Louis schaffte es, zu seiner eigenen grenzenlosen Überraschung, aus dem Revier.
So weit war er gedanklich gar nicht gekommen. Für einen Moment überlegte er, zurück zu laufen und sich schnell wieder ganz unschuldig in sein Zimmer zu setzen. Aber er war auch unglaublich stolz auf sich, es geschafft zu haben. Deswegen wollte er absolut nicht umdrehen und eilte weiter.Dummerweise war Weglaufen wohl weit schwieriger als gedacht: er hatte keine Ahnung, wo der Bahnhof war. Er kannte den Weg zur Bäckerei. Aber es war Abend. Die Bäckerei hatte geschlossen. Bei Maggy würden die anderen ihn vermutlich als Erstes suchen Den Weg zum Großmarkt kannte er auch. Aber da hatte er nie Schienen gesehen. Louis lief also Richtung Innenstadt. Irgendwo müsste ja ein Schild sein.
Es wurde so langsam schon dunkel. Komisch, wie viele Leute draußen herum liefen. Louis würde auf die Idee nicht kommen, wenn er nicht gerade weg lief.
Tatsächlich fand er irgendwann ein Schild. Ging doch. Er wich Leuten aus, die wohl heute noch viel vor hatten. Sie rochen noch mehr nach Haarspray als Morgens, wenn sie ihren Coffee to Go bei ihm kauften. Und waren noch mehr geschminkt. Wie die wohl unter dem ganzen Kleister aussahen?
Niemand nahm so wirklich Notiz von ihm. Es wunderte ihn ein bisschen. Hoffentlich wirkte er so zielstrebig, dass einfach alle davon ausgingen, dass es schon seine Richtigkeit hatte, dass er hier herum lief.
Tatsächlich erreichte er, gefühlte Stunden später, den Bahnhof. Er hatte sein Portemonnaie mitgenommen. Da war ein bisschen Geld drin. Aber er wusste, dass viele Leute auch einfach so mitfuhren. Das war vermutlich nicht ganz korrekt. Aber Louis würde sein Geld bestimmt noch dringend für Essen oder so brauchen. Die Fahrkartenpreise, die der Automat wollte, nachdem Louis ganz lange darauf herum gedrückt hatte, waren jedenfalls ganz schön hoch. Er wollte weit weg von hier.
Vielleicht könnte er seiner Familie hinterher reisen? Die hatten nach Süden gewollt. Vielleicht könnte er es auch nach Frankreich schaffen? Vielleicht würden sie ihn wieder aufnehmen, wenn er die Reise ganz allein schaffen würde?Vielleicht sollte er auch einfach in den nächstbesten Zug springen, um erstmal von hier weg zu kommen. Nicht, dass das Rudel ihn doch noch einsammeln würde?
Louis lief zum Gleis, wo gerade eine Durchsage erschallte, die er unmöglich verstehen konnte. Zu viele Leute waren hier. Offensichtlich war die Richtung beliebt. Also würde er nicht auffallen. Er stieg Mal mit ein.
Die Sitzplätze waren alle belegt und selbst auf dem Gang drängten Leute dicht an dicht. Aber das war gut. So könnte niemand so wirklich nicht vorhandene Fahrkarten kontrollieren, oder?
Louis hockte sich auf eine Heizungsabkastung oder etwas in der Art und verschwand so halb zwischen zwei Männern, die sich über die Leistungen von Autos unterhielten.
Eine Weile hörte er zu. Aber er konnte gar nichts dagegen tun: irgendwann dachte er eben doch daran, dass er einfach weggelaufen war. Dass sein Alpha - war Harry jetzt überhaupt noch sein Alpha? - nicht erlaubt hatte, dass er heute Abend Zug fuhr. Würde der ihn suchen? Oder suchen lassen? Wäre Liam vielleicht, zumindest für einen Moment, ein bisschen traurig, dass er weg wäre? War es gemein, sich das zu wünschen? Aber sie wären besser dran ohne ihn. Mit ihm hatten sie viel Stress gehabt und hatten ihn bei sich wohnen lassen müssen. Dazu hatte er ihren Ansprüchen nie genügen können.
Ihm entkam ein klägliches Fiepen. Er war allein. Ganz allein. Niemand da, an den er sich kuscheln könnte, der ihm sagen würde, dass alles okay wäre und der einfach auf ihn aufpassen würde.
Ganz klein machte er sich, und betrachtete ein Steinchen auf dem Boden, wie es von vorbei eilenden Fahrgästen unbeachtet hin und her getreten wurde. Er sollte auch mehr wie ein Stein werden, dachte Louis.
Er war froh, dass er aktuell ausschließlich Menschen roch. Fuhren Werwölfe Zug? Oder eher nicht? Oder waren die Leute auch hier einfach zu Doll eingesprüht und er selbst zu unerfahren und untallentiert im Wittern, als dass er andere Wölfe hätte wahrnehmen können? Louis wusste es nicht, aber er hoffte, dass er noch sehr lange unbemerkt bleiben würde.
Er fuhr wohl irgendwie Kreuz und quer. Erst Richtung Norden, dann nach Westen, nach Süden, nach Osten und wieder von vorn. Immer wenn Leute begannen, ihn zu beobachten stieg er sicherheitshalber bei der nächsten Haltestelle aus und stieg in den Zug, der am schnellsten erreichbar war, wieder ein.
Sein Magen knurrte. Es war kurz vor Mitternacht. Er war müde. Wollte lieber ins Bett. Aber wenn man kein Zuhause hatte, dann hatte man eben auch kein Bett.
Irgendwann strandete er an einer Haltestelle. Keine weiteren Gleise. Super. Der nächste Zug würde erst in fünf Stunden kommen. Toll. Und nun?Er sah sich am Bahnhof um. Es war sehr dunkel. Und kalt und windig. Er hatte seine Schnuffeldecke mit. Aber die würde ihn hier kaum schützen können.
Es gab ein Bahnhofsgebäude. Aber es war abgeschlossen. Louis lief also in Richtung Stadt. Stadt war gut. Allzu groß schien der Ort nicht zu sein. Eher ein größeres Dorf. Es gab kaum eine richtige Innenstadt.
Verzweifelt sah Louis sich um. Er musste wo schlafen. Er wollte ein Bett. Ein warmes Plätzchen. Ein sicheres Plätzchen. Alles war kalt.
Immer mehr Fieplaute drangen aus seinem Mund, obwohl er die Zähne fest aufeinander gepresst hatte.
Er durfte eben nicht wählerisch sein. Dafür sagte ihm auch niemand, was er zu tun und zu lassen hatte. Leider, flüsterte ihm eine innere Stimme zu und Louis musste ihr Recht geben. Alles war besser als allein in einem Kaff, in dem man die Bürgersteige ab 10pm auch hochklappen könnte, zu sein und eine Nacht unter freiem Himmel vor sich zu haben.
Zittrig und fiepend eilte Louis weiter. Eine Bar. Davor einige Raucher. Lockere Stimmung, Musik drang aus der Wärme nach draußen. Für einen Moment stand Louis da und überlegte, ob er darein sollte. Aber eine Frau sprach ihn an: "Oh Mäuschen. Ab nach Hause. Deine Eltern machen sich bestimmt Sorgen.", Sprach sie.
Louis nickte und ging möglichst so, als wisse er wohin, in die andere Richtung.Und dann roch er es. Hier war ein Wolf. Vielleicht wäre der lieb? Vielleicht könnte er Louis erklären, wo er schlafen könnte? Wenn Louis nett wäre... Dann wäre der doch auch nett, oder?
Tja, Louis hat also nur von 12 bis Mittag gedacht. Tja, und nun?
Bis dann.
Viele Grüße ^_^

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Alphas Omega
FanfictionLouis ist ein Omega. Aber das ist kein allzu komfortable Position. Am besten man fällt einfach nicht auf. Dumm nur, dass Louis seinen eigenen Kopf hat...