Kapitel #15

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Ich riss mich erst wieder aus meiner Schockstarre, als ich meine Mum hörte, wie sie die Haustür hinter sich zuwarf und vor sich hin summend ins Haus kam. Ohne eine weitere Vorwarnung kam sie schließlich in die Küche und lächelte mich viel zu fröhlich für meine aktuellen Verhältnisse an.

"Da bist du ja, mein Schatz. Können wir?", fragte sie und legte ihre Handtasche ebenfalls auf den Küchentisch, direkt neben die meine, in der bös eben noch Justins Jacke gesteckt hatte. Als Antwort erntete sie zu ihrem Entsetzten nur einen verwirrten Blick meiner Seits.
"Wir fahren zu David! Die ersten Sachen für unseren Einzug klären. Sag mir nicht, du hast es vergessen?" Geschockt sah ich sie an; wie schnell hatte sie denn vor einzuziehen?

"Ich wüsste nicht einmal, dass ich davon gewusst habe", erwiderte ich leise, doch meine Mum ignorierte es gekonnt und tat weiterhin summend so, als hätte sie nichts gehört. Meine Laune sank in diesem Moment nur noch mehr. Vielleicht war es doch eine gute Idee von Scarlett gewesen, Shawn durch den Umzug loszuwerden, denn das hier war definitiv keine Lösung.

verzweifelt stöhnend packte ich mir mein Handy und ging meiner Mutter vorraus nach draußen. Wenige Sekunden später stieß sie zu mir in den Wagen und bevor sie überhaupt hatte versuchen können ein Gespräch aufzubauen, steckte ich mir meine Kopfhörer ein.

I DROVE BY ALL THE PLACES WE USED TO HANG OUT GETTING WASTED,
I THOUGHT ABOUT OUR LAST KISS HOW IT FELT, THE WAY YOU TASTED
AND EVEN THOUGH YOUR FRIENDS TELL ME YOU'RE DOING FINE,
ARE YOU SOMEWHERE FEELING LONELY EVEN THOUGHT HE'S RIGHT BESIDE YOU,
WHEN HE SAYS THOSE WORDS THAT HURT YOU DO YOU READ THE ONES I WROTE YOU?
SOMETIMES I START TO WONDER WAS IT JUST A LIE, IF WHAT WE HAD WAS REAL, HOW YOULD YOU BE FINE?
'CAUSE I'M NOT FINE AT ALL
I REMEMBER THE DAY YOU TOLD ME YOU WERE LAEVING, I REMEMBER THE MAKE-UP RUNNING DOWN YOUR FACE AND THE DREAMS YOU LEFT BEHIND YOU DIDN'T NEED THEM, LIKE EVERY SINGLE WISH WE EVER MAD, I WISH THAT I COULD WAKE UP WITH AMNESIA AND FORGET ABOUT THE STUPID LITTLE THINGS LIKE THE WAS IT FELT TO FALL ASLEEP NEXT TO YOU AND THE MEMORIES I NEVER CAN ESCAPE....

Mit einem Schwung riss Mum mir meine Kopfhörer wieder aus den Ohren und Unterbauch somit eins meiner Lieblingslieder.
"Wir sehen uns den ganzen Tag nicht, da könntest du mir wenigstens wenn du bei mir bist auch ernstzunehmende Gesellschaft leisten!", fluchte sie mich verletzt und zugleich wütend an. Ich hatte mich schon gefragt, wo meine richtige Mum die letzten Tage über gewesen war. Ihre Stimmungsschwankungen sind ja nicht mehr zu ertragen.

"Ich bin bei dir, reicht das nicht?", fragte ich ehrlich und lehnte meinen müden Kopf gegen die Scheibe. Ich wollte einfach nur noch schlafen und all dies für ein paar Momente vergessen. Gerade als meine Mum zu einer Bemerkung, die wahrscheinlich zu Streit geführt hätte, ansetzen wollte, kamen wir an einem großen Haus an, das all meine Erwartungen sprängte. Ich warf automatisch einen bewundernden Blick über den gepflegten Rasen, der sich über den Weg vor dem Haus entlang zog und gerade zu einladend für eine picknick zwischen Vögeln wirkte.
"Gefällt es dir?", fragte meine Mum und mein eigenes Lächeln spiegelte sich auf ihren Lippen wider, als hätte die Diskussion davor nie stattgefunden.
"Es ist wunderschön", sagte ich wahrheitsgemäß.

schließlich stiegen wir aus und liefen auf das Haus zu, das eher einer kleinen Villa glich. An der Klingel rechts neben der Tür stand in einer schönen Schnörkel-Schrift 'Familie Hail' und ein warmes Tuten erklang, als ich diese drückte.

Wenige Minuten später machte uns Shawn auch schon breit grinsend auf und sah dabei so unbeschreiblich gut aus, dass meine Meinung über ihn erneut ins Wanken geriet. Er begrüßte erst meine Mutter freundlich und küsste mich dann zur Begrüßung flüchtig auf die Lippen. Mir war das vor meiner Mutter etwas unangenehm um ehrlich zu sein, doch ich ließ es dennoch geschehen.

Ich und Mum folgten ihm anschließend schweigend ins große Haus hinein bis zu einem gemütlichen Wohnzimmer, das in einer großen Glasfront endete.
"Deine Mum kennt sich hier ja schon aus, aber soll ich dich vielleicht rumführen?", richtete Shawn sich immer noch warm lächelnd an mich. Ich nickte ihm nur kurz zu, da es mich wirklich interessierte. Immerhin würde das hier mein Zuhause werden, was sowieso schon abgefahren genug war.

Shawn führte mich durch einen weiteren Flur aus dem Wohnzimmer heraus. An diesem Flur gab es mehrere kleine Türen zu Abstellkammern oder ähnlichem und dann gab es am Ende noch eine Wendeltreppe zum nächsten Stockwerk. Dieser folgten wir und standen in einem weiteren, ebenfalls weißgehaltenem Flur. Hier gab es wiederum nur drei Türen; eine führte zu einem geräumigen Bad mit Whirlpool, die nächste in mein zukünftiges Zimmer, das allerdings gerade einen neuen Fußboden verpasst bekam, und die letzte Tür führte zu Shawns Zimmer, das somit direkt neben dem meinen lag.

Mit einem leichten Schwung öffnete er sie und ich trat ihm voraus in sein Reich ein. Es war für einen Jungen seines Alters viel zu ordentlich, was ich für gewöhnlich als gut empfunden hätte. Alles schien, als hätte es seinen Platz und dürfte dort auch nicht verrückt werden. An der Wand links neben der Tür stand sein Bett, sodass seine Füße in den Raum rackten. Genau gegen über hing ein großer Fernseher an der Wand und wiederum der Tür gegenüber war ein kleiner Schreibtisch, der wohl eher seltener benutzt wurde.

"Gefällt es dir?", fragte Shawn mich grinsend. Ich nickte einfach nur, nicht fähig etwas dazu zu sagen. Plötzlich schloss Shawn die Tür hinter sich und sah mich aus reumütigen Augen heraus vorsichtig an.
"Hör zu, wegen heute Morgen noch einmal..", begann er doch ich brach ihn sofort ab. "Ist schon gut!"
"Nein ist es nicht. Ich sollte manchmal echt besser wissen, wie man sich verhalten sollte. Absofort werde ich alles so machen, wie du es dir wünschst! Ich will einfach nur, dass du glücklich bist.", brummte er mit echter Ehrlichkeit in der Stimme, was mich automatisch lachen ließ. Diese Worte trafen direkt mein Herz. Es war wirklich süß, wie nervös er wirkte und wie viel Mühe er sich gab. In diesem Moment verblassten meine Zweifel; wenn auch nur für den Moment. Ohne weiter darüber nachzudenken, ging ich auf ihn zu und schlang meine Arme um seinen Hals. Ich lächelte ihn kurz warm an und legte dann meine Lippen auf die seinen, wobei ich mir einrede, das Gefühl wäre größer als ich es wirklich spürte.

Dieses Mal war es jedoch wieder wie bei unserem Date. Eine kleine Gänsehaut bildete sich auf meiner Eigenen und mein Herz begann etwas schneller zu schlagen Und auch wenn es nur Situationsbedingt war, wollte ich daran glauben, dass da mehr für mich war. Noch bevor wir den Kuss hätten vertiefen können, riss uns mein Handy mit einem lauten Klingeln auseinander. Verlegen lächelte ich Shawn an und zog es aus meiner hinteren Hosentasche ohne darauf zu achten, wie sehr es den Moment zerstört hat.

Ich hatte eine neue SMS, von einer unbekannten Nummer.

Such es.

Im Chatverlauf sah ich, dass es die selbe Nummer war, die mir nach meinem ersten Date mit Shawn geschrieben hatte. Eine Gänsehaut lief über meinen Rücken und breitete sich auf meinem gesamten Körper aus, denn es gab nichts, was mich mehr verunsicherte, als die eigene Unsicherheit.

frightening, completedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt