Seele (7)

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Seinen Körper wiederzubekommen gestaltete sich einfacher als gedacht, dafür umso ekliger.

In einer Explosion violetter Flüssigkeit und Tentakelstückchen ähnlicher Pigmentierung verteilte sich der fremde Körper über den Strand. Mit einem Mal sah er die Welt nicht mehr durch die Augen des Monstrums ... sondern sah gar nichts mehr. Etwas umschloss ihn, hinderte ihn daran, sich zu bewegen – und zu atmen!

Baldors Finger glitten über eine weiche Oberfläche, seine Nägel kratzten darüber. Schleimige Substanz blieb unter ihnen hängen. Er bäumte sich auf, drückte seine Arme nach oben, sog Luft ein, die nicht da war. Tränen stiegen ihm in die Augen und gerade als er seine Arme kraftlos sinken lassen wollte, durchstießen seine Finger das Gefängnis, das ihn umgab.

Köstlich salzige Meerluft kitzelte in seiner Nase und strömte in seine Lungen. Er schälte sich aus seiner zweiten Haut und sah an sich herab. Seine Kleidung hing nur noch in Fetzen an ihm, aber die Fleischreste verbargen seine Nacktheit. Glück im Unglück.

"Hey, bist du noch da?"

Der Wal blieb stumm. War es hier draußen anders als in seinem Kopf? Vielleicht war es auch besser so. Er ließ seinen Blick über das Schlachtfeld gleiten und schloss die Augen. Was hatte er da nur angerichtet?

"Hey Chef, alles klar bei dir?"

Baldor nickte, doch innerlich schüttelte er den Kopf. "Lass ... lass uns unsere neue Eroberung ansehen." Den Schweber, den die Angreifer zurückgelassen hatten. Ngi hatte den anderen sabotiert, diesen würde er vielleicht starten können.

Eine ausgeklappte Treppe führte in einen kleinen Raum mit einer Bank und Schränken. Eine der Türen war ein Stück geöffnet, davor und darin lagen schwarze Plättchen, die herausgefallen sein mussten, als er den Schweber gepackt hatte.

Er drückte eines der Plättchen und schwarzer Stoff quoll daraus hervor, der sich nach zwei Sekunden zu einer Hose entfaltet hatte. Wahllos probierte er andere von ihnen aus. Was konnte schon passieren? Bei allen handelte es sich um synthetische Textilwaren. Kleidung, Planen, Säcke. Ersatzklamotten für die Killer und Zeug, um den Tatort danach wieder aufräumen zu können. Das war ihm sofort klar.

Er fand eine Rüstung in Schwarz, die ihm gefiel. Aber so würde er sie nicht anziehen.

"Ich gehe eine Runde ins Wasser."

Der Roboter stand noch immer vor dem Schweber und sah hinaus aufs Meer. Nun, ihm konnte es egal sein. Solange er sich bewegte, wenn er den Schweber starten sollte, würde ihm das reichen. Baldor tapste durch den Sand, der angenehm zwischen seine Zehen glitt. Er streckte sein Bein aus und berührte mit seinem großen Zeh die Wasseroberfläche, um dann ...

"Boss, hältst du das wirklich für eine gute Idee?"

Baldor tippte mit dem Zeh ins Wasser und hob eine Augenbraue. "Wieso? Hast du Angst davor, dass ich danach sauber sein könnte?"

"Nein, das würde mich nicht im geringsten stören. Doch weißt du, was dort unten im Wasser auf dich wartet? Ich habe hier eine Dokumentation zu weißen Haien ..."

"Ngi ..." Baldor stöhnte. "Bitte verschon mich mit deinen Dokumentationen. Zufällig weiß ich, dass es in diesem Küstengebiet überhaupt keine gefährlichen Tiere gibt."

"Du hast dir auch eine Dokumentation angesehen? Ich bin beeindruckt, Boss?"

"Pfff. Nein, ich habe mich mit Klara unterhalten und die sollte es wissen." Mit diesen Worten schritt Baldor, fest entschlossen, Gestank und Dreck loszuwerden, ins Meer.

"Sag nachher nicht, ich hätte dich nicht ..." Im Rauschen der Wellen ging der Rest des Satzes unter. Das Bild des Wals und des Meers in seinem Kopf? Es hatte seine Sehnsucht geweckt, endlich wieder mit seinem richtigen Körper in das richtige Meer einzutauchen. Nun, es mochte nur das Meer der Erde sein, aber das beste Meer, das ihm im Moment zur Verfügung stand. Oh, was hätte er nur für ein Surfbrett gegeben?

Tobende TentakelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt