1 - Annabell

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Ich wachte vom Schein der Sonne in meinem Gesicht auf. Es würde ein schöner Tag werden. Das wusste ich schon, nachdem ich nur einen kurzen Blick durch das Fenster geworfen hatte. Kein Fenster, eher eine Glasfront, die Aussicht auf eine große Wiese mit angrenzendem Wald bot.

Der Himmel war blau und die Sonne strahlte vom Himmel herab. Ich machte mich in meinem Bad frisch und trat dann in die Küche, wo mein Vater schon am Küchentisch saß und einen Kaffee trank, während er auf seinem Handpad die Nachrichten las. Fast sah er aus wie ein ganz normaler Mensch. Es wunderte mich, dass er überhaupt noch da war. Es war schließlich schon fast Mittag. Aber anscheinend hatte er es heute nicht allzu eilig.

„Hallo, Vater", riss ich ihn aus seiner Versunkenheit in einen besonders interessanten Artikel.

„Guten Tag, Annabell. Wie hast du geschlafen?", fragte er mit gespieltem Interesse. Natürlich war es nicht echt. Leon interessierte sich nicht sonderlich für seine Tochter. Dazu hatte er gar keine Zeit.

„Gut. Und du?" antwortete ich etwas verspätet auf die mir gestellte Frage. Mein Vater hörte schon gar nicht mehr zu. Also setzte ich mich einfach an den Tisch und drückte ein paar Knöpfe auf ihm. Das Pling des Lastenaufzugs kündigte mein Frühstück, eigentlich schon Mittagessen, an. Leon stand wortlos auf und machte sich auf den Weg zu seiner Arbeit als Präsident der Republik. Ich saß nun alleine in der Küche. Wie oft hatte ich mir schon gewünscht, mein Vater würde sich etwas um mich kümmern. Wären es auch nur ein paar Minuten, die er sich mit ehrlichem Interesse mit mir unterhielte. Aber das war nicht nötig. Ich hatte gute Noten in der Schule, machte auch sonst keinen Ärger.

Nachdem ich gegessen hatte, ging ich zurück in mein Zimmer und überlegte, was ich nun tun könnte. Es war Samstag, also musste ich nicht zur Schule. Der Tag war schon vorangeschritten. Es ging langsam auf ein Uhr zu. Ich entschied mich für einen Spaziergang.

Durch die Straßen schlendernd schaute ich mir die verschiedenen Schaufenster an. Alles leuchtete und blinkte, sogar am helllichten Tag, aber es erschien nicht aufdringlich. Nichts in dieser Welt schien aufdringlich, gar bedrohlich oder angsteinflößend. Alles war gut. Alle Menschen, die an mir vorbeigingen, grüßten mich freundlich und manche blieben für einen kleinen Schwatz stehen, gingen dann, mit einem Lächeln auf den Lippen, weiter. Auch wenn es nicht allzu viele waren, da die meisten bei ihrer Arbeit waren.

Ich setzte mich in ein kleines Café und genoss die Sonne. Während ich einen Milchshake schlürfte, beobachtete ich das Treiben um mich herum. Obwohl die Geschehnisse nicht wirklich als Treiben beschrieben werden konnten, da alles sehr geordnet ablief. Keine Drängelei entstand, kein Kind schrie und als eine Frau stolperte, wollten ihr sofort mehrere Passanten wieder auf die Beine helfen. Die meisten waren ganz normale Bürger. Doch ab und zu blitzen grüne oder, ganz selten, rote Anzüge auf.

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