Kapitel 13

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KAPITEL 13

~ May's Sicht ~

"Kane, was hälst du davon, wenn wir in die Stadt fahren?", fragte ich ihn, als wir im Wohnzimmer saßen und zum hundertsten Mal dasselbe Puzzle lösten. Das mit den sechs Teilen.
"Oki", meinte er.
Ich wollte raus aus dem Haus. Nicht den ganzen Tag damit verbringen, mit Kane zu puzzlen. Mir die Stadt ansehen. Auf einen Spielplatz gehen.
"Kommt Papa mit?", fragte Kane und blickte auf.
"Papa ist noch beim Training", meinte ich.
"Abholen!", rief er erfreut und grinste.
"Nein. Das macht der Auba schon. Wir fahren in die Stadt, zum Spielplatz, essen ein Eis. Vielleicht haben Tuğba und Ömer Zeit."
"Will aber zu Papa. Gucken", schmollte Kane.
"Das geht aber nicht", meinte ich vorsichtig.
"Wieso?"
"Deshalb."
"Kein Grund."
"Doch, deshalb kann man manchmal als Grund bezeichnen", nickte ich.
"Papa sagt nein", meinte Kane.
"Ich sage aber ja!"
Kane und ich starrten uns an und er kniff die Augen leicht zusammen.
"Mein Sohn kriegt einen Anstarrwettbewerb. Den kriegt er."
"Du auch", sagte Kane herausfordernd.
"Mögen die Spiele beginnen", flötete ich.
Da meine Augen schon brannten und Kane nicht den Anschein machte, dass es bei ihm genauso war. Griff ich zu unfairen Mitteln.
Ich pustete Kane ins Gesicht und er kniff die Augen zusammen.
"Ha, ich habe gewonnen und wir beide fahren in die Stadt."
Kane schmollte und verschränkt die Arme vor der Brust. "He, du!", meinte er und klammerte sich an meinem Bein fest.
"Ich hab gewonnen."
"Du hast geschunkelt."
"Das heißt geschummelt."
"Jaja", murrte Kane, als ich ihm am Bein durch den Hausflur zog.
"Jaja, heißt leck mich am Pöppes", lachte ich.
"Arsch", grummelte Kane.
"Wie war das?", fragte ich und fuhr zu ihm herum. "Was hast du gerade gesagt?"
"Arsch", wiederholte er sich.
"Von wem hast du das?"
Kane überlegte. "Papa hat gesagt, ich soll sagen, dass ich das von Nico habe."
"Hat Marco das", zischte ich.
"Hm-hmm", nickte Kane. "Ich weiß auch wo der Arsch ist."
"Ach, ist das so?"
Kane nickte wieder, stellte sich auf die zweite untere Stufe der Treppe und haute mir leicht auf den Hintern. "Da", verkündete er stolz.
Ich lächelte meinen Sohn scheinheilig an, weil mir gerade der Gedanke kam, Marco in den Arsch zu treten.
Was ich auch machen werde, wenn er mir den Rücken zu dreht.
"Okay, fahren wir in die Stadt."
"Fahren wir mit Martin?"
"Wer ist Martin schon wieder?", fragte ich, nachdem ich mir meine Handtasche geschnappt hatte.
Dann machte es klick. Der Aston Martin von Marco. Ich drehte mich zu Kane.
"Naja, Emma hält-"
"Martin, Martin, Martin, Martin, Martin!", rief Kane aufgedreht und sprang durch die Gegend.
Ich seufzte. Bevor ich "nein" sage, Kane deswegen heult, weil ich nicht mit dem Automatikdings von Martin klar kam, fügte ich mich meinem Schicksal. Ich sollte es mal lernen, am Ball bleiben und beherrschen.
"Okay, okay, okay. Wir fahren mit Marvin", rief ich.
"Hä, wer ist Marvin?"
"Martin", verbesserte ich mich und Kane schrie glücklich.
Nachdem Kane die ganze Zeit sinnlos im Kreis gelaufen ist, während ich Martin aus der Garage gefahren und Emma drinnen geparkt hatte, viel mir auf, dass das Auto keine Rückbank hatte. Marco, wie hast du Kane denn bitte in dem Wagen transportiert? Vorne auf der Motorhaube mit Tesafilm fixiert? Auf dem Dach? Im Kofferraum? Auf deinem Schoß?
"Das ist nicht Martin. Das ist Martin", sagte Kane und zeigte auf den mattgrauen Range Rover.
Ich stellte den Kindersitz am Rand und holte schnell die Schlüssel des Range Rovers raus.
Hallelujah. Kein Automatik. Schaltgetriebe!
Martin raus, Aston rein und fertig.
"Yeaaah, Martin!", rief Kane erfreut. Ich baute den Sitz auf dem Rücksitz an, setzte Kane rein, schloss die Garage, die Haustür. Natürlich nachdem ich die Alarmanlage angeschaltet hatte und konnte mich endlich mit meinem Sohn auf den weg in die Stadt machen.
Gar nicht auffällig in diesem Range Rover, wenn ganz Dortmund weiß, dass der Marco gehört. Dann auch noch eine fremde Frau und ein Kind, dass mystischerweise Ähnlichkeiten mit dem Eigentümer des Autos hatte. Vielleicht war ich auch nur eine Cousine von Marco und da haben halt die Reus-Gene angeschlagen. Was auch immer!
Ich parkte da, wo man parken konnte, ohne das einen das Geld aus die Tasche gezogen werden konnte und wo man natürlich parken durfte, was mit diesem riesigen Teil von Auto eine nervenaufreibende Sache war. Als ich gerade stand, konnte der Verkehr wieder weiterfließen. Mit knallrotem Kopf stieg ich aus und machte und holte Kane aus dem Auto. Handtasche, Auto abgeschlossen, ab in die Stadt.
Kane lief vor mir und ich musste ihn zig tausend Mal ermahnen, dass er doch bitte nach vorne gucken sollte, sonst würde er hinfliegen.
Darauf hörte der Kleine nicht, und lief weiter.
"Kane, langsam. Oder du fliegst hin und landest mit deinem Gesicht in Hundekacka!", rief ich.
Abrupt blieb er stehen und drehte sich zu mir.
"Arm!", forderte er auf, nachdem ich vor ihm stehen blieb.
"Nö", sagte ich und ging weiter.
"ARM!", kreischte Kane und brach in Tränen aus. Gespielt natürlich.
Jetzt war ich diejenige die sich zu Kane drehte und ihn mit hochgezogener Augenbraue anschaute.
Als er meinen damit kommst du nicht durch -Blick sah, hörte er auf zu schreien, blickte mich an und sein Gesicht färbte sich wieder aufs Naturell zurück.
"Kommst du?", fragte ich ihn.
"Ja", grummelte er und stampfte neben mir her, bis wir endlich an der Eisdiele ankamen.
"Was willst du für ein Eis?", fragte ich ihn und blickte auf ihn herab, als wir in der Reihe standen.
"Nichts", schmollte er.
"Okay, dann kriegst du nichts und Mama holt sich einen schönen Karamell-Becher."
"Schokoeis!", meinte Kane. "Ich will auch Erdbeereis und Oreo wie du."
Nachdem ich für mich Karamell, Daim und Twixx -Karamell-Überdosis- Eis entschieden hatte, holte ich Kane seinen Schoko-Erdbeer-Oreo-Becher und wir setzten uns auf einer Bank an einem Brunnen, um unser Eis zu essen.
"Schmeckts?", fragte ich ihn.
Ich brauchte gar nicht fragen, bei jedem Löffel Eis, seufzte Kane mega glücklich und das strahlen aus seinen dunklen Augen ging gar nicht mehr weg. Genauso wie das Grinsen.
Gerade als ich für drei Sekunden zum Brunnen geschaut hatte, wurden wir die Augen zugehalten und ich ließ vor Schreck meinen Becher mit Eis fallen.
Kane neben mir lachte nur amüsiert.
"Soll ich jetzt rate-"
"Onkel Forni!", rief Kane.
"Gott, ist das schwierig zu raten. Aber ich denke du bist Robin?"
"Verarschen kannst du mich auch alleine", hörte ich Marcel hinter mir lachen. Er nahm die Hände von meinen Augen und ich konnte wieder sehen.
Als ich auf den Boden blickte, war mir sofort klar, dass meinem Eis nicht mehr zu helfen war.
"Du schuldest mir ein Eis", schmollte ich, als Marcel sich vor mich stellte.
"Erst will Forni eine Umarmung haben", sagte er grinsend und breitete die Arme aus.
"Wenn du schon am betteln bist", grinste ich, sprang auf und direkt in Marcels Arme der mich auffing.
"Gott, bist du fett geworden", bemerkte Marcel angestrengt und drückte mich herzlich.
Ich knurrte nur, was Marcel zum lachen brachte. Er ließ mich wieder runter und wollte mir mit der Hand durch die Haare wuscheln, aber ich schlug seine Hand weg.
"Wieso habt ihr beiden nicht gesagt, dass ihr rumkommt", schmollte Marcel und ging zu Kane, der seinen Onkel breit angrinste. Nein. Marcel war nicht mein Bruder. Er war nur mein bester Freund, seit wir noch als zukünftige Gewinnersperimien durch die Hoden unserer Väter geschwommen waren. "Sollte eine Überraschung werden", meinte ich.
"Das ist gelungen", sagte Marcel und drückte Kane kurz.
"Hab Eis", meinte Kane erfreut und hielt Marcel den Becher hin.
"Kriege ich was ab?"
"Nein!", kreischte Kane und zog den Becher zurück. Marcel schmollte. "Da, kannste haben."
Kane deutete auf den Boden, oder besser gesagt mein gerade verstorbenes Eis.
"Nee, danke. Ich hole mir eins."
Marcel wandte sich zu mir. "Sah aus wie Karamell, Karamell und Karamell."
"Twixx, Bounty und Zitrone", meinte ich.
"Dann kriegst du das", sagte Marcel und lief zurück zum Eisladen.
"Will auch Eis!", meinte Kane und blickte seinen Onkel hinter her.
"Du hast doch. Und mehr kriegst du heute auch nicht."
"Menno", murmelte Kane und wandte sich wieder seinem Eis zu. Ich setzte mich wieder neben Kane und schaute mich in der Gegend um.
"Voilà, Eiscreme für Madam", meinte Marcel mit einem völlig übertriebenen französischen Akzent. Seine Hand mit einem neuen Becher mit Eis, tauchte vor meinen Augen auf und ich jubelte leise.
Ich nahm den Becher entgegen und Marcel setzte sich mit seinem Eis neben mich auf die Bank.
"Merci, mon ami", bedankte ich mich bei Marcel.
"Warte. Ich muss mal kurz übersetzen, was das heißt und dann was gern geschehen heißt."
Marcel stellte seinen Becher Eis ab und zückte sein Handy hervor.
Ich lachte leise.
"Waaaaaaas?", fragte Marcel irritiert. "Vous, was? Kannst du das lesen?"
Er hielt mir das Handy unter die Nase. "Nein, kann ich nicht. Ich kann die Sprache der Baguette-Esser nicht."
"Ich auch nicht", meinte Marcel stirnrunzelnd.
"Drück doch auf dem Lautsprecher-Zeichen?"
"Das wäre mal ein Plan."
Was der Übersetzer sagte, verstanden wir nicht.
"Vous êtes les bienvenus, la princesse", wiederholte ich und runzelte die Stirn. "Das letzte heißt doch bestimmt Prinzessin?"
"Wow, ich bin beeindruckt", lachte Marcel und steckte das Handy wieder weg, ehe er sich sein Handy zu wandte.
Ich drehte mich zu Kane, doch da stand nur sein Eisbecher und von meinem Sohn war nichts zu sehen.
"Kane?", fragte ich und schaute mich um.
"Vorne beim Brunnen", meinte Marcel. Ich schaute zum Brunnen, wo Kane stand, die Hände in die Hüfte gestemmt, den Kopf in den Nacken geworfen, um die nackte Figur anzublicken.
"Wetten er fragt dich gleich, wieso er das gleiche zwischen den Beinen hat, bloß in klein?", lachte Marcel.
"Oder er fragt mich, ob aus den kleinen Milchtüten der Frau auch Milch rauskommt, wie bei mir?", stimmte ich lachend zu.
"Wir sind bescheuert", bemerkte Marcel.
"Einzigartig", verbesserte ich.
"Oder so."
"Kane", rief ich, als ich sah, dass Kane ein Bein anhob und auf den Rand des Brunnens klettern wollte.
Kane drehte sich zu mir und rief: "Ja?"
"Komm mal her", winkte ich meinen Sohn zu mir rüber.
"Wieso?"
"Komm, oder Forni ist dein Eis."
"Nein, mein Eis!", rief Kane und kam zu uns rüber geflitzt. Wenigstens ohne hinzufallen und sich weh zu tun.
"Was denn?", fragte er uns, als er bei uns war und schnappte sich sein Eis.
"Wir, wir wollen zum Spielplatz gehen", meinte Marcel und sprang auf.
"Wollen wir?", fragte ich und blickte zu ihm.
"Wollen wir", nickte Marcel.
"Ja, wollen wir", stimmte Kane zu.
"Okay, dann füge ich mich mal den Herren und geleite sie als Anhängsel in Richtung Spielplatz."
"Das wäre sehr sozial von Ihnen", entgegnete Marcel und schnappte sich Kane, nachdem er den leeren Becher in den Mülleimer warf.
Ich warf meinen und Kane's Becher ebenfalls in den Mülleimer, schnappte mir meine Handtasche und machte mich mit den beiden Jungs auf dem Weg zum Spielplatz.

Während Marcel und Kane den Spielplatz auseinander nahmen, wo eh nichts los war, saß ich auf einer Holzbank und beobachtete die beiden, wie sie auf der Kletterburg herum turnten.
Als mein Handy aufbimmelte, fuhr ich leicht erschrocken zusammen.
"Dein Handy klingelt!", rief mir Marcel rüber.
"Ich weiß, ich hab es gehört!", rief ich zurück, nachdem ich mein Handy aus der Handtasche gezogen hatte.
Es war Marco gewesen.
"Servus, Grützi und hallo", begrüßte ich Marco.
Marco lachte. "Juten Tach", gab er zurück.
"Was gibbes?"
"Wollte nur fragen, wo ihr seit. Du und Kane?"
"In der Stadt und sind gerade mit Forni auf den Spielplatz."
"Achso, bist du mit Emma gefahren?"
"Nee, mit Martin", antwortete ich.
"Okay. Wann seit ihr wieder da?"
"Wieso?", fragte ich.
"Weil ich gerade essen mache?"
"Du und kochen?", fragte ich.
"Ja, das kann ich auch."
"Was gibt es denn?"
"Kroketten und Chickenwings."
"Okay, wir sind gleich da", sagte ich.
"Ja, mit Chickenwings kriege ich dich immer wieder", lachte Marco.
"Ja, wie auch immer. Wehe dir, die Chickenwings verbrennen im Ofen. Dann bist du der Nächste."
"Ist ja gut, Killer. Wir müssen sowieso reden."
"Über was?", fragte ich nach.
"Darüber reden wir, wenn du wieder da bist."
"Hab ich irgendwas kaputt gemacht?"
"Nein, May. Ist nur was anderes. Du mach dir mal keine Sorgen. Bis gleich."
"Ja, bis gleich."
Und schon war das Gespräch beendet. Ich machte die Tastensperre ins Handy und steckte es wieder weg. Mit meiner Handtasche, ging ich auf die beiden herum turnenden Jungs zu.
"Hey, wir müssen los. Marco macht essen. Chickenwings und naja ich hab Kohldampf."
Marcel schaute vom Kletterturm runter, während Kane langsam über die Hängebrücke ging.
"Er macht essen?", fragte Marcel verblüfft.
"Anscheinend."
"Und dann dein Lieblingsessen."
Marcel blickte komisch.
"Marcel was?", fragte ich misstrauisch.
"Nichts-nichts. Ich begleite euch noch zum Auto."
Marcel sprang runter und Kane wollte ihm nach machen und von der Brücke springen. Aber ich fing meinen Sohn noch rechtzeitig auf, bevor er auf den Kieselboden aufschlagen konnte.
"Woah, war das knapp!", meinte Marcel.
"Ja, das nächste Mal, nimm die Rutsche", sagte ich, nachdem ich den Schock verdaut habe.
"Tut mir leid. Kommt nicht mehr vor", meinte Marcel und nahm mir Kane ab, der zu seinen Onkel wollte.
Dann machten wir uns gemeinsam auf den weg zum Auto.

{1} This Is Us  [Marco Reus FF] ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt