Kapitel 71 - Seelen

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Harry zog sich schließlich leicht zurück. Ein bisschen Bammel hatte er schon. Wenn sie wieder geswitcht hätten, hätte er es entweder mit der vermutlich verstörten menschlichen oder der auf Sex ausgerichteten wölfischen Seite zu tun. Aber tatsächlich blickte er in das Gesicht seines Gegenübers und wusste sofort: das war sein Lou. Und der lächelte ihn kurz an und zog ihn dann wieder zu sich. Murmelte dabei ein leises "das macht Spaß" und vereinte damit wieder ihre Lippen wieder zu einem Kuss, kroch dabei sogar auf Harrys Schoß.

Der strich mit seinen Händen über den Rücken des Omegas. Er wollte, dass sich dieser so wohl, wie nur irgendwie möglich fühlte. Dass er genau merkte, wie gern Harry mit ihm zusammen sein wollte. Nun, wenn der kleine leicht zittrige und etwas schwitzige Hände entsprechend Interpretieren würde, bräuchte Harry sich da keine Sorgen machen. Er fragte sich gerade ernsthaft, wo bloß seine Selbstsicherheit hin war. Er hatte Schiss etwas falsch zu machen und fühlte sich gleichzeitig wie der Größte, weil Lou sich ihm zeigte und es diesem Spaß machte, mit ihm herum zu knutschen. Er war doch eigentlich ziemlich erfahren in so einem Krams. Trotzdem war er gerade absolut aufgeregt. Auf eine freudige und irgendwie glücklich-nervöse Art.

Scheiße, dachte er dann. Er war verschossen. Also er hatte das schon kommen sehen. Aber gerade hatte er das Gefühl, seine Gefühle würden gleich einfach übersprudeln. Für einen Moment hatte er das unglaublich starke Bedürfnis, den kleinen Omega an sich zu binden. Er rutschte mit seinem Mund von dessen Lippen zu dessen Hals, den dieser auch sofort überstreckte, um ihm so viel Fläche wie möglich zu bieten. Dazu drang noch ein drängendes Fiepen aus seinem Mund.

Er will es!, Schoss es Harry durch den Kopf und für einen kurzen Moment hatte er bereits den Mund geöffnet und die empfindliche Haut unter seinen Zähnen. Überdeutlich hörte er den verschnellterten Herzschlag seines Gegenübers. Oder war es sein eigener? Gerade könnte er das echt nicht feststellen. Lous Hals schien förmlich für ihn zu singen: Beiß mich.
Seine eine Hand lag im Nacken des Omegas. Stützte ihn, weil der den Kopf so weit zurück gelegt hatte, dass er sonst womöglich einfach von Harrys Schoß fallen würde.
Harry spürte die vor Aufregung aufgestellten Nackenhaare. Roch die Gefühle: Aufregung, Ungeduld, Zugehörigkeit und unendliche Zuneigung. Verbundenheit. Liebe. Seine Zähne berührten bereits die Haut.

Seine andere Hand stützte den Rücken des Omegas. Hielt ihn eng bei sich, während der Omega sich seinerseits an seinem Oberkörper festkrallte. Ihm offenbar gar nicht nah genug kommen konnte.
Alles an ihm zog Harry an. Er wollte ihn binden. Wollte sichergehen, dass der Kleine für immer bei ihm sein würde. Er ihn für immer würde schützen können und sie beide als zu Hause keinen Ort, sondern einen Menschen verstehen würden. Er wollte seinem Liebsten alles zeigen. Die ganze Welt. Wollte für ihn da sein und ihn halten. Immer. Alles was er wollte, war dessen Zuneigung und Vertrauen. Dessen Liebe.

Harry spürte, dass ihm selbst unfassbar warm war. Dass sein Körper scheinbar  vor Sehnsucht flirrte. Sehnsucht nach dem Menschen, der ihn körperlich gerade so nah war, aber dessen Seele einfach viel zu weit weg war. War sie es? Nein.  Harry hatte das Gefühl, ihre Seelen würden sich ebenso umarmen wie ihre Körper. Wie zwei Teile eines Puzzels schienen sie ineinander zu passen. Zwei Teile eines Ganzen. Füreinander bestimmt zusammen zu sein.

Harry spürte mit einer überwältigenden Klarheit, dass er ihn gefunden hatte. Zwei alte Seelen die einander kannten. Die schon immer zusammen gehört hatten. Versteckt in jungen Körpern und immer auf der Suche nacheinander. Als hätte alles ganz plötzlich einen tieferen Sinn, weil sie sich erkannt hatten. Losgelöst von Vernunft und Pflicht.

Glück durchflutete Harry und schien durch seinen Körper zu rauschen, wie das Blut durch seine Adern. Was für ein unfassbares Glück er doch hatte. Es gab so unendlich viele Menschen auf diesem Planeten. Die Zeit geboren zu werden ein unendlich großes Spektrum. Und er hatte das Glück, dass seine andere Hälfte genau jetzt genau hier war. Hier bei ihm. Wie schön konnte ein Zufall sein? Oder eine Bestimmung? Harry wusste es nicht. Alles was er wusste war, dass er diesen Umstand unendlich doll begrüßte. Er wusste nicht, was er getan hatte, um dieses Glück zu verdienen. Aber in dem Moment, als er Lou hielt, der sich so vertrauensvoll an ihn schmiegte und bereit war, seinen Biss zu empfangen, hatte er das Gefühl, dass er wohl irgendwie alles richtig gemacht haben musste. Wie sonst erklärte sich, dass er sein Glück in seinen Händen halten durfte?

Er strich an dem verführerischen Hals hinab bis kurz über die Schulter. Seine Stelle. Die Haut seines Lous fühlte sich so weich an. Er kratzte ganz leicht an ihr, als all dieser liebreizende Geruch, dieses stille Versprechen von Verbundenheit ganz plötzlich überschattet wurde. Von Angst.

In dem Moment wurde Harry klar, dass er den Switch sogar hatte riechen können.

Sofort zog er sich ein Stück zurück, hauchte nur einen leichten Kuss auf die Stelle, die er so gern mit seinen Zähnen durchdrungen hätte. Er strengte sich an, nicht allzu enttäuscht zu gucken. Er musste nicht enttäuscht sein. Es würde passieren. Wenn die Zeit gekommen wäre, würde er ihn binden. Für immer. Endlich vereint. Aber dann sollte es richtig sein. Ohne den winzigen Funkens eines Abers.

Harry atmete einmal tief durch. Hörte, dass Louis das Selbe tat. Als wären zwei Geister, wo sie hätten sein sollen. Zwei Geister, die versuchten sich zu erinnern, wie es war, einen Herzschlag zu haben. Es würde schwer sein, dachte Harry. Es wäre anders nun. Wenn man diese Zugehörigkeit, diese Nähe und diese Verbundenheit und diese Liebe einmal gespürt hatte, wieder einen Alltag leben, in dem man den anderen nicht einfach berühren konnte, während man doch am liebsten mit ihm durch die Zeit tanzen würde.
Aber er hatte ihn gefunden und ihre Seelen hatten sich wiedererkannt. Es spielte keine Rolle, wie lange er würde warten müssen. Selbst wenn er ihn erst im nächsten Leben würde binden können: Zeit spielte keine Rolle. Es war das Gefühl, was zählte und das war da. Es strahlte förmlich aus ihm heraus.
Er hatte Zeit. Er konnte warten.

"Hey.", Flüsterte er und betrachtete Louis auf seinem Schoß, dem die ganze Situation wohl sehr unangenehm war.
"Es tut mir leid. Wäre ich nicht aufgetaucht... Dann...", Stammelte Louis überfordert und fieberhaft überlegend, was er nun tun sollte.

Ja, auch hier geht es weiter. Auch diese Story soll ihr Ende bekommen, so wie ich es geplant hatte. Ich hoffe also, wir sehen uns auch hier weiterhin.
Vielen lieben Dank für die ganze Unterstützung nochmal. Das motiviert unglaublich, die Storys eben doch so enden zu lassen, wie ich es ursprünglich für sie geplant hatte. Also danke danke danke für alles.
Bis dann.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

Alphas OmegaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt