Innenhof – kurz nach der Herausforderung
Der Hof schien sich zu verwandeln. Er war nicht mehr nur ein gepflasterter Platz zwischen den Gebäuden von Clearwater High – er war eine Arena. Das Knistern der Luft, das unruhige Zirpen der Grillen, das Rauschen der Bäume ringsum – alles schien lauter, dichter, gefährlicher.
Cliff stand breitbeinig, die Arme locker an den Seiten, sein Blick voller Triumphlust. Jeffrey jedoch wirkte seltsam still. Sein Gesicht war unbewegt, nur seine Augen verrieten, dass sich unter der Oberfläche ein Sturm anbahnte.
Y/N spürte ihr Herz im Hals schlagen. Von oben, aus dem Fenster des Schlafsaals, hatte sie eine Sicht auf alles. Ihre Finger krallten sich ins Holz des Rahmens. Sie wollte schreien, wollte dazwischengehen – doch etwas hielt sie zurück. Vielleicht war es die unausgesprochene Regel: Ein Rudelduell musste ausgetragen werden. Ohne Zuschauer, ohne Einmischung.
„Sag es deutlich, Cliff", knurrte Jeffrey.
Cliff hob das Kinn. „Ich fordere dich heraus. Um die Führung. Um den Platz, den du nicht mehr verdienst."
Tikaani und Bo standen nebeneinander, die Arme verschränkt. Ihre Gesichter waren ernst, als wollten sie jede Regung von Jeffrey lesen.
„Dann sei dir bewusst, was du verlangst", antwortete Jeffrey. Seine Stimme war tief, gefährlich, fast ein Knurren. „Ein Kampf unter uns ist kein Spiel. Wir kämpfen nicht um Stolz. Wir kämpfen um Rang. Um Respekt. Und wenn du verlierst, Cliff ... dann gibt es kein Zurück."
Cliff grinste nur breiter. „Darauf zähle ich."
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Y/Ns Zimmer – gleichzeitig
Lou hatte sich neben Y/N gestellt. Sie sah hinaus, ihre Stirn in Falten gelegt. „Das ist Wahnsinn. Wenn sie sich jetzt zerreißen, gibt's kein Rudel mehr, nur Scherben."
„Ich weiß." Y/N konnte kaum atmen. „Aber niemand hält sie auf. Nicht mal Carag."
„Carag würde es versuchen. Aber das ist Wolfsrecht. Er kann nicht eingreifen, ohne den Zorn aller zu riskieren." Lou sah Y/N von der Seite an. „Und du auch nicht. Verstehst du?"
Y/N nickte, aber ihre Fingernägel bohrten sich tiefer ins Holz. Verstehen hieß nicht, akzeptieren.
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Innenhof – der Beginn
Mit einem Laut, der halb Knurren, halb Brüllen war, verwandelte sich Cliff. Sein Körper zog sich zusammen, Muskeln spannten sich, Fell schoss hervor, und Augen wie glühende Kohlen blitzten Jeffrey entgegen. Innerhalb eines Herzschlags stand dort kein Junge mehr, sondern ein massiger Wolf, hellgrau, voller Kraft und Aggression.
Jeffrey jedoch blieb ruhig. Er ließ die Stille auf sich wirken, ließ Cliffs Zähne fletschen, ließ das Adrenalin steigen – und dann, mit einer fließenden Bewegung, verwandelte auch er sich.
Sein Wolf war größer. Breiter. Die Fellfarbe war nicht so wie Cliffs, eher dunkelbraun mit goldenen Strähnen, die im Abendlicht glühten. Aber das Entscheidende war sein Blick: kalt, berechnend, unerschütterlich.
Die beiden Kreise schlossen sich. Wolf gegen Wolf.
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Y/Ns Perspektive
Es war anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Brutaler. Realer. Keine Inszenierung, keine Show. Wenn Krallen auf Pflasterstein schlugen, wenn Zähne im Licht aufblitzten, war das kein Spiel. Es war Kampf um Leben, um Rang, um etwas Ursprüngliches, das jenseits aller Regeln von Clearwater lag.
Jeffrey und Cliff umkreisten sich, knurrten tief. Kein sofortiges Zuschlagen – sie testeten, tasteten, lauerten.
Dann, plötzlich, explodierte die Spannung. Cliff sprang zuerst, mit wilder Gewalt, die Pranken ausgestreckt. Jeffrey wich seitlich aus, packte ihn im Flug an der Flanke, riss ihn herum und schleuderte ihn zu Boden. Staub wirbelte auf.
Doch Cliff stand sofort wieder, das Fell gesträubt. Er war kein Wolf, der leicht aufgab.
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Am Rand – Carag, Holly und Brandon
„Sie bringen sich um, wenn das so weitergeht", murmelte Holly und kaute hektisch an einer Strähne.
Carag ballte die Fäuste. „Das ist Rudelgesetz. Ich darf nicht ..." Er biss sich auf die Lippe. „Aber wenn Jeffrey fällt ... dann ist Cliff der Alpha. Und dann sind wir alle in Gefahr."
„Was, wenn Jeffrey gewinnt?" fragte Brandon leise.
Carag sah ihn an. „Dann hat er das Rudel – aber vielleicht verliert er sich selbst dabei."
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Innenhof – der Kampf eskaliert
Cliff griff erneut an, schneller diesmal, zielte auf Jeffreys Kehle. Jeffrey wich nicht aus – er prallte frontal auf ihn, ein Knall von Fell, Muskeln, Knochen. Beide rollten über den Hof, Biss auf Biss, Schlag auf Schlag.
Y/N hielt den Atem an, als sie das Blut sah – dunkel auf dem Pflaster, sprühend in der Bewegung.
Jeffrey schnappte nach Cliffs Nacken, erwischte ihn, drückte ihn nieder. Für einen Moment schien alles entschieden. Doch Cliff wand sich mit einer plötzlichen Kraft heraus, rammte Jeffrey gegen die Mauer, sodass die Steine bebten.
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Y/Ns Herzschlag
Sie wollte schreien, wollte rennen, wollte zwischen sie springen. Doch ihre Beine fühlten sich wie Blei an. Stattdessen flüsterte sie kaum hörbar: „Jeffrey ... hör auf. Bitte."
Und in einem Moment, als ob er es gehört hätte, drehte er den Kopf nach oben. Ihre Blicke trafen sich. Nur ein Wimpernschlag, und doch genug.
Cliff nutzte die Ablenkung. Er riss Jeffrey zu Boden.
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Die Entscheidung
Jeffrey lag auf dem Rücken, Cliffs Zähne nahe seiner Kehle. Ein falscher Biss, und alles wäre vorbei. Doch Jeffrey riss die Hinterläufe hoch, stieß Cliff mit roher Gewalt von sich, drehte den Spieß um.
In einem wilden Aufbäumen packte er Cliff am Nacken, drückte ihn nieder, so tief, dass dessen Schnauze auf den Boden krachte. Ein Knurren, so tief, dass es den Boden erzittern ließ, grollte aus Jeffreys Brust.
Cliff zappelte, doch Jeffrey ließ nicht los. Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten.
Dann, langsam, bewusst, ließ Jeffrey ab. Aber er blieb über Cliff, dominierend, unmissverständlich.
Der Hof war still.
Cliff senkte den Blick. Unterwerfung.
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Nachklang
Bo nickte kurz, anerkennend. Tikaani jedoch blieb noch, sah Jeffrey an, als wollte sie verstehen, was ihn so stark gemacht hatte.
Jeffrey verwandelte sich zurück, schwer atmend, Blut an den Händen und an der Stirn. Er wirkte erschöpft – aber nicht gebrochen.
Y/N rannte die Treppen hinunter, konnte nicht länger zusehen. Als sie in den Hof trat, stand er schon wieder, schwankend, doch stolz.
Ihre Blicke trafen sich erneut. Keine Worte, kein Lächeln. Nur das stille Wissen: Das war nicht vorbei. Es hatte gerade erst begonnen.
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Später – am Waldrand
Jeffrey saß allein im Gras, den Rücken an einen Baum gelehnt. Die Wunden brannten, doch er dachte nicht daran. Alles, was er spürte, war die Leere nach dem Kampf – und das Gewicht der Verantwortung.
Schritte näherten sich. Y/N setzte sich neben ihn. Keine Worte, nur Nähe.
Nach einer langen Weile sagte Jeffrey heiser: „Ich hab gewonnen. Aber ich weiß nicht, ob das gut ist."
Y/N legte ihre Hand vorsichtig auf seine. „Vielleicht geht es nicht darum, gut oder schlecht. Vielleicht geht es nur darum, ob du der bleibst, der du bist."
Er sah sie an. In ihren Augen lag keine Angst, keine Zweifel. Nur Vertrauen.
Und in diesem Moment wusste er, dass Cliff zwar verloren hatte – aber der wahre Kampf für ihn gerade erst begann.
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ENDE VON KAPITEL 18
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Titel: Zwischen Krallen und Herzen - Eine Woodwalkers Geschichte
FanfictionY/N ist neu an der Clearwater High - einer Schule für Gestaltwandler. Ihr Tier ist selten: ein schwarzer Puma mit hellblauen Augen. Schon am ersten Tag freundet sie sich mit Carag, Holly und Brandon an, doch nicht jeder heißt sie willkommen. Vor all...
