Chapter Five

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Autumn

Die anderen waren schon einige Minuten vor mir weg. Ich hatte gesagt, dass ich nochmal kurz ins Bad musste, weil es stimmte. Allerdings hatten sie bereits alle Lichter gelöscht. Weshalb ich im hell erleuchteten Bad saß und mich nicht traute, rauszugehen. Ein Blick in den stockdunklen Laden hatte mir gereicht. Es hatte auf jeden Fall ausgereicht, um Panik zu bekommen und mich hier drin zu verstecken. Am besten ich blieb die Nacht einfach hier. Ich saß auf dem Klodeckel, hatte die Beine angezogen, meine Arme darum geschlungen und meinen Kopf auf meinen Knien vergraben, während ich mich zwanghaft darauf konzentrierte nicht zu hyperventilieren. Mein Puls raste, mein Körper bebte, mein Hals fühlte sich wie zugeschnürt an. Als würde jemand direkt hinter mir stehen und die Schlinge immer weiter zuziehen, bis ich keine Luft mehr bekam.

»Ganz ruhig. Hier ist Licht Autumn. Reiß dich verdammt nochmal zusammen. Wir bleiben einfach hier. Hier kann uns nichts passieren und wenn es morgen früh hell ist, gehen wir nachhause.« Aber das ging nicht. Ich konnte meinen Dad nicht im Stich lassen. Wir hatten Gäste, die es zu versorgen galt. Und solange meine Mum noch nicht wieder fit war, brauchte er meine Hilfe. »Verdammt!«, raufte ich mir die Haare, wobei ich an dem Knäul auf meinem Kopf hängen blieb. Frustriert löste ich den Zopfgummi und stülpte ihn mir stattdessen übers Handgelenk, während ich durch meine langen blonden Haare fuhr. »Autumn?«, rief jemand nach mir. Ich zuckte unweigerlich zusammen und stieß mit dem Ellenbogen so fest an den Toilettenpapierspender, dass ich kurz Sterne sah.

Ich hielt mir den zwiebelnden Ellenbogen, während eine Frage nach der anderen in meinem Kopf erschien. Wer war um diese Uhrzeit, kurz vor halb drei nachts, noch hier? Und vor allem im Gebäude? Es klang weder nach Bob noch nach den anderen. Das hieß jemand fremdes war hier eingestiegen. Allerdings suchte mich derjenige, was gegen meine Theorie eines Einbruchs sprach. Zur Sicherheit, weil ich nicht wusste, wer derjenige war und was er von mir wollte, gab ich keinen Ton von mir. »Autumn? Bist du da drin?«, klang die Stimme mit einem Mal viel näher, weshalb ich panisch nach einem Ausweg suchte. Vergeblich. Ich würde hier nicht rauskommen. Ich steckte in der Klemme.

Die Tür gab ein quietschendes Geräusch von sich, als sie geöffnete wurde. Ich hielt unweigerlich den Atem an und redete mir ein, dass mich derjenige nicht fand. Denn, dass die Stimme männlich war, ließ sich nicht bestreiten. »Autumn? Alles klar bei dir?«, hörte ich schwere Schritte näher kommen und war nur froh, dass ich mich vorhin eingeschlossen hatte. Ich schwieg weiterhin. Nur hielt dieses Schweigen nicht lange an, weil es von einem Schrei meinerseits abgelöst wurde, als etwas gegen die Kabinentür polterte und im nächsten Moment Calebs Kopf darüber erschien. »Ich wollte dich nicht erschrecken. Aber du hast nicht geantwortet«, veränderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig, als er in meins sah. »Was ist passiert? Muss ich jemanden verprügeln?«, waren seine Worte kein Scherz. Dafür klang er viel zu ernst.

»Nein. Geht schon wieder«, nahm ich meine Brille ab und wischte die Tränen weg. Er beäugte mich noch immer misstrauisch, machte aber keine weitere Bemerkung mehr dazu. Stattdessen kam von ihm: »Machst du jetzt auf oder muss ich erst drüber klettern?«. Auch wenn ich ihn nicht kannte, schätzte ich ihn als jemanden ein, der seine Worte sehr ernst nahm und sie sofort umsetzen würde. Deshalb schob ich mir meine Brille zurück auf die Nase und erhob mich von der Toilette, um die Tür zu öffnen. Sobald er das sah, war er verschwunden. Ohne ihn weiter zu beachten, lief ich geradewegs zum Waschbecken und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. »Sagst du mir, was passiert ist?«, sah ich, dass er mich durch den Spiegel beobachtete.

»Nur wenn du mir sagst, was du hier noch machst und wie du hier reingekommen bist?«, drehte ich mich zu ihm um. »Immer langsam Prinzessin. Das waren schon zwei Fragen«, begann Caleb wieder Witze zu reißen. Dafür hatte ich gerade wirklich keinen Nerv. Nur konnte ich auch nicht weg, weil mich im Flur nichts als tiefste Dunkelheit erwarten würde. Da ich nicht den Mut aufbringen konnte, seine Frage zu beantworten, fing er an. »Ich habe draußen auf dich gewartet. Reece meinte ich soll dich mit ins B&B nehmen. Aber dann kamst du nicht raus und ich habe deine Kollegen gefragt, wo du bist. Sie haben mich übrigens auch reingelassen«, beantwortete er mir trotz seiner Worte beide Fragen. Wahrscheinlich hatte selbst Caleb als Außenstehender gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmte. Ganz und gar nicht stimmte.

Glowing DesireOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz