„Dann habe ich mir deine Stimme nicht eingebildet?"

„Du erinnerst dich?" Mit einem Mal wirkte Neville nervös und mied meinen Blick. Stattdessen betrachtete er die Wände oder sah den Gang entlang. „Nicht wirklich", murmelte ich und biss mir auf die Unterlippe, „Es ist seltsam. Ich erinnere mich an den Klang, aber nicht an die Worte."

„Neville? Kommst du?" Seamus war aus einem Klassenraum gekommen und hielt mehrere kleine Päckchen im Arm. Er balancierte sie und versuchte, mit seinem Kinn ein bisschen Stabilität zu erreichen. „Sollen wir dir was abnehmen?" fragte ich erleichtert, dass wir nicht weiter über meine Vergiftung sprachen. „Nicht nötig, aber wir sollten uns beeilen. Das Ding muss weg", rief er und lief auf die Tür zum Innenhof zu.

Ohne darüber nachzudenken, dass ich an einer anderen Stelle im Schloss gebraucht wurde, folgte ich den Gryffindors. Neville öffnete die Tür und stockte. „Mist", hauchte er leise und starrte hinaus. Mir schlug sofort diese unnatürliche Kälte entgegen und ich legte die Arme um mich.

Scheppernd fielen die Päckchen von Seamus Armen und er begann zu fluchen. Genervt krabbelte er über den Boden und sammelte alles wieder ein, während Neville weiterhin wie erstarrt aus der Tür sah.

„Was ist los?" fragte ich leise und legte zaghaft eine Hand auf Nevilles Arm. Er senkte den Blick und ich schielte an ihm vorbei. Wie ich, wegen der Kälte bereits vermutet hatte, schwebten mehrere Dementoren um die Brücke. Einer schien uns zu bemerken und glitt langsam über den Innenhof auf uns zu.

Mein Blick ging zurück zu Neville und ich atmete tief durch. Das erste und einzige Mal, dass ich einen Patronus heraufbeschworen hatte, war am Anfang des Schuljahres und ich hatte keine Ahnung, wie ich das damals geschafft hatte. Wie oft hatte ich es im Schulleiterbüro versucht und war gescheitert? Aber jetzt musste es gelingen.

Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Vor meinem inneren Auge spielte sich mein erstes Mal ab und ganz leise hörte ich Snapes Stimme, wie sie den Zauber ebenfalls aussprach. War das die Lösung des Rätsels? Hatte es deswegen im Büro nie funktioniert?

Fest entschlossen öffnete ich wieder die Augen. „Vertraust du mir?" fragte ich und Neville hob verwirrt den Blick. „Kannst du einen Patronus?" Seine Stimme war so voller Hoffnung, dass es mir den Magen zusammenzog. Was, wenn es nicht funktionierte? Darüber durfte ich nicht nachdenken. Ich durfte den Glauben an meine Fähigkeiten nicht verlieren.

„Vertraust du mir?" wiederholte ich und streckte ihm meine Hand entgegen. Mit der anderen stieß ich die Tür weiter auf. Ein Windstoß der Kälte kam uns entgegen und Seamus hob verwirrt den Blick, aber ich blendete ihn völlig aus.

„Ja", hauchte Neville und legte seine Hand in meine. Ich spürte die Wärme, die von ihm ausging und das Kribbeln, welches jeden Zweifel verscheuchte. Es würde funktionieren.

„Versuch es", verlangte ich. Mein Blick fokussierte seine hellgrünen Augen, welche ein Feuer in meinem Inneren entfachen konnten. Ob er wusste, dass er diese Wirkung auf mich hatte?

„Was?" hauchte er und trat einen kleinen Schritt auf mich zu. „Einen Patronus", erwiderte ich leise und beobachtete, wie seine Pupillen für den Bruchteil einer Sekunde nach unten glitten. Nur um sofort wieder meine Augen zu finden.

„Aber...", murmelte er leise. Ich konnte spüren, wie sich die Unsicherheit in ihm ausbreitete. „Vertrau mir", hauchte ich und griff auch noch nach seiner anderen Hand. Ich merkte, dass er in dieser seinen Zauberstab hielt und richtete ihn, ohne den Blick von seinen Augen zu nehmen, in Richtung Innenhof.

Expecto Patronum", flüsterte Neville und sofort spürte ich, wie die Macht durch meine Adern floss. Ich hielt die Luft an und konzentrierte mich darauf, mit Nevilles Hilfe die Dementoren zu verjagen.

Lucinda - The Mask of a SlytherinWhere stories live. Discover now