Kapitel 45

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Mackensen saß in seinem Büro, las einen Bericht über die aktuelle Finanzlage von Schmidt & Braun und aß Feigen, als seine Uhr zu piepsen begann.

„Ah“, brummte er, „die 'Befreiungsaktion' müsste jetzt über die Bühne gelaufen sein. Mal sehen, was die Nachrichten sagen...“

Er griff nach einer Fernbedienung und betätigte den An-Knopf.

„Guten Abend meine sehr geehrten Damen und Herren.“

Das lächelnde Gesicht der Nachrichtensprecherin erschien auf dem Bildschirm.

„Heute haben wir etwas besonders interessantes für Sie. Eine Live-Übertragung aus unserem Fernsehwagen, den eine Gruppe Kidnapper als Fluchtwagen gestohlen hat.“

Eine weitere Feige auf dem Weg zu Mackensens Mund erstarrte mitten in der Luft.

„Irgendetwas scheint beim Plan der Entführer schiefgelaufen zu sein,“ fuhr die Sprecherin fort. „Denn während das eine Opfer, Herr Braun, durch das Fenster des Gefängnisses nach draußen in einen Hubschrauber gezerrt worden ist, wurde Herr Schmidt aus unbekannten Gründen durch den Haupteingang hinaus gebracht, wo die Entführer dann unseren Wagen in ihre Gewalt brachten.“

Feigensaft tropfte auf Mackensens Hemd, aber er bemerkte es nicht.

„Und jetzt die Live-Übertragung aus unserem Wagen. Genießen Sie die Spannung, meine Damen und Herren!“

Ein verwackeltes Bild vom Inneren eines mit Fernsehausrüstrüstung vollgestopften Vans erschien auf dem Bildschirm.

Dort schien ein Streit im Gange zu sein.

„Es ist aber doch wirklich kein so großes Problem. Dort vorne ist der Kühlschrank, keine anderthalb Meter von mir weg. Es befindet sich sicherlich ein Bier da drin. Ein Fernsehreporter ohne Bier, das wäre ja wie Kakerlaken ohne Laken. Ich hätte gern etwas Bier.“

„Schnauze!“

„Es ist ja nicht so, dass ich einen hundert Jahre alten Wein oder einen aus Schottland importierten Whiskey möchte. Ich will nur ein simples Bier. Ihr Jungs macht doch sicher auch mal einen drauf, wenn ihr eure Gefangenen sicher eingesperrt und die Lösegeldverhandlungen auf nächste Woche verschoben habt!“

„He, Boss, eigentlich hat der Säufer recht. Ich meine, Z-35 muss fahren, aber wir anderen könnten doch eigentlich...“

„Ja?“ knurrte der Fahrer. „Und warum sollte ausgerechnet ich keines bekommen? Nur weil ich fahre? Ich bin schon stockbesoffen mit 300 Sachen über die Golden Gate Bridge gefahren, da macht mir so ein kleines Bier doch nichts aus...“

„Ruhe, und zwar alle!“ Das klang nach jemandem der gewohnt war, dass man seine Befehle befolgte und sich sehr darüber ärgerte, dass es diesmal nicht zu funktionieren schien. „Dies ist eine Entführung und kein Picknick! Wir machen das professionell!“

Mackensen hatte sich die Hände vors Gesicht geschlagen und atmete schwer. Mit zitternden Händen griff er nach der Fernbedienung, doch der nächste Satz ließ ihn in seiner Bewegung innehalten.

„Und vergesst nicht, dass eigentlich jeder glauben soll, wir gehörten zu dieser Haufen von Verrückten, die...“

„WAHNSINNIGE, nicht verrückte.“

„Schnauze! Wo war ich? Ach ja, jeder soll eigentlich glauben, dass wir mit Schmidt und Braun unter einer Decke stecken und sie gewaltsam befreien! Auch wenn diese geheimen Kameras in der Gefängniszelle alles aufgenommen haben können wir vielleicht doch noch diesen Eindruck erwecken, wenn wir später das Videomaterial zerstören.“

Die Staats-AGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt