Kapitel 29

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Ich beginne zu kichern und dann schallend zu lachen. Anthony und diese Frau sehen mich verwirrt an. "Ja. Der war wirklich gut." Ich halte mir vor lachen den Bauch und wische mir die Tränen weg, so doll muss ich lachen. "Das war kein Scherz." sagt Anthony ernst. Zu ernst. Ich höre augenblicklich auf zu lachen und sehe ihn entsetzt an. "Lilly, das ist deine Mama. Sie kann dir alles erklären." Ich presse die Lippen aufeinander und sehe sie mir gründlich an. Ja, jeder Leberfleck ist da, wo er hingehört. "Lilly, ich kann verstehen, dass du verwirrt bist und mich wahrscheinlich hasst aber-" ich drücke Anthony die Brötchentüte in die Hand und umarme sie. Ganz fest. So fest wie ich nur kann. Sie schnappt überrascht nach Luft und legt dann zögerlich die Arme um mich. Wieso ist sie so zögerlich? Hat sie mich etwa nicht lieb? "Ich habe mich dir genau so vorgestellt, wie du jetzt vor mir stehst. Ich hatte immer gehofft, dich einmal kennen zu lernen." Ich spüre wie sie lächelt. "Du glaubst ja gar nicht wie viel Hoffnung ich hatte euch wieder zu sehen." flüstert sie dicht neben meinem Ohr. Wir sind fast gleich groß. "Du bist seine Lehrerin." stelle ich erschrocken fest und drücke sie vorsichtig von mir. "Was?" fragt sie verwirrt. "Von Nick! Du bist die neue Reitlehrerin!" Sie wird rot. "Ja, das stimmt. Ich wollte so etwas Geld verdienen und dann seid ihr plötzlich aufgetaucht. Ich war völlig durch den Wind." haucht sie. Ich falle ihr wieder um den Hals. "Du glaubst ja gar nicht wie viel leichter jetzt mein Leben sein wird! Du musst mit zu Dad kommen er wird sich wahnsinnig freuen! Er weint so viel um dich! Es ist kein Tag vergangen an dem er nicht um dich geweint hat." Tränen sammeln sich in ihren Augen. "So einfach ist das leider nicht, Lilly." flüstert sie. Ihre Stimme scheint ihr auszugehen. "Aber warum denn nicht?" "Es gibt einen Grund, weshalb ich für tot gehalten werde und wieso ich euch nicht eher gefunden habe." Ich sehe sie fragend an. "Komm, meine Kleine, wir setzen uns in die Küche." sagt mein Onkel und streichelt mir über den Rücken. Ich nicke leicht und gehe langsam zur Küche, wo sich Anne befindet. "Hallo Tante Anne." lächle ich und umarme sie. "Na? Wie geht's dir? Alles wieder gut?" "Ja. Und Nick geht es auch schon wieder gut er verlangt schon wieder nach seinem Kuchen." Ich verdrehe die Augen und Anne lacht. "Na was für ein Glück, dass ich den Plan hatte ihm genau den Kuchen zu backen." zwinkert sie. Ich lache. "Dein ernst? Ihr verwöhnt den viel zu sehr!" "Er liegt im Krankenhaus." "Ich habe keinen Kuchen bekommen, als ich wegen der Gehirnerschütterung im Krankenhaus war." schmolle ich. Anne lacht auf. "Dann backen wir jetzt eben zwei. Einen für dich und einen für deinen Bruder." Ich nicke zufrieden grinsend. "Aber erst wird gefrühstückt ich habe nämlich Brötchen mitgebracht." "Das klingt doch mal nach etwas gutem." Ich nicke lachend und setze mich an den Tisch. Meine Mama sieht mich an und ihre Augen leuchten richtig. "So sieht Dad mich immer an, wenn er stolz auf mich ist." kicherte ich und nehme mir das Nutellaglas. "Ach wirklich?" fragt sie lächelnd. "Japp. Aber dann zoffen Nick und ich uns und er sieht mich genervt an." Anthony lacht. "Bei euch beiden würde ich Nervenzusammenbrüche bekommen, wenn ich euch rund um die Uhr an der Backe hätte." Ich sehe ihn schmollend an. "Hey! Das ist nicht fair dieser Blick von dir ist deine größte Waffe!" "Ich weiß." kicher ich. "So bekomme ich Dad immer rum. Egal um was es geht." "Mhm." brummt Anthony und lacht dann aber. Ich tauche mein Croissant ins Nutella. "Ach so: Nick meinte, dass er mal wieder mit dir und Dad mit der Jennifer raus will zum Angeln." "Naja, erstmal wird er ja noch warten müssen, denn er wird bestimmt noch eine Weile im Krankenhaus bleiben müssen, oder?" Ich nicke, sage aber nichts, da ich den Mund voll habe. "Du strahlst richtig." stellt mein Onkel lächelnd fest. "Ist doch logisch! Ich habe meine Mom wieder, meinem Bruder geht es schon wieder so gut, dass er Kuchen verlangen kann und ich habe ein Nutellacroissant!" Ich halte mein Croissant hoch. Anthony lacht schallend. "Du und dein Nutella! Aber ich bin froh, dass du wieder ordentlich isst." Mein Lächeln verfliegt und ich sehe das Croissant und das Nutella an. Schließlich lege ich das Croissant auf meinen Teller und setze mich dann auf meine Hände. "Was wird das jetzt?" "Ich bin satt." murmel ich und senke den Blick. "Oh nein, Prinzessin auf der Erbse, du wirst schön aufessen." Ich verziehe das Gesicht. "Lilly." Ich schüttle den Kopf. "Ich bin satt." Anthony seufzt übertrieben und lässt mich zum Glück in Ruhe. "Wieso willst du auf einmal nicht mehr essen?" Sie hat so eine sanfte Stimme. Engelsgleich. Ich sehe sie an. Sie hat ein so wunderschönes Gesicht. Und dazu diese grünen Augen. Sie erinnern mich an saftiges grünes Gras im Frühling. Sie selber erinnert einen an eine bunte, wundervolle Blumenwiese. Dazu strahlt sie wie die Sonne. Allerdings ist sie sehr dünn und blass. So, wie ich sie auch von den Bildern kenne. Dad sagt, dass sie durch ihre Krankheit immer so blass war. Ihre Krankheit. Ob sie immer noch Krebs hat? Oder hat sie ihn besiegt? Ich sehe ihr in ihre Augen. Etwas trauriges schimmert hinter dem glücklichen Strahlen. Es kommt langsam hindurch, nimmt überhand über ihren Gesichtsausdruck. Langsam bilden sich kleine Tränen in ihren Augen. Nein, Mom, bitte wein doch nicht! "Was hat er dir nur angetan?" flüstert sie kaum hörbar, doch ich höre es. Wer? Meint sie Dad? Oder wen? "Wer hat mir was angetan?" "Dieser Junge. André." haucht sie, versucht dabei das Schluchzen zu unterdrücken. "Du kennst ihn?" Sie nickt und nun kullern ihr die Tränen über die Wange. "Ich bin Schuld. Ich bin daran Schuld, dass es dir so schlecht geht." schluchzt sie nun. Scheinbar brechen bei ihr gerade alle Dämme. Wovon redet sie denn nur? Sie verdeckt ihr Gesicht mit ihren Händen und weint nun richtig. Hilflos sehe ich zu Anthony, der aufspringt und seine kleine Schwester in den Arm nimmt. Beruhigend streichelt er ihr über den Rücken und küsst immer wieder ihre Haare. Anne beobachtet das ganze mit einem mitleidigem Blick. Was hat das denn alles zu bedeuten? Mir geht es gut! Ich habe meine Mutter wieder! Ich wusste nie, wie es ist eine Mama zu haben und jetzt, wo ich sie am meisten Brauche taucht sie auf! Das ist wundervoll! Ich liebe dich doch, Mom! Ich stehe auf und setze mich einfach auf ihren Schoß. "Ich liebe dich, Mom. Ich bin so unendlich froh dich endlich kennen lernen zu dürfen, dich nun endlich zu haben. Ich habe mir immer gewünscht, dass du wieder kommst. Ich war so oft an deinem Grab und habe dir von meinen Problemen erzähl. Jetzt, wo ich dich so sehr brauche, bist du da und kannst mich in den Arm nehmen. Du glaubst ja gar nicht wie gut es mir damit geht!" Sie legt ihre Arme um mich und drückt meinem Kopf an sich. "Ich liebe dich auch, mein kleines, wundervolles Mädchen." schluchzt sie. "Bitte geht nicht mehr fort." "Das werde ich nicht. Ich werde kämpfen." antwortet sie entschlossen.

Daddy, I love you!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt