Kapitel 10

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Ich öffne die dunkelroten Vorhänge und ziehe die Jalousie hoch

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Ich öffne die dunkelroten Vorhänge und ziehe die Jalousie hoch. Die ersten Sonnenstrahlen fluten das Zimmer und ich lächle, als ich ein leises Murren aus dem hinteren Teil des Zimmers höre.

"Guten Morgen, Frau Pohl!" summe ich fröhlich und ernte sogleich ein weiteres Stöhnen von ihr.

Ich streiche mir meine grüne Arbeitskleidung zurecht und beginne im Zimmer der älteren Dame aufzuräumen. Sorgfältig lege ich dann ihre Kleidung raus und ärgere mich darüber, dass beinahe gähnende Leere in ihrem Schrank herrscht.

Seitdem das Personal erneut gekürzt worden ist, kommt in der Wäscherei niemand mehr hinterher und unseren Patienten fehlt die Kleidung. Ich schüttle den Kopf, lasse mir meine verärgerten Gedanken aber nicht anmerken und schließe den Schrank wieder.

Dann hole ich die Tragemaschine. Sie ist wie ein kleiner handlicher Kran, mit dem wir Bewohnern, die nicht mehr selbstständig aus dem Bett kommen, in den Rollstuhl helfen.

Für Außenstehende sieht diese Maschine sehr kompliziert aus, besonders weil sie zwei große metallene Haken besitzt, in die später die Gurte eingehängt werden. Bevor diese Maschine aber ihren Auftritt hat, beginne ich erstmal sanft Frau Pohl aus ihrer Decke zu befreien und sie behutsam auf den Rücken zu drehen.

Völlig verdattert schaut sie mich aus ihren großen hellblauen Augen an. Wahrscheinlich hat sie geträumt und braucht einen Moment, um ihre Orientierung wieder zu finden.

Seitdem ich hier arbeite, habe ich schon öfters gemerkt, dass die älteren Menschen immer mal wieder länger brauchen, um am Morgen ihre Gedanken zu sortieren. Als würde ich sie aus einem tiefen Traum wecken und sie müssen unterscheiden, was Realität ist und was im Traum passiert ist. Nur dass bei den älteren Menschen dieser Zustand viel länger anhält.

Beruhigend streiche ich Frau Pohl über die Schulter und somit über den Stoff ihres hellblau geblümten Nachthemds, welches nicht so aussieht, als wäre es mit dem gerüschten Kragen aus diesem Jahrzehnt.

"Es ist alles gut, Frau Pohl. Ich bin es, Fynnik. Ich bereite Sie für das Frühstück vor." erzähle ich ihr sanft, um die Dame langsam wieder in die Realität zu leiten, während ich mit meiner Arbeit beginne.

Ich wechsel die saugfähige Unterwäsche und im gleichen Zug auch die Einwegunterlagen. Dann helfe ich Frau Pohl in den Rollstuhl und merke, wie sie langsam wacher wird.

Dann geht es im Bad ans Waschen und damit die ein oder andere Sache nicht zu beklemmend wird, albere ich ein wenig mit der älteren Dame rum. Ein bisschen Spaß schadet keinem und man sollte den älteren Menschen den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich gestalten.

Sie haben so viel in ihrem Leben geleistet und jetzt müssen sie hier teilweise auch noch auf das letzte Fünkchen Würde verzichten. Doch anstatt dass wir den Älteren irgendwie noch versuchen einen schönen Lebensalltag zu bescheren, kürzt der Staat unsere Mittel und lässt uns mit den Problemen des demographischen Wandels allein, während sich die Pflegekräfte bis in den Burnout treiben.

Better with you (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt