Kapitel 20

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Als ich aufwache liegt Chris nicht mehr neben mir. Ich muss eingeschlafen sein. Ich strecke mich und gähne. Hm, mir ist etwas kalt, da ich nur meinen Slip und einen mir viel zu großen Hoodie von Chris anhabe, der mir aber über den Po reicht. Mit meiner Hand taste ich auf dem Nachttisch nach meinem Handy und entsperre es, als ich es dann gefunden habe. Oh. Mein. Gott. Dad hat mich 27 mal angerufen, Nachrichten geschickt, auf den AB gesprochen. Fuck. Er wird sich sicher große Sorgen machen. Es ist jetzt 22 Uhr, ich denke mal, dass er wach sein wird. Ich wähle also seine Nummer und warte geduldig, bis er ran geht. "Lilly! Herrgott! Wo bist du? Ich mache mir Sorgen!" "Sorry, Dad, aber ich musste weg. Ich bin bei Chris, keine Sorge." Er atmet erleichtert aus. "Geht es dir gut?" "Ja, Dad." seufze ich. "Es tut mir so leid, meine Kleine. Bitte komm nach Hause. Ich kann dich auch abholen." "Sei mir bitte nicht böse, aber ich möchte gerne hier bleiben. Ich habe ja morgen wieder Reitunterricht. Hast du Zeit, um hinzukommen?" "Aber natürlich. Ich werde da sein." Ich lächle etwas. "Ich liebe dich, Daddy." "Ich dich doch auch, mein Schatz." Er klingt traurig, beinahe so, als hätte er geweint. "Was ist mit dir?" "Nichts, Lilly, es ist alles gut." "Du lügst mich an." sage ich enttäuscht. Er atmet hörbar aus und kurz ist es still. "Ich vermisse deine Mutter, weißt du? Sie hätte für dich da sein können. Ich komme mir so unnütz und hilflos vor. Ich weiß nicht wie ich dir helfen kann oder soll. Ich weiß es einfach nicht. Das wusste ich noch nie. Ich bin nur ein Mann. Du brauchst doch eine weibliche Bezugsperson. Jemanden, mit dem du über Dinge reden kannst, über die ein Mädchen mit dem Papa eben nicht reden möchte." Da hat er definitiv recht. "Ich habe Angst, dass du mir entgleitest, dass ich dich verliere. Ich mag es, wenn er von Mom redet. Aber nicht so. Er soll von ihr schwärmen und nicht trauern. "Ich brauche keine andere Mütter, Dad. Setz dich nicht so unter Druck. Mir geht es gut und Mom ist immer bei mir, das weißt du nur nicht." "Wie meinst du das?" "Das bleibt mein Geheimnis." flüstere ich und fasse mir an meine Brust, wo die Kette hängt, versteckt unter meinen Klamotten. Ich höre an seiner Atmung, dass er lächelt. "Du bist viel zu schnell erwachsen geworden. Wo ist mein kleines Mädchen hin?" "Das bin ich doch immer noch. Und das werde ich immer bleiben." "Ich hoffe es so sehr." "Dad, ich muss auflegen und mal nachsehen wo Chris ist. Wir sehen uns morgen, okay?" "Ja, ist okay, meine Kleine. Schlaf nachher gut. Ich liebe dich ganz doll." "Ich dich auch, Dad. Bis morgen." Ich lege auf und atme einmal tief durch. Ich kann ihm nicht böse sein. Ich habe vorhin einfach überreagiert. Ich stehe vom Bett auf und strecke mich noch einmal, ehe ich das Zimmer verlasse. Es ist ganz ruhig hier und stockdunkel. Wo sind denn alle hin? Ich seufze schon wieder und gehe in die Küche, um nach etwas essbarem zu suchen, da mein Magen ganz laut knurrt. Ich öffne alle Schränke und sehe nach. Im Kühlschrank sind Eier. Ich könnte mir Spiegeleier oder Rühreier machen. Oder vielleicht sogar Pfannkuchen. Hm. Nur was mache ich jetzt? Ich entscheide mich für Pfannkuchen und hole noch mein Handy. Ich stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren, mache laut Musik an und verstaue mein Handy dann in Dr Bauchtasche des Pullovers. Anschließend beginne ich den Teig anzurühren. Allerdings mache ich die dreifache Menge, damit die Jungs auch etwas davon essen können. Dreifache Menge! Mein Gott, wie viel ich da braten muss! Als der Teig fertig und die Pfanne heiß ist beginne ich einen Pfannkuchen nach dem anderen zu braten und tanze im Rhythmus der Musik vor mich hin. Plötzlich legen sich zwei Hände auf meine Hüften und ich erschrecke mich wahnsinnig. Ich ziehe die Kopfhörer aus meinen Ohren und drehe mich um. Chris grinst mich amüsiert an. "Man! Was reitet dich, dass du mich so erschreckst? Verdammt!" rufe ich und versuche mich zu beruhigen. "Naja, du jedenfalls nicht." Ich lege verwirrt den Kopf schief. "Oh man. Na, du reitest mich ja nicht. Also tut es niemand." lacht er. Ich verdrehe die Augen und wende mich der Pfanne zu. "Riecht lecker." stellt Chris fest und küsst meine Schläfe. Ich lächle vor mich hin und Wende den Pfannkuchen. "Meinst du nicht, dass du ein bisschen wenig an hast? Ich meine... Die Jungs sind alle hier." haucht er dicht neben meinem Ohr und seine Hände gleiten nach unten zu meinem nackten Oberschenkel. "Finger weg." kicher ich und drücke ihn von mir. "Du bist niedlich, wenn du so kicherst." Er grinst schief. "Kannst du schon den Tisch decken? Ihr hab doch sicher auch Hunger, oder?" Er nickt sofort und küsst noch einmal meine Wange. Ich drehe mich um und sehe die Jungs alle am großen Tisch sitzen. Einige grinsen mich an, der Rest sieht mir auf meine nackten Beine. Ich laufe rot an und drehe mich ganz schnell wieder zur Pfanne. Ich kann hier gerade nicht weg, sonst hätte ich mir längst eine Hose oder so angezogen. "Schatz!" ruft Chris aus seinem Zimmer und ich bekomme Gänsehaut. Ich glaube, dass er mich noch nie so genannt hat. "Jaha!" flötet Nico laut und mit hoch gestellter Stimme und die anderen lachen. "Fresse Nico!" flötet Chris im gleichen Ton zurück. Ich muss mir das lachen verkneifen. Chris kommt in Boxershorts aus seinem Zimmer. "Hast du meine Jogginghose irgendwo gesehen?" Ich sehe ihn an, kann den Blick nichr von ihm wenden. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen und ich beiße mir auf die Lippen. Er zieht fragend eine Augenbraue hoch. "Äh..." krächze ich. Ich habe das Gefühl meine Zunge verschluckt zu habe. Ich räuspere mich und schlucke schwer. "Ich weiß nicht. Ich glaube in deinem Zimmer auf dem Stuhl." antworte ich nun mit heiserer Stimme. Er sieht mich schmunzelnd an. Er verschwindet in sein Zimmer und kommt wenig später angezogen wieder raus. "Ich pass hier auf, kannst dich anziehen." Ich nicke dankbar und laufe schnell in sein Zimmer, um mir meine lange Jeanshose anzuziehen. Es ist gerade nicht sonderlich warm. Als ich fertig bin gehe ich wieder zur Küche, um weiter die Pfannkuchen zu braten. Die Jungs holen sich alle einen Teller und ich fülle jedem schon mal einen Pfannkuchen auf den Teller. "Daran könnte ich mich gewöhnen." lacht Billy und beginnt zu essen. "Solltest du aber nicht, denn das wird nicht oft vorkommen." Er verdreht grinsend die Augen. Als endlich alles fertig ist setze ich mich auch an den Tisch. Auf meinen Pfannkuchen schmiere ich mir Nutella und dann rolle ich ihn zusammen. "Schmeckt echt voll gut, Lilly." lobt Henryk. Ich lächle und genieße den süßen Geschmack. Ich habe schon lange nichts ordentliches mehr gegessen. Naja, ordentlich ist das hier ja auch eher weniger aber egal. Das hier könnte noch ein schöner Abend werden.

Daddy, I love you!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt