5.Kapitel

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Als wir bei dem Club ankamen, war es genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte. Niemals würde ich erneut über diese Türschwelle treten. Viel zu oft wurde ich dumm angemacht, von Typen, mit denen ich nicht einmal im betrunkenen Zustand hätte, gesprochen. Kayla tanzte ununterbrochen und ich verbrachte meine Zeit an der Bar. Zwar trank ich nicht viel, aber ich wusste bereits in diesem Moment, dass ich mich am nächsten Morgen verfluchen würde.
Am nächsten Morgen konnte ich nicht richtig einordnen, wo ich mich befand. Einige Erinnerungen an den gestrigen Abend waren verschwunden. Das Einzige, was ich noch genau wusste, war, dass ich auf der Couch bei Deacon eingeschlafen war. Ich konnte nicht fassen, dass er mich tatsächlich dazu überredet bekommen hat, mit zu ihm zu gehen.
Murrend öffnete ich meine Augen, da die Sonne mich anstrahlte. Bei so viel Licht konnte ich definitiv nicht weiterschlafen. Eine blöde Angewohnheit, seitdem ich Jalousien hatte.
„Guten Morgen", hörte ich eine tiefe Stimme neben mir sagen, sofort schreckte ich zurück und sah mich in meiner Umgebung um. Ich war nicht mehr auf der Couch. Er hatte es tatsächlich geschafft mich in sein Bett zu tragen. Dabei war ich viel zu schwer. Unmöglich hätte er mich tragen können. Hatte er sich nur neben mich auf die Couch gelegt?
„Ehm... Morgen?", ich setzte mich in seinem Bett auf und sah mich um. Ich irrte mich. Scheinbar hatte er es tatsächlich geschafft mich zu tragen. Die Wohnung wirkte viel heller, als ich im Dunkeln erahnt hatte. Sie besaß eine riesige Fensterfront, wodurch trotz Vorhang zu viel Licht eindrang. Der Grund, weswegen ich aufgewacht war.
„Das ist mit eindeutige zu hell. Da mag ich meine Wohnung, mit gefühlten zwei Fenstern, mehr", sagte ich und kniff mir meine Augen zusammen. Meine Augen waren generell sehr Licht empfindlich und es passierte schnell, dass ich meine Augen zukneifen musste, aber dieser Schmerz durch die Helligkeit der Sonne, kannte ich nicht. Schnell legte ich meine Hände auf die Augen. Ich bekam Kopfschmerzen.
„Warte", er stand auf und schob alle Vorhänge vor seine Fenster. Der Schmerz ließ nach, sodass ich meine Hände von meinen Augen nahm und ich sie öffnen konnte.
„Danke dir", lächelte ich und verkroch mich in die langen Ärmel, die mich umgaben.
Halt! Ich hatte gestern keinen Pulli an! Sofort schrillten alle meine Alarmglocken auf und ich sah an mir herab. Aus meinem kurzen T-Shirt ist gestern Abend irgendwann ein Pulli geworden. Hatte ich mich vor ihm ausgezogen? Hatte er mich ausgezogen? Panik stieg in mir hoch. Das durfte nicht wahr sein. Deacon und ich hatten uns gerade so gut verstanden und jetzt war alles aus und vorbei. Schnell kramte ich meine Sachen zusammen und stand auf.
„Was ist denn los?", fragte er mich und hielt mich zurück.
„Ich muss so schnell wie möglich nachhause. Ich... Ehm... habe noch einen Termin heute", murmelte ich vor mich hin. Meine Hose hatte ich auch ausgezogen. Oh mein Gott. Das sollte mir doch nicht passieren.
„Wo musst du hin? Ich kann dich gerne begleiten. Danach könnten wir auch frühstücken gehen", schlug er vor, stand auf und hielt mich am Arm: „Es war doch so schön gestern Abend."
Es war schön gestern Abend? Hatten wir Sex gehabt oder fand er es schön, dass wir so viel geredet hatten. Mein Kopf drohte zu explodieren, so viel passierte gerade auf einmal.
„Wir haben doch nur geredet...", seine Berührung beruhigte mich tatsächlich und ich hielt für einen kurzen Moment inne.
„Ja, aber das war sehr schön und ich möchte dich noch weiter kennenlernen", er ließ meinen Arm los und sah mich an.
Kaum war seine Hand weg, begann ich zu zittern. Ich wusste nicht, vorher dieses zittern kam und es war extremer als dieses in meiner Hand. Es machte mir Angst.
„Oh Gott. Mira, alles gut?", schnell nahm er mich in seine Arme und drückte mich an ihn. Unsere Haut hatte wieder Kontakt und so hörte ich auf zu zittern. Mir kam es beinahe so vor, als hätte ich einen kalten Entzug durchgemacht, so sehr schrie mein Körper nach ihm und so zitterte dieser auch.
„Alles gut. Ich habe mich nur erst gefragt, wie ich in dein Bett kam und warum ich diesen Pullover anhabe", murmelte ich und drückte mich noch mehr an ihn. Warum tat ich das? Noch vor vierundzwanzig Stunden konnte ich ihn nicht leiden und jetzt wollte ich ihn nicht gehen lassen.
„Du bist nochmal wachgeworden und hast das alles selbstständig gemacht. Ich habe sogar weggesehen, als du dich umgezogen hattest, weil du nicht ins Bad gehen wolltest. Ich habe nichts gesehen. Das schwöre ich", er drückte mich etwas von sich und sah mich an: „Wolltest du deswegen einfach verschwinden? Hattest du Angst, dass ich dich einfach so berühren würde, obwohl ich genau weiß, dass du mich danach auf ewig hassen würdest? Niemals."
Seine Stimme war so sanft, dass sie mich beruhigte. Ewig hätte ich ihm zu hören können.
„Okay... ich vertraue dir. Ich sollte aber doch mal nachhause gehen. Kayla wird sich bestimmt schon Sorgen machen und ich muss noch einiges nacharbeiten", ich löste mich aus seiner Nähe und blickte auf den Boden. Gestern Abend hätte ich nicht mit auf diese Party gehen sollen und ich hätte ihm auch nicht nachhause folgen sollen. Jetzt machte sich dieser unglaubliche Mann Hoffnungen und ich konnte diese nicht erfüllen. Er hatte wahrscheinlich ein komplett falsches Bild von mir und ich würde ihn enttäuschen. Sowie ich jeden enttäuscht habe. Es wäre genauso wie immer und am Ende stehe ich wieder allein da, musste mir neue Freunde suchen, eine neue Stadt und eine neue Arbeit. Dabei war ich so froh hier zu sein. Hier passte einfach alles, nur ich nicht. In diesem System hatte ich keinen Platz und das würde in jedem Dorf, in jeder Stadt und in jedem Land genauso sein. Mein Platz war nicht auf dieser Erde. Ich war ein Fehler von Mutter Natur.
„Wir treffen uns am Montag auf Arbeit, oder?", er sah mich hoffnungsvoll an. Am liebsten würde ich ihm sagen, dass wir uns bestimmt nicht mehr sehen sollten, aber ich konnte es nicht über mich bringen.
„Ja, bestimmt", nickte ich und ging dann zu meiner Wohnung zurück. Erst als ich zuhause ankam, fiel mir dieser Pullover wieder ein. Es war seiner, denn er roch nach ihm. Einen Moment lang sog ich seinen Duft ein, aber dann zog ich ihn so schnell es mir möglich war aus. Den sollte ich ihn am Montag am besten direkt zurückgeben. Außerhalb der Arbeit, sonst würde man uns nur schräg ansehen.
Am Abend telefonierte ich dann mit Kayla. Zu meinem Glück hatte sie keine Erinnerungen an den letzten Abend. Sie hatte es nur heil nachhause geschafft, weil Arvid und Luisa sie nachhause gebracht hatten. Was zwischen mir und Deacon passiert ist, wusste sie nicht und das sollte auch so bleiben. Ich wollte nicht aufgezogen werden oder das Kayla noch mehr Energie in diese Verkupplung investiert.
„Gestern habe ich aber scheinbar einen sehr netten und hübschen Typen kennengelernt", grinste Kayla in ihr Handy.
„Was ist dann mit Niklas? Ist er abgeschrieben? Aber wenn er dir so gut gefällt, krall ihn dir und dann kannst du mich ja in Ruhe lassen", gab ich zurück, legte mein Handy ab und begann zu kochen.
„Mira. Deacon mag dich wirklich sehr gerne. Ihr würdet super zusammenpassen. Du musst nur mal den Stock aus deinem Arsch ziehen. Du lebst nur einmal!", ihre Geduld war am Ende und meine auch. Sie ging nicht auf meine Fragen ein, weswegen ich mich mental darauf vorbereitete, dass unser Telefonat von einem gewissen Mann mit unglaublichen blauen Augen handeln würde.
Konnte oder wollte sie es nicht verstehen? Niemals im Leben könnte ich ein normales Leben führen. Dafür war ich nicht gemacht. Es wäre viel zu kompliziert mit Jemanden intim zu werden, als für immer allein mit meiner Krankheit zu kämpfen. Auch, wenn ich erst vor kurzem noch anderer Meinung war.
Als sie eine weitere Aussage von sich gab, antwortete ich nicht mehr und legte direkt auf. Kayla wusste genau, was meine Meinung zu der ganzen Sache war. Dies musste ich also nicht argumentieren.
Zur Ablenkung machte ich Musik an und kochte weiter. Am Montag würde mich vieles erwarten und ich würde mich darauf vorbereiten müssen.

Within 5 years ~ Ein Leben voller Krankheitحيث تعيش القصص. اكتشف الآن