Ohne Titel Teil 1

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Piep, piep, piep! Das war der Wecker. Genervt schlug Oskar darauf und das nervende Geräusch verstummte. Rückwärts ließ sich Oskar wieder auf sein Bett fallen und starrte an die Gegend. Da ging die Tür auf und seine Zwillingsschwester kam herein. „Fröhliche Weihnachten!" rief sie und warf sich auf ihren Bruder. „Uff!" machte Oskar. „Geh runter von mir. Du bist verdammt nochmal schwer." Jette verdrehte die Augen und ging wieder aus seinem Zimmer. Oskar drehte sich auf die Seite und versuchte, noch mal einzuschlafen. Klappte aber nicht. Also stand er auf und lief in die Küche. Dort stand bereits sein Vater und bereitete das Frühstück vor. Es roch nach Rührei und Bacon. Wie immer am Morgen wenn Heiligabend war. „Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?" fragte sein Vater. Oskar grummelte etwas unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart. „Wie bitte?" „Geht so." wiederholte Oskar seinen Satz. „Ist Mum schon weg." Sein Vater nickte. „Jup. Es gab einen Notfall im Krankenhaus." Da kam Oskars große Schwester Marlene in die Küche und setzte sich neben ihn an den Tisch. Schlecht gelaunt stocherte Oskar in seinem Rührei rum. „Was ist? Hast du keinen Hunger?" Ein Kopfschütteln vom blondhaarigen war die Antwort. „Wo ist eigentlich Jette?" erkundigte er sich, um vom Thema abzulenken. „Die ist vor zehn Minuten zu ihrem Freund." Oskar ließ seine Gabel fallen und lief in sein Zimmer. Dort angekommen schlug er die Tür zu und schmiss sich auf sein Bett. Alle in diesem Haus hatten eine Beziehung. Seine Eltern waren ja verheiratet, seine große Schwester war seit zwei Jahren mit einem aus ihrer Klasse zusammen und Jette war jeden fucking Tag bei ihrem Freund. Und er? Er war unglücklich in seinen besten Freund verliebt. Verzweifelt schrie er in sein Kissen. Schon seit Kylian in seine Klasse gekommen war verdrehte er Oskar den Kopf. Das war vor gut vier Monaten gewesen und seitdem waren sie beste Freunde geworden. Freunde. Das Wort tat Oskar im Herzen weh. Aber es war so. Sie waren Freunde, mehr nicht. Es klopfte an die Zimmertür und Marlene kam herein. Sie setzte sich an den Bettrand und strich ihrem kleinen Bruder über den Rücken. „Ist alles okay?" fragte sie besorgt. „Ja." schniefte dieser. „Das glaube ich dir nicht. Ist es wieder wegen ihm?" Marlene war die einzige, die wusste, dass Oskar schwul und in seinen besten Freund verliebt war. Sie hatte kein Problem damit und war immer für ihn da, wenn es ihm deswegen wieder schlecht ging. Dafür war Oskar seiner Schwester sehr dankbar. Er nickte und wurde sofort von seiner Schwester in eine Umarmung gezogen. „Ach Oskarlein." Langsam beruhigte sich Oskar und ließ seine Schwester los. „Wieder alles gut?" fragte sie. Oskar nickte. Marlene stand auf und ging aus dem Zimmer. Doch im Türrahmen blieb sie nochmal stehen und drehte sich zu Oskar um. „Wenn was ist, sag Bescheid, ok?" Wieder ein Nicken von Oskar. Dann schloss sich die Tür und er war wieder allein in seinem Zimmer. Doch bevor er etwas tun konnte, schlief er ein.

Ich liebe dich." flüsterte Oskar. „Was?!" Kylian stieß ihn von sich weg. „Ich... liebe dich." wiederholte Oskar. Angeekelt sah Kylian ihn an. „Bah. Das ist widerwärtig. Verschwinde, ich will dich nie wieder sehen!" schrie der blauäugige Oskar an. „Aber-" „Nichts aber! Verschwinde, du ekelhafter Basdart!" Oskar stiegen Tränen in die Augen. Er wandte sich zum gehen, doch plötzlich stand hinter ihm jemand. „Wieso tust du nicht, was er sagt?" fuhr der braunhaarige ihn an. „Du... bist... homophob?" Eingeschüchtert trat er einige Schritte zurück. Plötzlich spürte er, wie er fiel. Er fiel und fiel und...

wachte auf. Er lag neben seinem Bett. „Was ein Traum." murmelte Oskar und wischte sich einige Tränen vom Gesicht. Dann rappelte er sich auf. Er beschloss, etwas für die Schule zu tun und zu lernen, da sie am ersten Tag nach den Ferien eine Mathearbeit schreiben würden. Also setzte er sich an seinen Schreibtisch und schlug sein Mathebuch auf. Sie würden über Wahrscheinlichkeitsrechnung schreiben, ein Thema, das Oskar nicht wirklich lag. Nach zwei Stunden rief sein Vater ihn zum Mittagessen. Er tapste, wohlgemerkt immernoch im Schlafanzug, trottete er die Treppe hinunter und setzte sich auf seinen Platz. Der Rest seiner Familie war schon da. Auf dem Tisch stand ein Adventskranz, alle vier Kerzen brannten und in einer Ecke stand ein Weihnachtsbaum. Schließlich war heute Heiligabend. Lustlos stocherte er in seinem Essen rum. „Alles gut?" fragte ihn seine Mutter. „Hab keinen Hunger." In genau diesem Moment knurrte sein Magen. „Das stimmt nicht." stellte sie wenig geistreich fest. 

Nachdem sie fertig gegessen hatten, ging Oskar wieder auf sein Zimmer. Dort spielte er irgendein Spiel auf seinem Handy. Draußen wurde es bereits dunkel und noch immer spielte er. Zwischendurch waren ein paar mal seine Eltern oder seine Schwestern hereingekommen und hatten ihn gefragt, was los war, doch er hatte nicht geantwortet. Da bekam er eine Nachricht. Genervt klickte der blonde darauf. Die Nachricht war von Kylian. In Oskars Bauch tanzten Schmetterlinge, wie immer, wenn er an Kylian dachte.                               'Hey, kommst du mit auf den Weihnachtsmarkt? Die andern kommen auch'                                         So lautete die Nachricht. Oskar lächelte.                          'Klar, muss nur kurz fragen'  schrieb er zurück. Er rannte die Treppe runter, wobei er beinahe hingefallen wäre, und stürmte ins Wohnzimmer, wo seine Familie saß und irgendein Brettspiel spielte. "Darf ich mit Kylian und den anderen auf den Weihnachtsmarkt?!" Erstaunt sahen seine Eltern und Jette ihn an, Marlene grinste nur vielsagend, was Oskar gekonnt ignorierte.  "Was meinst du?" fragte seine Mutter seinen Vater. "Also ich habe nicht dagegen." "Also darf ich?" fragte Oskar hoffnungsvoll. Seine Mutter nickte. Er machte einen Freudensprung. "Aber nur", fuhr sie fort. "Wenn du bis zehn wieder daheim bist." "Danke!" rief Oskar und rannte die Treppen hoch. Schnell schrieb er Kylian, dass er mitkommen würde, und zog sich um. Er überlegte, ob er noch seine Haare machen sollte, ließ dann aber. Erstens dauerte es zu lange und zweitens meinte Kylian mal, dass sie verwuschelt besser aussahen. Er sah auf die Uhr. Zehn vor sechs. Um sechs waren sie an der Bushaltestelle verabredet. "Ich bin weg!" rief er, als er das Haus verließ. Um Punkt sechs war er bei der Haltestelle angekommen. Kylian und die anderen drei warteten bereits auf ihn. Jan, Jonathan und Noah begrüßte er mit einem Handschlag, was er auch bei Kylian machen wollte, doch dieser zog ihn in eine Umarmung. Überrascht erwiderte Oskar sie. Viel zu schnell war die Umarmung vorbei, da der Bus kam. Sie setzten sich auf einen dieser Viererplätze, doch da sie zu Fünfter waren, quetschte Kylian sie einfach zwischen Jonathan und Oskar. Zweiterer hielt die Luft an, entspannt sich jedoch bald. Am Bahnhof stiegen sie aus dem Bus. Nach fünf Minuten laufen waren sie am Weihnachtsmarkt angekommen. Alles glitzerte und es roch nach Glühwein und Waffeln. Und ausnahmsweise lag auch Schnee. Die fünf schlenderten eine Weile herum, Noah knabberte ein paar gebrannte Mandeln und sie schwiegen. Jan hatte seine Finger mit denen von Noah verschränkt, sie waren wirklich ein süßes Paar. Leider war ihre Beziehung nicht von allen gut angenommen worden. Oskar schielte zu Kylian und überlegte, ob er sein Hand nehmen sollte, ließ es dann aber. Wie sollte er sich denn bitte erklären, wenn der größere fragte, wieso er das tat. Plötzlich rempelte ihn Jonathan an, sodass er stolperte und gegen Kylian taumelte. "Alles gut?" fragte dieser besorgt. Oskar nickte nur, nicht fähig irgendetwas herauszubringen. Nach einer Weile setzten sie sich ans Seeufer und blickten auf das dunkle Wasser. Irgendwann verabschiedeten sich Jan und Noah, mit der Begründung , dass sie noch 'etwas zu tun' hatten. Gegen neun ging dann auch Jonathan. Nun saßen nur noch Oskar und Kylian am Ufer des Sees. Oskar legte seinen Kopf auf die Schulter des größeren. So blieben sie eine Weile sitzen, bis Kylian das Wort ergriff. "Oskar? Ich- Ich muss dir was sagen." "Ich dir auch." "Dann sag du zuerst." meinte Kylian. Erschrocken schüttelte Oskar seinen Kopf. "Nein, mach du." "Na gut." Kylian atmete tief durch. "Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt." Oskar war sich nicht sicher, ob er's ich verhört hatte. Hatte Kylian grade wirklich gesagt, dass er in ihn, Oskar, verliebt war? "Ich- also- ähm-" stotterte er. "Schon gut. Wenn du nicht mehr mit mir befreundet sein willst, dann kann ich das verstehen." Mit diesen Worten stand Kylian auf und wollte gehen, doch Oskar hielt ihn am Handgelenk fest. "Wenn du jetzt gehst, dann tust du nicht nur dir weh, sondern auch mir." Verwirrt sah Kylian auf den kleineren hinab. "Wie meinst du das?" Oskar packte ihn am Kragen, zog ihn zu sich hinunter und legte seine Lippen auf die des größeren. Es war nur ein sehr kurzer Kuss, aber Oskar genoss ihn in vollen Zügen. Als sie sich lösten, hatte er Freudentränen in den Augen. "Ich liebe dich auch, du Idiot." Erst reagierte Kylian gar nicht, doch dann viel er Oskar um den Hals. "Du glaubst nicht, wie glücklich du mich damit machst, indem du das sagst." flüsterte er ihm ins Ohr. Die Kirchenuhr schlug halb zehn. "Fröhliche Weihnachten, Oskar." "Fröhliche Weihnachten, du kleiner Idiot." 


Weihnachts OsWhere stories live. Discover now