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Aber eine Wahl hatte sie nicht, denn sie hörte schon, wie hinter ihr eine Hand auf die Türklinke gelegt und die Tür geöffnet wurde. Wenn sie jetzt nicht sprang, dann hatten die Einbrecher sie am Kragen! Sie schwang die Beine über die Fensterbank und sprang, ohne sich noch einmal umzusehen. Für den Bruchteil einer Sekunde befürchtete sie, sie würde den Carport verfehlen und daneben auf die Terrasse knallen, dann durchbrachen ihre nackten Füße das Efeu, das den Carport überzogen hatte, und kamen mit einem harten Schlag auf dem Wellblech darunter auf. Das Dröhnen war weithin zu hören, auch die Einbrecher mussten es gehört haben, und Yuna konnte sich nicht die Zeit nehmen, nachzusehen, wie gut oder schlecht ihre Füße den Aufprall überstanden hatten. Nach Gefühl musste sie sich die Sohlen übel aufgeschürft haben, aber davon durfte sie sich jetzt nicht aufhalten lassen. Weiter!Sie rappelte sich auf kämpfte sich durch die knöchelhohe Efeuschicht zum hinteren Rand des Dachs. Sie setzte sich auf die Kante, stieß sich ab und sprang. Wieder wurde sie bei der Landung zusammengestaucht, denn der Rasen federte zwar den Aufprall etwas ab, dafür war es aber vom Carport nach unten noch etwas tiefer als vorher vom Zimmerfenster auf das Dach des Carports. Egal, die Einbrecher hatten sie bemerkt und nahmen die Verfolgung auf, sie musste weg, einfach nur weg.

,,Sie haut ab!" hörte sie hinter sich jemanden rufen. Es war eine Jungenstimme, auf jeden Fall kein Erwachsener. Wider Willen fuhr sie herum und sah, dass die Einbrecher nicht zu zweit waren, was schlimm genug gewesen wäre, sondern mindestens zu viert, denn während sie zwei schon auf dem Flur vor ihrem Zimmer gehört hatte, war ein anderer noch draußen und ließ sich von einem Kumpan durchs Fenster helfen. Dieser Kumpan war es auch, der dabei Yunas Flucht bemerkt hatte. Fast hätte er dabei seinen Komplizen abstürzen lassen, aber der konnte sich gerade noch am Fensterbrett festhalten und ließ sich dann kontrolliert zurück in den Garten fallen.

Obwohl er eine Maske trug, erkannte Yuna in ihm sofort einen der Anhänger des Strammen Max. Auch der oben am Fenster, der jetzt wieder rauskletterte und auf den Rasen sprang, ohne sich zu verletzen, gehörte dazu, und die, die Yuna auf dem Flur gehört hatte, waren dann sicherlich der Stramme Max selbst und der Rest seiner Freunde.

Der Abzug hatte sie also nur in Sicherheit wiegen sollen, und jetzt waren sie gekommen, um sich für die Abfuhr zu rächen. Oben im Haus klirrte etwas, wahrscheinlich die kleine Vitrine im Flur, in der die ganze Familie ihre CDs in einer Art gemeinsamer Musikbibliothek aufbewahrten. So schnöde vor der Tür stehengelassen worden zu sein, hatte den Strammen Max offenbar so tief in seinem Stolz verletzt, dass faule Eier an der Wand und ein paar zerstörte Blumentöpfe im Vorgarten nicht mehr ausreichten, um die Scharte auszuwetzen. Da musste auf jeden Fall etwas dran glauben, das mehr wert war, und wahrscheinlich sollte vor allem Yuna eingebläut kriegen, was es hieß, sich mit dem Strammen Max anzulegen. Yuna konnte sich unschwer ausrechnen, dass sie sich vor Angst in die Hose hätte machen sollen, ehe die Jungen von ihr abgelassen hätten.

Eine kleine Horror StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt