Kapitel 25 - Gewissen

3.1K 373 45
                                    

Louis verschanzte sich in seiner Bleibe. Schnell stellte er fest, dass neben der Dusche und dem Backofen auch die Heizung ihre Tücken hatte. Er hatte die Wahl zwischen Eiszeit und Hitzewelle. Nur dazwischen ging nichts. Dummerweise waren seine Vorräte nicht endlos und irgendwann würde er runter gehen und seinen Bestellzettel abgeben müssen. Leider wurde die Hürde gefühlt immer höher, je länger er hier oben hockte. Er hatte überlegt, selbst einkaufen zu gehen. Von seinem Taschengeld. Aber wirklich viel bekam er mit seinem Rad nicht transportiert.

Aber er wollte ja auch gern wieder arbeiten gehen. Er fehlte ja nun schon viel länger, als er Urlaub gehabt hatte. Vielleicht könnte er sich weg schleichen. Er glaubte nicht, dass irgendwer offiziell zu Marry gegangen war und gekündigt hatte und selbst wenn, würde sie ihn bestimmt trotzdem nicht wegschicken.

So fasste er also einen Plan und schlich sich am nächsten Morgen um vier Uhr aus dem Rudelhaus. Mitsamt seinem Fahrrad. Er war schon fertig wie ein Frettchen, als er das Ding endlich unten hatte.

Er radelte los. Ohne Licht. Hoffte, nicht gesehen zu werden und wurde erst vor der Bäckerei langsamer.  Niemand hatte ihn aufgehalten. Ha! Er konnte auch alles allein. Er brauchte niemanden von diesen Idioten!

Er lief hinten zur Backstube rein. Vetraute laute Rockabilly-Musik schallte ihm entgegen.

"Oh, Hey! Na? Schön, dass du wieder da bist.", Rief Paul gut gelaunt und kippte Zutaten in einen dieser riesigen Töpfe.
Das war immer so. Egal, wie lange oder oft Louis fehlte, alle freuten sich einfach, wenn er wieder da war. Das war schön. Sie sahen ihn nicht als Omega und wie er daher zu sein hatte. Würde er ihnen erzählen, dass er ein Omega war, würden sie vermutlich davon ausgehen, dass irgendein Rollenspiel ausgeartet wäre.

"Hi. Schön wieder hier zu sein.", Lächelte Louis lieb zurück und bekam von Paul ein keines Schoko-Quark-Brötchen zugeworfen. Louis liebte die Dinger und Paul wusste das. Er schmiss sie Louis häufiger zu. Nur bei dem war das lustig und nicht, als würde einem Hund ein Leckerli zugeworfen werden.

Louis bedankte sich und ging kauend weiter. Maggy war noch nicht da. Also machte Louis sich ans Werk. Er stellte die Stühle runter, putzte die Tische ab, stellte die Tischdeko auf und schrieb die Angebote auf die Tafeln. Dann ging er noch die Vorbestellungen durch um einen Überblick zu haben. Er war froh hier zu sein.

-

Maggy freute sich sehr ihn wieder zu sehen und drückte ihn fest an sich. Direkt fragte sie, ob Louis heute mit zu ihr wollte. Und wie er wollte. Alles war so leicht, wenn er hier war.

Und so verbrachte er den Abend mit Maggy auf dem durchgesessenen Sofa zwischen all den kleinen Häkeldecken, die Maggy selbst machte und die für Louis so sehr mit mit der heimeligen und behüteten Welt zusammenhingen, die nur in Maggys Zuhause existierte.

Es war ein schöner Abend. Aber wie immer glitten seine Gedanken zwischendurch nach Hause. Hatten sie gemerkt, dass er weg war? War es ihnen vielleicht wieder egal? Das wäre gut. Egal sein wäre super, denn dann wäre Louis wieder unterm Radar und könnte weiter sein eigenes Ding machen. Oder würde er Stress bekommen, wenn er wieder auftauchen würde? Das wollte er nicht. Was war mit Liam? Würde der sich Sorgen machen? Bei dem Gedanken hustete er schnell, um das aufsteigende Fiepen zu unterdrücken. Ein Omega wollte niemals Sorgen oder Kummer bereiten. Allein die Vorstellung, dass das im Bereich des Möglichen liegen könnte, verpasste Louis ein unglaublich schlechtes Gewissen.

Louis sah sich mit Maggy diese alten Sendungen an, bei denen die Frauen aufwendige Dauerwellen trugen und alle ziemlich hinterlistig und zickig waren. Wo die Männer alle rücksichtslose Kerle waren und sich alle Nasen lang schlugen und sich alle irgendwie wenig subtil um die Ecke brachten. Dann kam der schlaue Ermittler und löste den Fall. Es war immer das Gleiche. Louis mochte solche Sendungen nicht. Aber er sagte nie etwas. Auch sie gehörten zu dieser Welt und weil man nicht sonderlich aufpassen musste bei dieser Sendung, betrachtete Louis die wild gemusterten Gardinen. Stellte sich Geschichten in all den Formen vor. Geschichten von Feen und Elfen und Zwergen und Drachen. Geschichten von Liebe und Freundschaft. Geschichten, in denen es den Leuten gut ging und in denen ihnen niemals etwas passierte. Louis war gern der Herr seiner Geschichten. Denn hier konnte er bestimmen, dass sie alle glücklich wurden und niemand allein zurück bleiben musste. Werwölfe existierten in seinen Geschichten nicht. Niemals. Es war eine schöne Welt, die er sich ausdachte, während auf dem Fernseher eine Frau eine andere mit einem Messer abstach, weil die ihren Mann angeguckt hatte. Oder irgendwie so etwas zumindest.

-

Am nächsten Morgen fuhr Louis früh mit Maggy in die Bäckerei und arbeitete die ganze Zeit zufrieden vor sich hin. Es ging ihm noch gut. Auch wenn er bereits jetzt wieder merkte, dass ein verdammter Teil von ihm unbedingt zurück wollte. Am liebsten sofort.  Ohne Umwege. Aber Louis verdrängte dieses Gefühl und alles, was damit zusammen hing. Schob es weg von sich und verkaufte weiter die Backwaren.

In seiner Pause schaltete er sein Handy ein. Er hatte es gestern ausgemacht, als er seine komische Wohnung verlassen hatte. Er hatte schließlich keinen Kontakt gewollt. Wozu also das Handy an lassen? Digital Detox war in. Ein Trend der Louis sehr gut gefiel.

Er hatte exakt 173 Anrufe in Abwesenheit und von Liam viele Nachrichten. Na super. Er brauchte sie nicht zu lesen, um zu wissen, dass er aufgeflogen war. Also öffnete er den Chat nicht. Sollte Liam bitte bitte noch ein paar Stunden denken, er hätte die Nachrichten noch nicht erhalten. Mit viel viel schlechtem Gewissen ging Louis zurück an die Arbeit.

Sollte er es wagen und noch eine Nacht fern bleiben? Könnte er es überhaupt? Sein schlechtes Gewissen grillte ihn ja so schon. Aber zurück gehen? Was, wenn er wieder zurück gedrängt werden würde? Wieder in die Wolfsform gezwängt würde? Oder ein Halsband tragen müsste? Wenn Liam wusste, dass er weg war, wusste der Alpha das auch. Was würde der mit ihm anstellen? Louis wollte das bitte lieber nicht heraus finden müssen. Tja, nur was nun?

Bis übermorgen.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

Alphas OmegaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt