre Ruhe."
"Ich will zu Mama!", sagte er und fing an zu weinen.
"Und es geht schon wieder los", sang Melli vor sich hin. "Kane, du bist doch bei Papa auf den Arm."
"Mami!", flehte er weiter herum.
"Ich bring ihn zu ihr", hörte ich Marco sagen.
"Ich mach das", sagte ich und kam die Treppen herunter.
"Mama!", schrie Kane und streckte die Arme zu mir raus.
"Och, komm her, Kleiner", meinte ich und nahm ihn auf meinem Arm, um ihn näher an mich zu drücken.
"Du siehst krank aus", bemerkte Melli, als sie mein Gesicht musterte.
"Ach, geht schon wieder. Muss nur was essen", sagte ich und streichelte über Kane's Hinterkopf, der sein Gesicht in meiner Halsbeuge vergrub.
Mein Shirt war sofort mir Sabber und Tränen getränkt.
"Bist ja wieder bei mir", sagte ich ruhig und drückte Kane einen Kuss auf die Stirn.
"Ja!", weinte er nur.
"Und Papa ist auch da", redete ich weiter auf Kane ein.
"Ja", machte er wieder.
"Komm, ich mal dir mal eine Pülli fertig", sagte ich und ging mit ihm in die Küche.
"Okay", meinte Kane und blickte mich an. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
Wenigstens war er nicht am rum schreien mehr, sondern hatte sich beruhigt.
"Was willst du denn trinken? Orangensaft?"
"Wasser", meinte er.
"Mit Sprudel oder ohne Sprudel."
"Mit ohne."
"Also ohne", sagte ich und schnappte mir seine Flasche, die ich mit Wasser aus der Flasche ohne Sprudel füllte.
Ich drehte den Deckel zu und reichte Kane die Flasche.
"Danke", meinte er und trank sofort davon.
"Melli ist weg und du willst anscheinend nicht schlafen, was?", fragte Marco und kam in die Küche.
"Nee", meinte ich und streichelte Kane über den Rücken.
Marco blickte Kane grinsend an. "Na, kleiner Borusse. Alles gut bei dir?"
Marco kniff ihn leicht in die Wange.
"Joah", meinte Kane und trank weiter. "Wir müssen deine Haare auch wieder schneiden, was?", fragte Marco und fuhr Kane durchs Haar.
"So", meinte er und zeigte auf Marco.
"Na das sowieso", grinste Marco und drückte Kane einen Kuss auf die Stirn. "Papa muss eben morgen zum Frisör, dann nehme ich dich mit."
"Mama muss bestimmt fahren, was?", sagte ich.
"Robin fährt schon. Aber danke, dass du mir freiwillig deine Dienste anbieten willst."
"Füge bitte Fahr zu Dienste hinzu, sonst fühle ich mich wie eine leicht bekleidete Frau die für Koitus bezahlt wird. Meist finden wir diese stark geschminkten Wesen in Netzstrumpfhosen und kniehohen Lackstiefeln, am Straßenrand, oder in weißen Wohnwagen in irgendeinem Waldeinfahrten-"
"Fahrdienste, ich meinte natürlich Fahrdienste!", unterbrach Marco mich. "Nur hör auf immer eine Geschichte zu erzählen."
"Ja, ist gut", sagte ich. "Magst du nach Papa."
"Nein", sagte Kane und drückte sich an mich.
"Du hast ihn gehört", meinte ich in Richtung Marco und ging mit Kane ins Wohnzimmer.
"Samstag ist wieder eine Cocaine-Party. Du hast versprochen mit zukommen."
Marco folgte mir ins Wohnzimmer, wo ich mich auf die Couch setzte.
"Hast du Sonntag nicht ein Spiel?", fragte ich und setzte Kane anders hin. Er lehnte sich gegen mich und trank weiter sein Wasser mit ohne Sprudel.
"Ja, wir bleiben auch nicht lange."
Marco setzte sich neben mich auf die Couch.
"Was ist mit Marcel und seinem liedierten Gesicht?"
"Er selber kommt nicht. Er hat's alles geplant, aber bleibt zu Hause. Wenn er nicht auf die Idee kommt sich eine Sonnenbrille auf die Nase zu setzen."
"Schon mal an Kane gedacht?"
"Ist geklärt, Mama passt auf", sagte Marco und nahm Kane einfach mal so die Flasche weg.
Natürlich fing er wieder an zu weinen. Er war müde und quängelte. Kein Wunder.
"Gib ihn die Flasche wieder. Er hat sich doch gerade erst beruhigt", sagte ich verzweifelt.
"Hier", sagte Marco und hielt Kane die Flasche hin. Doch der ignorierte seinen Vater und drehte sich in meinem Schoß zu mir, damit er weinend sein Gesicht in meiner Halsbeuge verstecken konnte. Vorher hatte er noch Marco's Hand weggehauen.
"Will nicht", meinte er.
"Verschissen", sagte ich mit einem belustigtigen grinsen in Richtung Marco.
"Du mich auch", knurrte er.

{1} This Is Us  [Marco Reus FF] ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt