Kapitel 2

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ELINA

Gerade, als ich die Halle verlassen möchte, kommt mir Jeanette entgegen. Sie ist die Mutter von Louis, einem guten Freund von meinem kleinen Bruder. „Elina, wie schön, dass wir uns mal wieder sehen. Hat Nico dich schon gefragt, ob er morgen zum spielen zu uns kommen darf oder hat er das wegen dem Trubel rund um den Eishockeyspieler ganz vergessen?"

„Das hat er wohl vergessen. Nicky ist wirklich sehr aufgeregt und freut sich total heute einen echten Profispieler kennenzulernen. Wie würde es dir denn morgen passen?"

„Er kann gerne direkt nach der Schule mit Louis nachhause kommen und dann auch bei uns essen, Louis hat sich extra Pizza gewünscht. Abholen kannst du ihn wie es dir passt, ruf mich davor einfach kurz an."

„Dann machen wir das so Jeanette, vielen Dank! Nico wird sich sicher freuen, er liebt deine selbstgemachte Pizza", teile ich ihr zum Abschied mit und sehe, wie die Augen der dunkelhaarigen Frau fröhlich aufblitzen nach meinem Kompliment.

Seit meine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind, habe ich das alleinige Sorgerecht für Nico. Der Unfall ist fünf Jahre her und ich vermisse die Beiden immer noch jeden Tag, aber für meinen Bruder bleibe ich stark. Es war eine große Umstellung von der Position der älteren Schwester in die Mutterrolle zu schlüpfen, aber Nico und ich haben diese schweren Zeiten erfolgreich gemeistert. Anfangs war jede Kleinigkeit eine Herausforderung: ein Spieldate ausmachen, die richtige Kleidergröße finden, mit seinen Wutanfällen umgehen und natürlich alles rund um Sport und Familie. Inzwischen habe ich guten Kontakt zu den Müttern seiner Freunde, vergesse keine einzige Schulveranstaltung und versuche mit Nico an einem Strang zu ziehen. Es erfordert sehr viel Planung unsere Tagesabläufe aufeinander abzustimmen und es ist weiterhin schwer für mich die volle Verantwortung für einen anderen Menschen zu tragen, aber unsere Eltern hätten das so gewollt. Allein bei dem Gedanken meinen Bruder in ein Kinderheim oder eine Pflegefamilie zu geben läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Ich beginne jeden Tag mit dem Vorsatz meinen Bruder glücklich zu machen. Natürlich bin ich nicht perfekt, aber wer ist das schon?

Ich öffne die schweren Eingangstüren der Eishalle und begebe mich nach draußen. Noch immer bläst mir ein kalter Wind um die Ohren und es hat wieder angefangen zu schneien. Es fallen große Schneeflocken vom Himmel und diese hinterlassen bereits eine dünne weiße Schicht auf der Straße. Hoffentlich streut der Winterdienst in der nächsten Stunde nochmal, ansonsten kann es später mit verschneiten Straßen lustig werden. 

Das Geräusch eines lauten, grollenden Motors zieht meine Aufmerksamkeit auf sich und mein Blick fällt auf ein Monster von einem Auto. Der schwarze Dodge Ram, der gerade in die Straße einbiegt, ist riesig und passt ganz und gar nicht in unsere kleine Vorstadt. Der Wagen sieht teuer und neu aus, so ein Auto fahren wohlhabende Leute aus der Stadt und nicht wir kleinen Vorortmenschen. Der Dodge fährt langsam die Straße entlang und auf meiner Höhe wird er langsamer und hält schließlich ganz an. Der Fahrer lässt das Seitenfenster herunter und ein wirklich attraktiver Mann kommt zum Vorschein; zumindest, bis er seinen Mund aufmacht: „Hey Schönheit, du kannst mir mit zwei Dingen den Tag versüßen. Einmal bitte deine Nummer und dann wüsste ich gerne, wo hier in der Straße eine Eishalle sein soll."

Ich bin so schockiert, dass mir fast die Kinnlade runterklappt. Das ist der Eishockeyspieler, auf den Luca sich seit Tagen freut? Natürlich muss er einer dieser Typen sein, die eine Frau mit Schönheit ansprechen und denken, ihnen liegt die ganze Welt zu Füßen – Arschloch. Seine scharfen Gesichtszüge, die leicht krumme Nase und die schwarzen Haare sind wirklich attraktiv, aber Aussehen ist nun mal nicht alles.

„Die Eishalle ist direkt hier", antworte ich ihm dennoch und zeige auf das Gebäude hinter mir. Dem Mann entgleiten sämtliche Gesichtszüge, als er die Halle: „Das Ding da? Niemals. Das sieht ja aus, als wäre es einsturzgefährdet und abrissbereit. Mein Coach würde meine Gesundheit nicht so gefährden."

Was ein arrogantes Arschloch. Natürlich entspricht die Eishalle nicht den neusten Standards und ja, die Fassade ist alt und bröckelt bereits ab, aber etwas Besseres gibt es hier nicht. Solange die Eisfläche qualitativ gut ist, ist das Äußere des Gebäudes zweitrangig. Wie bei Menschen auch: das Innere zählt. Ein schöner Körper bringt dir bei einem hässlichen Charakter nichts.

„Das ist die Halle. Geh rein oder lass es bleiben, aber wenn du dich entschließt dem Ganzen eine Chance zu geben, dann sei wenigstens nett zu den Kindern."

„Kinder?!", ruft Mr. Arrogant entsetzt aus und ich schaue ihn verwundert an. Warum ist er so überrascht? Er sollte doch wissen, dass er die nächsten Wochen lang als Co-Trainer der Jungs agieren wird, oder etwa nicht?

„Kinder", bestätige ich ihm deshalb leicht skeptischund setze den Weg zu meinem Jeep fort. Ich meine, ihn noch sowas wie „Der Coach weiß genau, dass ich Kinder hasse" murmeln zu hören, doch ich gehe nicht weiterdarauf ein. Ich kenne ihn nicht, aber seinen ersten Eindruck bei mir hat ermächtig verhauen und ich möchte keine weitere Sekunde in seiner Nähe verbringen. Typen wie ihn gibt es wie Sand am Meer, irgendwann muss jeder von seinem hohen Ross herunterkommen. Meine beste Freundin Amber ist nicht nur einmal auf ein reiches Arschloch hereingefallen und ich selbst habe durch ihren Schmerz gelernt, mich von solchen Leuten fernzuhalten.


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Da hat Elina wohl ein paar kleine Vorurteile...

Denkt an den Stern! <3

Trust me | laufendWhere stories live. Discover now