Gwen und Michelles erstes Treffen

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-Gwen Williams-

Ich wusste nicht, was ich von dieser Nymphe Michelle halten sollte, als Sophia mich davon überzeugte, mir ihre neu gewonnene Freundin vorstellen zu müssen.

In einem Park, nicht weit von der Uni entfernt, trafen wir uns zu dritt. Ich lauschte dem Gespräch von Sophia und Michelle über einen ethischen Konflikt, der sich vor über dreihundert Jahren zwischen dem Feenvolk und den Koboldgruppen gebildet hatte.

"Ich finde es immer noch schwierig zu behaupten, dass das Elfenvolk sich freiwillig vor Jahrhunderten den niederen Wesen zugehörig gemacht hat. Wären es nie zu dieser Kategorisierung von Wesen gekommen, hätten sie nie die Sklavenzeit durchmachen müssen und sich ihre Freiheit erkaufen müssen."

"Ich kann das zwar verstehen, aber alle Wesen haben sich dem Gesetz unterworfen. Und wie willst du denn zwischen den niederen Wesen unterscheiden? Sind etwa diejenigen, die ihren Argwohn zum Ausdruck bringen können, gleich diejenigen, die auf einmal zum höheren Volk gehören? Dann sollten wahrscheinlich auch Feuerwichtel frei herumlaufen dürfen und alles in Brand setzen."

Sophia seufzte und versuchte ihre Meinung zu untermauern.

"Das ist ja als würdest du Pixie und Fae miteinander gleichsetzen!"

Michelle verdrehte die Augen und sah dann zu mir.

"Was sagst du denn dazu?"

Ich blickte von meinem Handy auf, als sie mich angesprochen hatte.

"Das Elfenvolk hat sich schon vor ihrer Sklavenzeit in eine andere Form der Leibeigenschaft getrieben. Hätte es dieses Dekret nicht gegeben, hätten sie sich so oder so einen Herren gesucht."

Sophia seufzte.

"Das ändert doch nichts an ihrer Würde und das Recht, selbst über ihr Schicksal entscheiden zu können."

Ich zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich konnte ich mich in diese ethischen und juristischen Fälle nicht tief genug hineinversetzen. Ich hatte stets die Fakten vor Augen und die Elfen hatten damals, als das Dekret erlassen wurde, keinen Widerspruch gegen ihre Kategorisierung vorgenommen. Es gab sogar einige Fürsprecher von dem Elfenvolk. Sie waren oft faul, wenn es darum ging sich politisch einzusetzen und wollten nicht allzu viel Eigeninitiative betreiben. Es waren Wesen, die dafür geboren waren zu folgen und zu dienen, und sie sahen es als Erleichterung nicht selbst ihren Herren wählen zu müssen.

Na ja, jedenfalls für drei Jahrhunderte. Danach stellten sie fest, dass nicht jeder Herr es wert war ihm zu dienen. Erst dann entstand die Feenrevolution. Den alten Heeren der Elfen, die entfernt mit diesen verwandt waren, wollte die alte Form wieder haben und hatten alles in der Macht Stehende getan, um den Elfenhandel einzudämmen und den niederen Wesen gewisse Grundrechte einzuräumen. Die Elfen mussten wohl einmal auf die Nasen fallen, damit sie für ihre eigenen Rechte einstanden.

Zwar waren diese Grundrechte meiner Meinung nach immer noch verbesserungswürdig, aber bei manchen dieser magischen Kreaturen war es richtig und wichtig sie zu überwachen und nicht in der freien Wildbahn leben zu lassen. Auf jeden Fall nicht zu dieser Zeit, wo die Menschen so labil und allgegenwärtig waren.

"Ich kann zwar verstehen, dass ihr in eurem Kurs erlernen sollt, dass Gesetzesänderungen langfristige Folgen haben können, aber soweit ich weiß, können nur wenige hellsehen und wissen, was geschehen wird. Ihr solltet also euch lieber auf die Fakten konzentrieren, statt darüber nachzugrübeln, ob es ein paar Individuen vielleicht in hundert Jahren stören könnte. Irgendwer wird sich immer an etwas stören", sagte ich etwas gleichgültig und ich hörte Sophia schnauben. Sie gehörte zu besagten Feen und fühlte sich wahrscheinlich durch meine Aussage etwas angegriffen. Aber auch sie würde noch lernen, dass es nicht immer gut war, sich emotional zu sehr in einen Fall verstricken zu lassen.

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